Hintergrund

Das hässliche Gesicht der Schönheitsindustrie

Wer schön sein will, muss leiden. Doch wer leidet wirklich? In unserem Streben nach Perfektion sind die eigentlichen Leidtragenden oft nicht jene, die wir im Spiegel sehen. Ein Perspektivenwechsel.

Wir lassen viel Geld liegen, um unsere Augenbrauen in Form zu bringen und unseren Teint frisch zu halten. Aber die Konsequenzen unseres Konsums reichen weiter als nur bis ins eigene Portemonnaie. Wer trägt eigentlich die Last der milliardenschweren Beauty-Industrie? Ein kleiner Blick hinter die schöne Fassade.

Mica

Glimmer, auch genannt Mica, ist ein in der Kosmetikindustrie beliebtes Mineral, das zur Herstellung schimmernder Beautyprodukte verwendet wird. Highlighter zum Beispiel. Mit dem zunehmenden Interesse der Konsumenten an «glowy» Produkten ist auch die Nachfrage nach Mica gestiegen. Laut dem Online-Magazin Refinery29 stammt das meiste davon aus Indien, wo es illegal von Kindern in Minen abgebaut wird – zu einem Hungerlohn. Tödliche Unfälle durch die Einsturzgefahr werden in Kauf genommen. Das Geschäft mit Mica ist weltweit eine halbe Milliarde wert. Vereinzelte Kosmetikkonzerne wie zum Beispiel L'Oréal (NYX, Maybelline, Urban Decay), Estée Lauder (MAC, Bobbi Brown, Tom Ford), Shiseido (Nars) und Coty (Bourjois, Max Factor, Covergirl, Rimmel) setzen sich für eine ethisch vertretbare Gewinnung von Mica ein. Das heisst transparente Lieferketten, faire Löhne und keine Kinderarbeit. Auch synthetisches Mica ist laut Lush eine Alternative.

Mikroplastik

Es sind kleinste Plastikpartikel, die die Weltmeere erobert haben. Und wir als Bewohner eines Binnenlandes sind mit schuld. Denn durch das Verwenden diverser Shampoos, Zahnpastas, Peelings und Co. gelangt Mikroplastik in unser Abwassersystem. Was nicht herausgefiltert werden kann, landet in der Rhone, die direkt über Frankreich ins Mittelmeer mündet. Laut WWF Sprecherin Corina Gyssler landen sie dort wiederum in unserer Nahrungskette und schaden Tier und Mensch. Das Problem: Plastik enthält oft Zusatzstoffe, die zum Beispiel die Sexualentwicklung beeinträchtigen, das Erbgut schädigen können oder gar krebserregend wirken. Auch Pestizide und andere Giftstoffe aus dem Meer lagern sich an den Partikeln ab. Weshalb Mikroplastik überhaupt in unseren Beauty-Produkten steckt und wie du es in Zukunft vermeidest, erfährst du hier:

  • Ratgeber

    Mikroplastik: Wie du als Bewohner eines Binnenlandes die Weltmeere verschmutzt

    von Natalie Hemengül

Jade

Jade-Tools für die Gesichtsmassage sind zurzeit schwer angesagt. Leider ist auch hier die Gewinnung des Rohstoffs, ähnlich wie beim Mica, problematisch.

Myanmar verfügt über ein grosses Vorkommen qualitativ hochwertiger Jade, weshalb dort auch das Geschäft mit dem grünen Edelstein floriert. Mittlerweile ist Myanmar weltweit der grösste Produzent von Jade. Laut der NZZ wird dort Jade im Wert von schätzungsweise 31 Milliarden Dollar jährlich abgebaut.

Die Arbeit in den Minen ist zur Regenzeit besonders gefährlich und tödliche Hangrutsche sowie Geröll-Lawinen die Berufsrisiken der Jadegräber. Hinzu kommt, dass der Verkauf des grünen Goldes hauptsächlich durch das Militär abgewickelt und ein Grossteil illegal über die Grenze nach China geschmuggelt wird. Die Bevölkerung selbst profitiert nicht vom Geschäft mit den Bodenschätzen.

Produktfälschungen

Wer mit der schnelllebigen Schönheitsindustrie mithalten will, braucht vor allem eines: viel Geld. Billige Fälschungen beliebter Marken wie Kylie Cosmetics oder Huda Beauty sind die Folge. Abgesehen von ihrer moralischen Fragwürdigkeit stellen Kopien auch eine Gefahr für die Gesundheit dar: Schwermetalle, Sekundenkleber, Tierfäkalien und krebserregende Stoffe sollen die teuren Inhaltsstoffe der Originale ersetzen. Besonders für junge, unaufgeklärte Menschen, die glauben, mit den Neulancierungen mithalten zu müssen, kann das schlimme Folgen haben. In der Hoffnung, so Geld zu sparen, nehmen sie Hauterkrankungen, Infektionen und Bindehautentzündungen in Kauf. Mehr Infos zum Thema findest du hier:

  • Hintergrund

    Vorsicht vor gefälschter Kosmetik

    von Natalie Hemengül

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Als Disney-Fan trage ich nonstop die rosarote Brille, verehre Serien aus den 90ern und zähle Meerjungfrauen zu meiner Religion. Wenn ich mal nicht gerade im Glitzerregen tanze, findet man mich auf Pyjama-Partys oder an meinem Schminktisch. PS: Mit Speck fängt man nicht nur Mäuse, sondern auch mich. 


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