

Kampf dem Gipfelirücken

Der Blackroll Posture ist eine Art Rucksack ohne Sack, mit dem ich fauler Sack mir einen Ruck geben und meine Haltung verbessern will. Dafür zieht er mir täglich mahnend an den Schultern: Zurück damit, weg mit dem Rundrücken!
Zwei am Rücken verbundene Schlaufen, die sich um deine Schultern legen und per Klettverschluss enger schnallen lassen – viel mehr ist der Blackroll Posture nicht. Keine smarten Features, keine Weltraumtechnologie. Langweilig im Vergleich zu all den Gadgets, die bei uns im Büro so rumfliegen. Trotzdem ist das Interesse daran ziemlich gross. Kaum habe ich den Haltungstrainer angelegt, löchern mich die Kollegen mit Fragen. Hier arbeiten nicht nur Quasimodos, aber unzufrieden mit ihrer Haltung sind offensichtlich einige. Neugier mischt sich mit Skepsis. Bringen diese «Rückenstrapse», wie unser Fotograf Thomas Kunz sie getauft hat, wirklich was? Antwort: Jein.

Was kann er leisten, was nicht?
Falls du dir vom Blackroll Posture alleine Wunder erhoffst, muss ich dich leider enttäuschen. Anstrengen musst du dich selbst. Er schnallt dir nicht die Schultern nach hinten. Er ist nur eine ständige Erinnerung daran, aktiv eine bessere Haltung einzunehmen und so das Gewohnheitstier in dir zu überlisten. Bist du nur hin und wieder etwas verspannt, mag das reichen. Aber ein richtiges Haltungsproblem, das wir uns über Jahre hinweg angelümmelt und erfläzt haben, lässt sich nicht ohne zusätzliches Training beseitigen. Bei einem Rundrücken ist meist die Brust- und obere Nackenmuskulatur verkürzt, während Teile der Rückenmuskulatur zu schwach sind. Das lässt sich nur über Monate mit gezielter Dehnung und Kräftigung korrigieren. Dazu trägt der Posture einen Teil bei. Aber am besten schnappst du dir noch einen Trainer oder Therapeuten, um zusätzlich einen Trainingsplan zu erstellen. Hast du starke Beschwerden, sollte der erste Weg zum Arzt führen.
Wie trägt sich der Blackroll Posture?

Ich habe mir vor ein paar Jahren einen ähnlichen Haltungstrainer gekauft. Zu Beginn hatte ich ihn häufig an, dann wurde er mir zu unbequem. Das Problem: Einschneidende Erfahrungen unter den Achseln. Das Material war schlicht zu dünn und verdrehte sich zu einem Strang. Darum war mir beim Blackroll Posture der Tragekomfort besonders wichtig, und der ist deutlich besser. Er hat breitere Polster, etwa so wie ein Rucksack. An deren oberen Ende führt ein Gummiband über die Schulter zum Rücken. Rollen deine Schultern nach vorne, spürst du einen leichten Widerstand und nimmst sie wieder zurück. Sitzt oder stehst du richtig, ist das Teil kaum zu spüren. Trotzdem sollst du ihn nicht den ganzen Tag tragen.
Die Hinweise des Herstellers:
- Anfangs nur kurz tragen. Wenn du die korrekte Position nicht mehr halten kannst und nur noch im Posture hängst, solltest du deiner Muskulatur eine Pause gönnen.
- Später zweimal pro Tag für 1-3 Stunden tragen.
- Aufhören, sobald es unangenehm wird.
- Nicht für Kinder unter 12 Jahren geeignet.

Alltagserfahrungen
Ich habe den Posture hauptsächlich während der Arbeit am PC umgeschnallt. Immer über dem T-Shirt oder Pullover, denn ich will nachjustieren können und – grosser Vorteil – bei uns im Büro schaut niemand schräg, nur weil ich einen Rucksack ohne Sack trage. Hinter mir stapeln sich Stofftiere, ein Lego-Bugatti, diverse Nerf-Pistolen, ein Dampfbügler und eine Bratpfanne. So what? Meine Kollegin Myrtha Erni hat den Haltungstrainer auch ausprobiert und kann sich gut vorstellen, dass er sich unter einem Pullover oder einer Jacke verstecken lässt. Der Tragekomfort stimmt auch für sie, da sind wir uns einig.

Selbst beim Sport stört mich der Blackroll Posture nicht. Aber ich finde ihn dabei weniger hilfreich, weil ich beim Training sowieso besser auf meine Haltung achte als am Schreibtisch. Apropos Sport: Du kannst die Wirkung des Blackroll Posture durch ein paar einfache Übungen unterstützen, für die du weder Fitnessstudio noch Trainer brauchst. Zum Beispiel, indem du regelmässig «Wall Slides» machst, wie sie mir die Physiotherapeutin Melissa Stickel unter dem Stichwort Schulterbeweglichkeit in diesem Beitrag zeigt. Dabei spürst du, dass zwischen den Schulterblättern noch Muskeln sind, die regelmässig aktiviert werden wollen.
Äusserlichkeiten und Verarbeitung
Beim Blackroll Posture stehen zwei verschiedene Grössen zur Wahl. Einmal S/M/L, einmal ab XL aufwärts. Ich trage die kleinere Variante und nerve mich vor allem über die endlos langen Klettverschlüsse, die mir über die Schulter hängen. Zwar gibt es eine Schlaufe, um die Enden ordentlich zu verstauen. Aber ich finde, 10 Zentimeter weniger hätten es für den Grössenbereich auch getan. Ansonsten ist die Verarbeitung solide und zweckmässig, ohne Wow-Effekt. Ein bisschen leichter Stoff, zwei Gummibänder, eine Plastikschnalle. Viel mehr ist nicht dran. Aufpassen musst du mit allem, was sich im Klettverschluss verhaken könnte. Mützen, Schals und Wollpullis solltest du lieber auf Abstand halten.
Fazit
Für das, was es ist, ist das Teil nicht billig. Aber der gute Tragekomfort des Blackroll Posture ist für mich ein Kaufgrund. Mein erster Haltungstrainer hat deutlich weniger gekostet, ist aber schnell in der Schublade verschwunden. Wenn du die Sache durchziehst und den Posture regelmässig trägst, ist er sein Geld wert. Ein paar Stunden täglich im Büro bewirken zwar keine Wunder. Aber sie bewirken was. Ein besseres Körpergefühl, weniger Verspannungen. Einen ersten Schritt zur besseren Haltung.


Einfacher Schreiber, zweifacher Papi. Ist gerne in Bewegung, hangelt sich durch den Familienalltag, jongliert mit mehreren Bällen und lässt ab und zu etwas fallen. Einen Ball. Oder eine Bemerkung. Oder beides.