Produkttest

Spherical Mips und torische Formen: Hightech von Giro für Piste und Freeride

Was nach Raumfahrt und NASA klingt, ist in Wahrheit «nur» Skihelm und Skibrille. Dennoch sind die Produkte von Giro vollgepackt mit Hightech. Aber bringt das auch was?

Früher war alles anders. Auch das Skifahren. Meine ersten Latten waren gefühlte zwei Meter lang – auf jeden Fall überragten sie mich deutlich. Taillierung gab's nicht und Bindungsplatten waren unbekannt. Auch an Skihelme auf der Piste kann ich mich nicht erinnern. Die waren den Rennfahrerinnen und Rennfahrern vorbehalten. Wir Normalos trugen Wollmützen oder standen oben ohne an den Hängen und Pisten. Skibrillen gab's zwar, die taugten aber nicht viel. Mal schien die Sonne, mal sah man die Hand vor Augen nicht, die Brille war immer gleich und meistens beschlagen. Viele Fahrten fanden im Blindflug statt.

Und heute? Sind wir alle auf und neben der Piste in Hightech-Ausrüstung unterwegs. Egal, ob Jacke, Hose oder Helm und Brille: Der technologische Fortschritt rutscht mit uns die Hänge hinunter.

Giro Grid Spherical: der Skihelm mit dem Kugelgelenk

Der Grid Spherical ist ein Beispiel dafür und im In-Mold-Verfahren hergestellt. Dabei werden Schale und Hartschaum im Inneren des Helms miteinander verschweisst. Auf diese Weise entsteht eine sehr stabile Struktur. Herzstück dieses Skihelms ist jedoch die Spherical-Technologie, die auf dem Kugelgelenk-Design von MIPS aufbaut.

Das Kugelgelenk-Design der Spherical Technology, das Giro auch bei einigen seiner Velohelm-Modelle verbaut, verwendet zwei separate Liner, um die Aufprallkräfte besser zu bewältigen. Gleichzeitig soll das Schichten-System der beiden Schalen für einen noch besseren Schutz sorgen. Spherical ist also quasi eine MIPS-Version Plus, die von Giro in Zusammenarbeit mit dem schwedischen Unternehmen entwickelt wurde. Ob mich diese Technologie bei einem Sturz tatsächlich noch besser schützt? Ich hoffe, dass ich es nie am eigenen Leib, respektive Kopf, erfahren muss.

Die Rückseite des Helms mit der Halterung für die Skibrille.
Die Rückseite des Helms mit der Halterung für die Skibrille.
Das Innenleben des Grid Spherical mit atmungsaktivem Futter.
Das Innenleben des Grid Spherical mit atmungsaktivem Futter.

Der rund 400 Gramm leichte Giro Grid Spherical trägt sich angenehm. Das regulierbare Belüftungssystem ist gut, darum eignet sich dieser Helm auch für Touren. Das Innenfutter lässt sich zum Trocknen herausnehmen und der Helm ist mit allen Giro-Skibrillen kompatibel. Weitere Details dazu gibt's hier.

Giro Contour Vivid: torisch statt sphärisch

Der Unterschied zwischen torischen und sphärischen Brillengläsern besteht in ihrer Form. Sphärische Gläser sind diejenigen mit einer einfachen, runden Wölbung. Die Form von torischen Gläsern ist komplexer.

Die Skibrille von Giro mit torischem Glas.
Die Skibrille von Giro mit torischem Glas.
Zum Vergleich ein Modell von Salomon ohne Wulst.
Zum Vergleich ein Modell von Salomon ohne Wulst.

Torisch vom lateinischen Torus oder zu Deutsch Wulst, steht für zylindrisch oder tonnenförmig und heisst in der Augenoptik, dass die Brechkraft eines Objektivs oder eines Glases nicht rotationssymmetrisch ist. So hat ein torisches Brillenglas an einem bestimmten Punkt eine andere Brennweite als in anderen Abschnitten. Tönt kompliziert, ist es auch. Das Resultat dieser Technologie soll allerdings ganz einfach bessere Sicht sein. Giro hat diese neue Scheibenform gemeinsam mit Zeiss entwickelt. Weitere Infos dazu findest du hier.

Apropos gute Sicht: Mit der Countour Vivid hat Giro eine Brille auf dem Markt, die auch mit einem enorm grossen Sichtfeld punktet. Die Ersatzscheibe für schlechtes Wetter ist im Prinzip schnell auf der Brille. Allerdings heisst das ja immer auch am Pistenrand stehen, Handschuhe ab, Rucksack runter, Ersatzglas raus etc. Bis alles wieder an seinem Platz ist und die Fahrt weitergeht, ist so ein Wechsel halt doch immer ein Gefummel. Soweit so gut.

Die Ersatzscheibe für schlechte Sichtverhältnisse.
Die Ersatzscheibe für schlechte Sichtverhältnisse.

Vielleicht liegt es ja an meinen Augen. Wer weiss. Auf jeden Fall ist es folgendermassen: Skifahren bei Sonnenschein ist super. Bei diffusen Sichtverhältnissen wird daraus eine andere Sportart. Zumindest mir geht es so. Wenn ich die Konturen im Schnee nicht mehr sehe, wird mein Fahrstil passiv, ich gerate schneller in Rücklage und verliere so eher die Kontrolle über meine Ski. Resultat? Es macht weniger Spass, ist viel anstrengender und die Verletzungsgefahr steigt. Das war vor 40 Jahren so und ist es auch heute noch.

Da ändert auch die neueste Technologie nicht wirklich nachhaltig etwas daran.

Mein erster Eindruck: ja, aber ...

Das Positive zuerst: Sowohl der Helm als auch die Brille sind sehr angenehm zu tragen. Keine Druckstellen, gute Belüftung, sodass sie nicht beschlägt. Auch das Design der Giro-Produkte gefällt mir. Ob MIPS und Sphercial-Technologie meinen Kopf bei einem Crash tatsächlich möglichst wirkungsvoll schützen, kann ich nicht beurteilen. Es bleibt mir nichts anderes übrig, als mich darauf zu verlassen, dass ein solcher Skihelm alle relevanten Sicherheitstest bestanden hat, bevor er auf den Markt kommt.

Bei der Contour Vivid Skibrille von Giro bin ich zweigeteilt. Bei Sonnenschein ist das eine super Brille. Keine Frage. Wenn die Sonne am Berg jedoch weg ist, die Konturen im Schnee verschwinden und damit schlechte Bodensicht herrscht, wird Skifahren für mich auch damit mühsam. Ja, ich wurde mit den Jahren zum Schönwetterfahrer. Das letzte Mal, als ich diese Tatsache ignorierte, brach ich mir auf der Piste den Mittelhandknochen. Seither bin ich vorsichtig. Und was soll ich sagen? Trotz all des Hightech bin ich auch mit dieser Skibrille bei diffusen Lichtverhältnissen unsicher unterwegs. Wie mit allen anderen Produkten in den letzten 40 Jahren davor.

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Vom Radiojournalisten zum Produkttester und Geschichtenerzähler. Vom Jogger zum Gravelbike-Novizen und Fitness-Enthusiasten mit Lang- und Kurzhantel. Bin gespannt, wohin die Reise noch führt.


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