

Ein Kiefermuskeltrainer und die Frage, ob ich zubeissen soll

Zwei Fragen drängen sich auf, als ich den Kiefermuskeltrainer «Jawliner» im Sportsortiment entdecke. Die erste: Was soll das denn bitte? Die zweite reiche ich an dich weiter: Soll ich ihn ausprobieren?
Vielleicht sehe ich bald aus, als hätte ich einen Puck verschluckt. Oder unerwartet attraktiv. Wer weiss, wie zwei kleine Kunststoffwürfel mein Leben verändern werden. Jedenfalls aktiviert der «Jawliner» direkt meine Gesichtsmuskeln, als ich ihn im Sportsortiment aufstöbere: Ich muss lachen. Mal wieder einen Trend verpennt. Auf TikTok & Co. ist der «Jawline Check» schon lange ein Ding, werde ich von meiner Kollegin Natalie Hemengül aufgeklärt.

In meiner Welt nicht. Da habe ich andere Probleme. Neuerdings fragt mein Sohn immer häufiger: «Papi, bist Du traurig?», wenn ich mal wieder gedankenversunken Löcher in die Luft starre und meine Mimik für einen Moment vergesse. «Nein, ich bin nur alt», antworte ich für gewöhnlich. Das ist ein bisschen geflunkert, denn auch die Weltlage zieht meine Mundwinkel nach unten. Dann beisse ich auf die Zähne und zwinge mich zu einem Lächeln. Ich könnte also genauso gut auf Lebensmittelsilikon kauen und Muskeln aufbauen.
Wo das Knabbertraining doch so attraktiv beworben wird. «Das Kauen auf dem Jawliner ist für das Kiefergelenk nicht von einem Kauprozess auf einem harten Stück Fleisch zu unterscheiden», heisst es beim Hersteller. Mmmh. Well done, PR-Abteilung. Ich esse seit einiger Zeit kein Fleisch mehr, und dieses Gefühl vermisse ich daran am allerwenigsten. Da läuft mir bei einem artverwandten Produkt eher das Wasser im Mund zusammen.
«Die Knochen sind aromatisiert mit Bacon-, Hühnchen- oder Minze-Geschmack, was für eine hohe Akzeptanz bei Hunden sorgt», heisst es beim Kunststoff-Kauknochen für Vierbeiner. Auch der Preis ist akzeptabler als beim Pendant für eitle Menschen. Mit Letzerem ist wohl mehr Marge zu machen, denn die Investition ins eigene Aussehen kann sich natürlich lohnen.

Das Schönheitsversprechen
«Die Wissenschaft belegt, dass wir uns mehr zu Menschen mit markanten Gesichtszügen hingezogen fühlen», ködert mich Jawliner, um weiter selbstbewusst für uns alle zu sprechen: «Wir lieben Gesichter mit starken, kantigem Kiefer und Hohlwangen, die sogenannten hollow cheeks, weil sie Selbstbewusstsein ausstrahlen und interessanter wirken.» Mal schauen, ob eine nicht repräsentative Galaxus-Umfrage dieses Resultat bestätigt.
Ist ein kantiger Kiefer attraktiver?
- Ja! Team Jawline56%
- Nein! Team Hamsterbacke44%
Der Wettbewerb ist inzwischen beendet.
Falls die Jawline eine hohe Akzeptanz bei Hunden bei Kunden hat, bin ich gerne bereit, zuzubeissen. Wir sind eine experimentierfreudige Redaktion, testen ungeschminkt und ohne Filter. Wenn irgendein Influencer auf TikTok seine absurd gestählten Gesichtsmuskeln präsentiert, heisst das noch lange nicht, dass so ein Training für dich und mich gesund und empfehlenswert ist. Als Kaugummi-Verächter fange ich quasi bei Null an. Sofern sich eine Mehrheit dafür interessiert, bearbeite ich meine gut abgehangenen Wangen bald mit zwei Plastikklötzen. Und ich berichte im Laufe der kommenden Monate, was das mit meinen Gesichtsmuskeln und meinem Ego macht.
Soll ich den «Jawliner» testen?
- Ja! Zubeissen.76%
- Nein! Wegschmeissen.24%
Der Wettbewerb ist inzwischen beendet.
Fragen, Erfahrungen und verfrühten Spott einfach unten in die Kommentarspalte. Trifft mich nicht. Ich bin sowieso bald ein neuer Mensch, wenn ich glauben darf, was der Hersteller verspricht. Immerhin ist neben dem Satz «Rock-Star-Look: Keiner wird dich wiedererkennen» ein Haken. Ob es noch andere Haken an der Sache gibt, will ich herausfinden.


Einfacher Schreiber, zweifacher Papi. Ist gerne in Bewegung, hangelt sich durch den Familienalltag, jongliert mit mehreren Bällen und lässt ab und zu etwas fallen. Einen Ball. Oder eine Bemerkung. Oder beides.