
Hintergrund
«Wir produzieren keinen Bullshit»
von Patrick Bardelli
Das Geschäft mit der Fitness blüht: Knapp 94 Milliarden Dollar wurden damit vergangenes Jahr weltweit umgesetzt und die Weichen stehen weiterhin auf Expansion. Von diesem Trend profitieren auch die Hersteller von Nahrungsergänzung. Einer davon ist Sponser.
Die Fitnessbranche boomt und auch Sportnahrung ist im Trend. Der Markt wächst. 2022 sollen damit weltweit rund 45 Milliarden Dollar umgesetzt werden. Detailhändler wie Migros oder Coop sind längst auf den rasanten Zug aufgesprungen und erweitern das Angebot an Proteinriegeln und Multivitaminpräparaten laufend. Ein alter Hase auf dem Gebiet der funktionellen Lebensmittel ist die Firma Sponser in Wollerau. Seit 1988 dreht sich hier am Zürichsee alles um Protein, Kohlenhydrat und Co.
Ich bin mit Yvonne Forster verabredet. Die Ernährungsberaterin und studierte Lebensmitteltechnologin ist bei Sponser unter anderem in der Produktentwicklung und der Qualitätssicherung engagiert. Seit 16 Jahren arbeitet die begeisterte Ausdauersportlerin beim Schweizer Pionier in Sachen Sportnahrung.
Im Sommer ist sie oft mit dem Bike unterwegs, im Winter mit den Skiern. Auch Wassersport gehört zu ihren Hobbys. Das Segeln hat es ihr angetan. «Sportseglen, nicht Weissweinsegeln», wie sie mit einem Schmunzeln anfügt.
Es geistern viele Begriffe zum Thema Sportnahrung durchs Netz. Die Rede ist von Nahrungsergänzung, Sportnahrung oder auch von Supplementen. Was ist denn was?
Yvonne Forster, Lebensmitteltechnologin: Letztlich geht es um die Frage der Anwendung respektive des Zwecks. Bei den Supplementen ist dies nicht so eindeutig definiert. Aus meiner Sicht kann ein Eiweiss-Shake ein Supplement sein ebenso wie eine Magnesiumtablette.
Was sagt der Gesetzgeber diesbezüglich?
Das Lebensmittelgesetz sagt, dass es Nahrungsergänzungsmittel gibt. Diese sind klar umschrieben. Und dann gibt es Ergänzungsnahrung. Ein Eiweiss-Supplement, hier ist wieder das Wort Supplement, gehört in den Bereich der Ergänzungsnahrung. Es ergänzt sinnvollerweise die alltägliche Ernährung. Wir bei Sponser haben nicht den Anspruch, dass du dich möglichst von unseren Produkten ernährst (lacht), im Gegenteil. Wir verstehen unsere Produkte als Ergänzung zu einer ausgewogenen, gesunden Ernährung. Auf einer Bergwanderung will ich jedoch keinen schweren Rucksack hochschleppen müssen. Da packe ich mir dann zum Beispiel einige Riegel ein. Und im Anschluss gönne ich mir vielleicht einen Recovery-Shake, der meiner Muskulatur hilft, sich zu erholen.
Sind diese Pulver und Pillen aber nicht grundsätzlich etwas für Profis?
Ursprünglich schon. Hier kommt jedoch das grosse Aber. Profis haben in der Regel viel Zeit für die Regeneration. Es gehört auch zu ihrem Beruf, auf den Körper zu achten, ihn zu pflegen. Entsprechend legen sie auch Wert auf eine bedarfsgerechte Ernährung. Häufig frisch zubereitet. Dieses Privileg haben viele von uns nicht. Wir betreiben sogenannten Gesundheitssport und quetschen unsere Trainings in unseren Arbeitsalltag. Die Erholung und die Versorgung mit den benötigten Nährstoffen kommen zu kurz. Ein Widerspruch. Insofern machen diese Produkte gerade für Nichtprofis in vielerlei Hinsicht mehr Sinn als für professionelle Sportlerinnen und Sportler.
Der Fitnessmarkt boomt. Detailhändler wie Migros oder Coop holen sich auch einen Teil dieses Kuchens. Wie beurteilt ihr bei Sponser diese Entwicklung?
Es zeigt sich, dass der Trend hin zu Sportnahrung in der Bevölkerung angekommen ist. Und klar, für uns sind das einige Mitbewerber mehr am Markt. Wir haben schon seit rund zwölf Jahren Protein-Fertigdrinks im Angebot. Damals waren wir damit alleine auf weiter Flur. Heute bietet praktisch jeder Milchhersteller auch noch ein Protein-Supplement an. Die Produkte werden zunehmend massentauglich.
In welche Richtung entwickelt sich die Branche weiter, gibt es ein «Next Big Thing» am Horizont?
Generell alles, was in Richtung Convenience geht: Riegel, Brausetabletten, Fertigdrinks etc. Und Produkte, die noch individualisierter sind als heute.
Wie ist das zu verstehen?
Das Ganze ist im Kontext von personalisierten Ernährungskonzepten zu verstehen. Da spielen dann die Genetik oder das Mikrobiom, also die Darmbakterien, eine entscheidende Rolle.
Hast du ein konkretes Beispiel dazu?
Aktuell testen wir ein Koffeinpräparat. Dazu bieten wir eine Genetikanalyse an. Aufgrund dieser Analyse können wir dann ganz gezielt ein Produkt empfehlen. Es ist das Zusammenspiel von Wissenschaft und Produktempfehlung. Der nächste Trend werden also Konzepte hin zu mehr Personalisierung sein.
Woher holt ihr euch das entsprechende Fachwissen?
Bezüglich Pharmagenetik sind wir mit einem Arzt in regelmässigem Austausch. Ausserdem stehen wir mit Fachleuten der SSNS, der Swiss Sports Nutrition Society in engem Kontakt. Wir nutzen unterschiedliche Netzwerke.
Wie entsteht bei euch ein neues Produkt? Von der Idee zum Rezept.
Inputs kommen in der Regel von verschiedenen Seiten. Beispielsweise von Athleten, die ein Produkt weiterentwickelt haben wollen. Oft sind es die Rohstoffhersteller, die auf uns zukommen. Zum Beispiel mit Rohstoffen, die zur Gesundheit der Gelenke beitragen und durch eine wissenschaftliche Studie belegt sind. Wenn diese Rohstoffe klinisch erforscht sind, wollen sie die Hersteller natürlich verkaufen. Aber auch Mitarbeitende bringen Ideen für neue Produkte ein. Diese Ideen formulieren wir dann intern aus, suchen die passenden Rohstoffe und schätzen das Marktpotential ein.
Wie lange dauert dieser Prozess?
Ganz unterschiedlich. Von zwei Monaten bis einigen Jahren habe ich alles schon erlebt (lacht).
Eure Produkte sind nicht unumstritten. Es gibt Fachleute, wie den unterdessen verstorbenen Manfred Donike, die die Wirkung in Frage stellen:
Nahrungsergänzungsmittel produzieren nichts anderes als teuren Urin. Es ist völlig unnötig, sie zu benutzen.
Was antwortest du darauf?
(Pause) Also: Du kannst ohne Probleme zwei Stunden joggen, ohne etwas zu dir zu nehmen. Ich behaupte aber jetzt einfach mal, dass du dich besser von der Anstrengung erholst und dich weniger ausgelaugt fühlst, wenn du während des Laufs ein entsprechendes Präparat konsumierst. Und vielleicht bist du während diesen zwei Stunden auch ein wenig schneller unterwegs. Also wirkt es.
Bei Kreatin wissen wir zum Beispiel, dass es sogenannte Responder oder Non-Responder gibt. Dasselbe gilt beim Koffein. Gehörst du zu den Respondern, wirst du die Wirkung spüren, als Non-Responder nicht. Wäre ich nicht vom Nutzen unserer Produkte überzeugt, würde ich nicht hier arbeiten.
Wo hört Nahrungsergänzung auf, wo beginnt Doping?
Die Regeln sind unmissverständlich. Für uns ist das kein Thema. Wir haben keine solche Substanzen im Haus. CBD ist eine solche. Davor hüte ich mich. Von uns gibt es kein Produkt mit Hanfprotein. Wir investieren viel Geld, um saubere Rohstoffe zu beschaffen, damit wir für unsere Produkte Doping-Freiheit garantieren können. Dieses Renomée werden wir sicher nicht aufs Spiel setzen.
Sponser tritt pro Jahr an über 100 Sportanlässen mit 100 000 Sportlerinnen und Sportlern als Ernährungspartner in Erscheinung. Olympiasieger und Weltmeisterinnen sowie Hobbyathleten konsumieren regelmässig die Produkte des Schweizer Branchenleaders.
Laut eigenen Angaben setzt Sponser als FSSC 22000 zertifizierter Schweizer Lebensmittelhersteller ausschliesslich Rohstoffe von Lieferanten ein, welche ebenfalls ISO oder GFSI anerkannte Zertifikate besitzen. Alle Rohstoffe seien in Qualitätsvereinbarungen dokumentiert und würden mit einem Analysenzertifikat begleitet, was eine lückenlose Rückverfolgbarkeit erlaube. Die Firma mit Sitz in Wollerau SZ unterstehe zudem den hohen Kontrollstandards der Schweizer Gesundheitsbehörden.
Vom Radiojournalisten zum Produkttester und Geschichtenerzähler. Vom Jogger zum Gravelbike-Novizen und Fitness-Enthusiasten mit Lang- und Kurzhantel. Bin gespannt, wohin die Reise noch führt.