Produkttest

Weber Lumin: Wie ich beim Test des Elektrogrills fast die Hütte abgefackelt hätte

Lumin ist ein Elektrogrill, der für Balkon oder Loggia gedacht ist. Also überall dort, wo Kohle oder Gas verboten sind, aber eine Steckdose in der Nähe ist. Ungefährlich ist das nicht…

Ich sage es, wie es ist: Elektrogrills stehen ihren flammenden Gas- und Holzkohle-Brüdern heute in nichts nach. Dass alleine eine Flamme «echtes Grillen» ermöglichen soll, ist völliger Unsinn. Wo genügend Hitze entsteht, lassen sich Fleisch, Würste, Käse und Gemüse grillieren. Sogar den Rauchgeschmack bekomme ich dank Holzchips hin. Beim Lumin von Weber gibt es dafür eine spezielle Schale und eine Einstellung am Drehrad. Allerdings will das mit dem Räuchern geübt sein, wie bei jedem Grill. Es hätte bei mir fast im Desaster geendet, aber dazu später mehr.

Weber Lumin mit Stand (2.20 kW)
Elektrogrill
Im Showroom
CHF650.–

Weber Lumin mit Stand

2.20 kW

Einfach zu bedienen, einfach ausgestattet

Der Lumin ist ein Elektrogrill mit einem 65 Zentimeter breiten Rost, der sich wahlweise mit zwei Gusseisenrosten oder einem Gusseisenrost und einer Chromstahl-Schale betreiben lässt. Die Schale wiederum eignet sich zum Dämpfen, zum indirekten Grillieren oder zum Räuchern von Zutaten. Ich habe die Version ohne Standfuss getestet, was bei meinem Balkon kein Problem war, da ich den kleinen Beistelltisch kurzerhand zum Grilltisch umfunktioniert habe. Zur Kontrolle gibt es einen Thermometer im Deckel und ein Bedienrad an der Seite. Leider macht Weber den unsäglichen Trend von «Einstellungen statt Stufen» mit: Anstelle einer Skala von 1 bis 10 oder von 0 bis 300 Grad Celsius gibt es «Warmhalten», «Dämpfen» oder «halbe Power». Was eine einfache Bedienung suggeriert, ist in Tat und Wahrheit ein Entzug der Kontrolle. Kontrolle, die ich bei einem Grill gerne hätte. So aber gibt es zwischen Warmhalten und voller Power nur eine Stufe. Verschiedene Wärmezonen, die ich einzeln ansteuern könnte, vermisse ich ebenfalls.

Symbole statt Zahlen: Die Bedienung soll möglichst einfach sein, ich finde die Symbole eher lästig.
Symbole statt Zahlen: Die Bedienung soll möglichst einfach sein, ich finde die Symbole eher lästig.
Quelle: Simon Balissat

Viel besser gefallen mir die zwei mitgelieferten Gusseisenroste. Nach einer Aufheizzeit von zehn Minuten sind die genügend heiss, um schöne Grillmarken auf dem Fleisch oder der Wurst zu hinterlassen. Der Lumin heizt ganz ordentlich ein, der im Deckel integrierte Thermometer hat mir bis zu 300 Grad angezeigt. Diese Zahl ist allerdings mit Vorsicht zu geniessen. Erfahrungsgemäss sind Thermometer in Grilldeckeln etwa so genau wie die Wettervorhersage im April. Zu viel Hitze schafft der Elektrogrill nicht, immerhin: Fleisch innert Kürze zu verkohlen ist fast nicht möglich.

Die Heizelemente des Lumin
Die Heizelemente des Lumin
Quelle: Simon Balissat

Wo Rauch ist, ist auch Feuer

Womit wir bei meinem Räucherexperiment wären. Weber liefert dir, wie schon erwähnt, eine extra Schale dafür mit. Darin platziere ich eine Handvoll Räucherchips. Weil auf den Weber-Räucherchips explizit steht, dass ich diese in Wasser einweichen soll, habe ich das beim ersten Versuch so gemacht. Das Resultat: Es ist zu wenig Rauch entstanden, um den Lachs zu räuchern. Beim zweiten Versuch bin ich dann ans andere Ende des Spektrums…

Eine Handvoll... wenn André the Giant die Holzchips eingefüllt hätte...
Eine Handvoll... wenn André the Giant die Holzchips eingefüllt hätte...
Quelle: Simon Balissat

… und habe die Räucherschale mit trockenen Holzchips gefüllt. Das war viel zu viel: Neben zünftig Rauch schoss auch eine Stichflamme aus dem hinteren Teil des Grills. Ich hätte beinahe den Balkon abgefackelt. Nur dank eines feuchten Küchentuchs als improvisierte Löschdecke konnte ich Herr der Lage werden. Die Schweinskotelett waren innert Minuten geräuchert und – wie mein Pfadileiter jeweils bei verbrannten Würsten zu sagen pflegte – «von der Flamme geküsst». Das Malheur war zweifellos meine Schuld. Ich hätte die Anleitung befolgen sollen:

  • Eine Handvoll trockene Räucherchips in den Behälter
  • Auf die «Räuchern»-Stufe stellen, bis sich Rauch entwickelt
  • Dann auf die mittlere Stufe runterschalten

Mit etwas Übung klappt's auch mit dem Räuchern. Als dritte Option gibt es noch die Möglichkeit, Wasser in den Behälter zu füllen und so Gemüse zu dünsten… Das habe ich gar nicht probiert, da es dafür etwas zu wenig Platz hat und ich mein Gemüse sowieso lieber aus dem Ofen mag.

Schöne Grillmarken auf den Pouletsteaks...
Schöne Grillmarken auf den Pouletsteaks...
Quelle: Simon Balissat

Die Reinigung gestaltet sich, wie bei Grills üblich, sehr einfach: Aufheizen und den Grill mit einer Stahlbürste putzen. Unten an den Heizelementen befindet sich zudem eine Abtropfschale für überschüssiges Fett. Inwendig wird der Grill sehr schnell dreckig, was mir aber fast egal ist. Ich spreche liebevoll von einer Patina…

Fazit: Guter Durchschnitt mit Kontrollverlust

Der Lumin tut das, was er soll – und das gut. Vor allem der Gusseisenrost gefällt mir. Die Räucherfunktion ist auch ein Plus, obwohl ich fast das Haus abgefackelt hätte. Abzüge gibt es dafür, dass ich «nur» drei Heizstufen habe und dass ich die zwei Zonen nicht separat ansteuern kann.

Damit zur Preisfrage: Für den Weber Lumin bezahlst du einen stolzen Preis. Für kleinere Haushalte gibt es den günstigeren Weber Q, Outdoorchef bietet für noch weniger Geld einen Elektro-Kugelgrill an, allerdings mit Stahl- statt Gusseisenrost. Willst du die volle Kontrolle, dann ist der Weber Pulse möglicherweise ein Kandidat. Hier beweist Weber, dass sie nicht nur Drehräder mit kryptischen Funktionen können, sondern auch gradgenaue Kontrolle über deinen Grill erlauben.

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Als ich vor über 15 Jahren das Hotel Mama verlassen habe, musste ich plötzlich selber für mich kochen. Aus der Not wurde eine Tugend und seither kann ich nicht mehr leben, ohne den Kochlöffel zu schwingen. Ich bin ein regelrechter Food-Junkie, der von Junk-Food bis Sterneküche alles einsaugt. Wortwörtlich: Ich esse nämlich viel zu schnell. 


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