Wissenslücke Frauenkörper: Sieben Fakten über die weibliche Brust
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Wissenslücke Frauenkörper: Sieben Fakten über die weibliche Brust

Kunst, Kultur, Karriere: Die weibliche Brust sorgte schon immer für Aufregung, rote Köpfe und einige Kontroversen. Die Aufklärungsreihe geht in die nächste Runde: Erfahre hier, was du über die weibliche Brust wissen solltest.

Brüste. Kaum ein Körperteil wird in Kunst, Kultur und im täglichen Leben mehr gefeiert als der weibliche Busen. Er ist das wohl beliebteste sekundäre Geschlechtsmerkmal – und doch weißt du wahrscheinlich frappierend wenig darüber.

Der weibliche Körper ist vieles aber er ist kein Ort von Wissenschaft und Aufklärung. Ganz so, als wäre die Mystifizierung Teil der weiblichen Anziehungskraft. Du ahnst vielleicht, was kommt: Nach der Klitoris, der Vulva und der Menstruation folgt die weibliche Brust – in sieben Fakten.

Asymmetrisch, rätselhaft, leistungsstark: Alles über die weibliche Brust

Warum ist eine Brust oft größer als die andere? Wie viel Liter Milch kann sie am Tag produzieren und was zum Hickhack ist ein Nippel-Orgasmus? Ich bin hier, um deinen Wissensdurst zu stillen:

1. Der Mensch hat als einziges Säugetier stets sichtbare Brüste

Die weibliche Brust bringt nicht nur dich, sondern auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um den Verstand. Denn während andere Säugetiere ihre Brüste nur während der Schwangerschafts- und Stillzeit mit sich herumtragen, sind Menschen ab der Geschlechtsreife mit einem offensichtlichen Dekolleté gesegnet. Die Frage ist nur: Wozu?

Eine der ältesten wissenschaftlichen Thesen stammt von dem Briten Desmond Morris. Der Zoologe war 1967 in seinem Buch «The Naked Ape» davon überzeugt: Durch den aufrechten Gang sind die bei Primaten zum Sex auffordernden Pobacken der Frau aus dem Blickfeld des Mannes geraten. Als neues Lockmittel habe sich die Natur also Rundungen auf Augenhöhe ausgedacht – und die weibliche Brust entstand. Laut Morris sind Brüste also der visuelle Ersatz für Pobacken.

Nun, Männer und ihre Theorien zum weiblichen Körper ... Deshalb kommt gleich die nächste steile These: Diesmal von dem israelischen Biologen Amotz Zahavi, der knappe zehn Jahre nach Morris das Handikap-Prinzip vorstellte. Zusammengefasst behauptet er: Wer es schafft, sich trotz des so unnötigen, energetisch hochaufwendigen Körperteils evolutionär durchzusetzen, beweist große reproduktive Fitness. Je praller das Dekolleté, desto genetisch wertvoller ist die Frau. Zweifel aus der Fachwelt wurden mehrfach laut, darunter der entwaffnende Kritikpunkt: In der natürlichen Selektion haben sich Handikaps noch nie durchgesetzt. Touché.

Stattdessen weiß man heute: Brustform und -größe haben nichts mit der Fruchtbarkeit einer Frau zu tun. Eine der neueren Theorien stammt von der Anthropologin Gillian Bentley: Sie stellte die Vermutung auf, dass sich die hervorstehende Form der weiblichen Brust mit der Gesichtsform des Menschen entwickelt hat, die im Vergleich zu Primaten relativ flach ist. So sei das Stillen einfacher möglich, wie sie in einem Beitrag des New Scientist zitiert wird.

Die Wissenschaftsjournalistin und Pulitzer-Preisträgerin Natalie Angier kommt in ihrem Buch «Woman: An Intimite Geography« zu einem nochmal anderen Schluss: Die weibliche Brust ist aus Zufall entstanden und bedient nichts weiter als die menschliche Freude an Ästhetik.

Ob sexuelle oder reproduktive Ansätze: Die Frage, warum die Evolution den Menschen mit Brüsten gesegnet hat, bleibt vorerst unbeantwortet.

2. Brüste schwellen beim Orgasmus um bis zu 25 Prozent an

Brüste sind nicht nur schön anzusehen, sie sind auch immer für eine Überraschung zu haben. Sie verändern sich eigentlich andauernd. Das liegt in ihrer Anatomie: Im Prinzip besteht der Busen aus Drüsen- und Fettgewebe, aus Blutgefäßen, Nerven und Lymphgefäßen. Eine anatomische Abbildung des Brustaufbaus findest du hier. Vor allem das Drüsengewebe verändert sich dynamisch im Laufe des Lebens einer Frau – meist durch den Einfluss von Hormonen.

Nicht mal einen Menstruationszyklus lang behält dein Busen seine Form und Größe. Steigt in der ersten Zyklushälfte der Östrogenspiegel, wird das Wachstum der Milchgänge (in Vorbereitung einer potenziellen Schwangerschaft) simuliert und die Brust schwillt an. In der zweiten Zyklushälfte übernimmt das Hormon Progesteron und sorgt für die Veränderung der Milchdrüsen, was zu dem bekannten Brustspannen führt.

Die größte Veränderung macht der Busen wohl während der Schwangerschaft und Stillzeit durch. So kündigt sich jede Schwangerschaft sehr früh mit der Veränderung der Brust an: Sie gewinnt an Volumen, die Brustwarze (Mamille) und ihr Warzenhof (Areola) verändern Farbe und Größe, zudem schwellen die vorhandenen Milchdrüsen an und es bilden sich neue Milchläppchen aus. In der Menopause reduzieren sich schließlich die weiblichen Hormone und die Brust verliert Elastizität, Form und Größe – der einst pralle Busen erschlafft.

Ein pikanter Fakt: Beim Orgasmus schwillt die Brust um 15 bis 25 Prozent an. Das behauptet zumindest das Forschungsteam William Masterson und Virginia Johnson in ihrem Vier-Stufen-Modell sexueller Reaktion. Grund dafür ist anscheinend die stärkere Durchblutung des Körpers. Ein Grund mehr, sich um den weiblichen Orgasmus zu bemühen. Wie das gelingt, verrät der nächste Punkt.

3. 12 Prozent der Frauen erleben Nippel-Orgasmen

Die Brust ist eine wichtige erogene Zone der Frau. Und während Penetrationssex nicht mal ein Viertel von ihnen in die Nähe der Zielgerade bringt, erleben bis zu 12 Prozent aller Frauen Orgasmen alleine durch die Stimulation erogener Zonen außerhalb ihrer Genitalregion. Darunter den Nippel-Orgasmus.

Studien belegen: Die Stimulation von Brust und Brustwarze kann zu sexueller Erregung bis zum Orgasmus führen. Warum das so ist, zeigt eine Untersuchung der Istanbul University. Anscheinend aktiviert die Stimulation der Brustwarzen dasselbe Gehirnareal, wie die Stimulation der Vulva: den genitalen Kortex.

4. Jährlich 6000 neue Brustkrebsfälle in der Schweiz

Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung von Frauen: In der Schweiz alleine kommt es jährlich zu fast 6500 Neuerkrankungen.

Weltweit sind es sogar 2,3 Millionen Diagnosen pro Jahr, wie die Weltgesundheitsorganisation berichtet. Brustkrebs entsteht dann, wenn sich Zellen im Brustgewebe unkontrolliert vermehren. Bösartige Tumore entstehen dabei meist im Drüsenanteil der Brust, häufig im äußeren Bereich zwischen Achsel und Schlüsselbein.

Dich selbst regelmäßig abzutasten hilft dabei, deine Brust gut kennenzulernen und Veränderungen frühzeitig zu erkennen. Wie das Abtasten zuhause funktioniert, erfährst du hier.

Während Brustkrebs in weiten Teilen der Welt noch Hauptursache weiblicher Krebstode ist, konnte das Sterberisiko in einkommensstarken Ländern wie der Schweiz bereits drastisch gesenkt werden.

5. Die linke Brust ist meist größer als die rechte

Was dir außerdem bei der näheren Betrachtung deiner Oberweite aufgefallen sein wird: Deine Brüste sind unterschiedlich groß. Anders als spontane Veränderungen ist das kein Grund zur Sorge. Tatsächlich sind deine beiden Körperhälften nicht zu 100 Prozent symmetrisch.

Statistisch zeigt sich ein eindeutiges Muster: Laut einer Schweizer Studie ist bei 62 Prozent der Frauen – unabhängig von Alter und Herkunft – die linke Brust größer als die rechte. Warum das so ist, scheint ein weiteres Mysterium des weiblichen Körpers zu sein. Es gibt Vermutungen, dass die meisten Frauen ihr Kind lieber auf der linken Seite stillen und die Seite daher mehr Milch produzieren kann, als die rechte.

6. Ein Liter Milch am Tag

Wie viel Milch das ist, variiert von Frau zu Frau. Fest steht: Dein Busen ist während der Stillzeit zu wahrer Höchstleistung fähig. Bis zu einem Liter Milch kann eine durchschnittliche Frau am Tag für ihr Kind produzieren. Folgt man der empfohlenen Stilldauer von bis zu zwei Jahren, ergibt das rund 730 Litern Muttermilch pro Kind.

Ein unheimlicher Kraftakt, der nicht nur das Kind in den ersten Monaten mit allen notwendigen Nährstoffen versorgt, sondern auch das Immunsystem stärkt und gegen Allergien und Darminfektionen schützt. Aber keine Sorge: Auch Frauen, die nicht stillen können oder wollen, ziehen gesunde Kinder heran. Eine Anleitung für gesunde Flaschennahrung findest du unter anderem hier.

7. Frauen mit großen Brüsten gelten als untreu und dumm

Abschließen will ich mit einem Aufreger: Denn was klingt wie ein Stereotyp aus dem vorletzten Jahrhundert, stammt tatsächlich aus einer aktuellen Untersuchung:

Dabei wurden 265 Frauen und Männer gebeten, Frauenkörper zu evaluieren (darunter die Brustgröße). Dabei waren sich Frauen und Männer in den Ergebnissen schockierend einig: Große Brüste werden wohl bis heute mit hoher Fruchtbarkeit, guter Stillfähigkeit, Promiskuität und einem insgesamt höheren sexuellen Verlangen assoziiert. Darüber hinaus werden sie mit Untreue und einer niedrigen Intelligenz in Verbindung gebracht. Frauen mit kleinen Brüsten wurden als weniger attraktiv eingestuft.

Und es kommt noch dicker: Einer Untersuchung zum Zusammenhang zwischen Brustumfang und Joberfolg zufolge, werden Frauen mit kleinerer Brustgröße eher in Managementpositionen befördert, als Frauen mit großer Oberweite.

Titelfoto: shutterstock

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Olivia Leimpeters-Leth
Autorin von customize mediahouse

Ich liebe blumige Formulierungen und sinnbildliche Sprache. Kluge Metaphern sind mein Kryptonit, auch wenn es manchmal besser ist, einfach auf den Punkt zu kommen. Alle meine Texte werden von meinen Katzen redigiert: Das ist keine Metapher, sondern ichglaube «Vermenschlichung des Haustiers». Abseits des Schreibtisches gehe ich gerne wandern, musiziere am Lagerfeuer oder schleppe meinen müden Körper zum Sport oder manchmal auch auf eine Party. 


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