
Hintergrund
Mein neues Cannabis-Zucht-Setup ist ein «teurer» Traum
von Martin Jud
Einzelne Cannabis-Blüten duften fruchtig-süss. Ein Zelt voller Blüten riecht jedoch penetrant. Damit meine Wohnung und die Nachbarn im Treppenhaus verschont bleiben, nutze ich Rohrventilator und Aktivkohlefilter.
Wenn der Bauer neben deinem Haus sein Feld güllt, dann stinkt es gewaltig. Das liegt nicht nur am ekelhaften Geruch an sich, sondern besonders an seiner Intensität. Zumindest beim zweiten Punkt unterscheiden sich Jauche und der künftige Shit in meinem neuen Cannabis-Zucht-Zelt nicht. Denn die in den Harzdrüsen der Hanfpflanze hergestellten Terpene sind so geruchsintensiv, dass eine einzelne blühende Cannabis-Pflanze reicht, um den Zorn der Nachbarn zu ernten.
Ein Abluftsystem mit Aktivkohlefilter verhindert die Geruchsbelästigung. Wie gross dieser und wie stark der Rohrventilator sein sollten, erkläre ich dir in diesem Beitrag. Für mein kleines Zelt habe ich «überdimensionierte» Produkte gekauft und verwende diese untypischerweise ausserhalb der Growbox.
Dies ist der letzte Beitrag einer Mini-Serie. Als Bonus erfährst du am Schluss dieses Artikels, wie viel Watt die einzelnen Komponenten meines Grow-Setups ziehen und wie hohe Stromkosten dadurch über 110 Tage Pflanzenzucht anfallen. Die bisherigen drei Folgen findest du hier:
Zwei Gründe sprechen für die Installation von einem Abluftsystem:
Klassischerweise installierst du ein Abluftsystem zuoberst in der Growbox in folgender Reihenfolge: Aktivkohlefilter > Lüftungsschlauch > Rohrventilator > Lüftungsschlauch nach draussen.
Befinden sich die Komponenten ausserhalb des Zeltes, erhältst du mehr Platz für hochwachsende Pflanzen. Die Reihenfolge der Komponenten ist dann umgekehrt: Vorfilterbox im Zelt > Lüftungsschlauch nach draussen > Rohrventilator > Lüftungsschlauch > Aktivkohlefilter.
Bei einem System innerhalb des Zeltes filtert ein Filzüberzug beim Aktivkohlefilter Staub aus der Luft. Stehen Rohrventilator und Co. ausserhalb, saugen sie die Luft ungefiltert in den Schlauch. Es sei denn, du nutzt eine zusätzliche Vorfilterbox, wie ich es tue. Die steht in der hinteren linken Ecke des Zeltes.
Falls du dich fragst, ob das Absaugen der Luft unten im Zelt dafür sorgt, dass oben Hitzestau herrscht: ja. Allerdings nur, wenn du nichts dagegen unternimmst. In meinem Artikel zur erfolgreichen Indoor-Gras-Zucht erfährst du, wie du dagegen vorgehen kannst.
Um den Pflanzen genügend Frischluft zu spendieren und die Temperatur sowie Luftfeuchtigkeit niedrig zu halten, brauchst du einen entsprechend starken Rohrventilator und den passenden Aktivkohlefilter. Ausserdem solltest du den Raum, in dem deine Growbox steht, gut belüften. Neben einem kippbaren Fenster, oder noch besser einem Dachfenster im gleichen Raum, kann auch die Zimmertüre bei der Regulierung helfen.
Für die Wahl des korrekten Ventilators musst du wissen, in welchem Zeitraum er wie viel Luft bewegen soll – also wie viele Kubikmeter pro Stunde (m³/h). Als Faustregel sollte die gesamte Luft in der Growbox während der Vegetationsphase nach spätestens fünf Minuten ausgetauscht sein. Und während der Blütephase nach spätestens zwei Minuten.
Damit du nicht selber rechnen musst, gibt es im Internet Belüftungsrechner. Etwa hier und hier. Das Problem an diesen Rechnern ist allerdings, dass sie das Resultat unter anderem aufgrund der Watt-Angabe einer Natriumdampflampe berechnen. Hast du eine LED-Lampe, führt das zu einem falschen Ergebnis. Zwar fragen diese Rechner, ob du «Cooltubes oder LED-Leuchtmittel» verwendest, doch bezieht sich das nur auf die Temperatur im Zelt und nicht auf die Effektivität des Lichts.
Die Lösung: Bei der Wattangabe hilft es zu wissen, dass eine Natriumdampflampe (NDL) mit 1000 Watt eine Effektivität von rund 2,1 µmol/J erreicht. Meine LED-Pflanzenlampe ist mit 2,9 µmol/J bei 600 Watt einiges effektiver unterwegs. Allerdings nutze ich sie in der Blüte auf 75 Prozent herunter gedimmt, was dann wiederum 2,175 µmol/J entspricht. Also ungefähr gleich viel, wie eine 1000-Watt-NDL. Daher trage ich im Rechner 1000 Watt ein. Die restlichen Angaben sind durch die Dimensionen der anderen Komponenten gegeben. Ich benötige Rohrventilator und Aktivkohlefilter mit einer Leistung von 336 m³/h.
Will ich um die 300 m³/h befördern, reicht grundsätzlich ein relativ günstiger Rohrventilator. Beinahe passend in unserem Shop wäre etwa der Garden HighPro GHP Profan für 66 Franken. Der ist für 125-mm-Schläuche gemacht und schafft bis 280 m³/h. Genau zu den Anforderungen passend wäre der Siku VKMz 125 Radial für 146 Franken mit 330 m³/h. Als Aktivkohlefilter könnte ich zu einem Rhino Pro 425 m³/h 125 mm greifen, der aktuell 136 Franken kostet. Die Marke Rhino kann ich empfehlen, da ich sie bis anhin genutzt habe und sehr zufrieden war.
Am Ende habe ich noch stärkere Komponenten gekauft. Der Grund: Ich will ein möglichst ruhiges Setup, das hoffentlich lange hält. Folgende Faktoren führen zu einem leiseren Zelt:
Gegenüber meinem alten Grow-Setup bin ich für das neue daher von Lüftungsschläuchen mit 125 Millimeter Durchmesser auf solche mit 160 Millimeter umgestiegen. Eigentlich wollte ich gleich auf 200-mm-Schläuche setzen, doch steigt mit dem Durchmesser auch der Preis der restlichen Komponenten.
Beim Rohventilator nehme ich nach stundenlanger Recherche ein leises Modell, das jedoch überdimensioniert ist. Der Rohrventilator TD-500 Silent (150-160 mm) von Soler&Palau für 315 Franken schafft mit 580 m³/h einiges mehr als die angestrebten 336 m³/h:
Ich könnte ihn voll aufgedreht auch auf einem Filmset für eine Haarspray-Werbung verwenden. Oder als Blasebalg für ein Feuer. Bei mir drosselt ihn ein Stufentrafo herunter.
Beim Aktivkohlefilter wollte ich eigentlich zu diesem Rhino-Pro-Filter greifen, doch der war zum Bestellzeitpunkt nicht verfügbar. Der als Ersatz gewählte Phresh-Aktivkohlefilter hat mich bisher auch nicht enttäuscht:
Dass er für 600 m³ pro Stunde ausgelegt ist, sehe ich nicht als Nachteil. Ich erwarte, dass er dadurch auch länger hält. Ich hoffe, mit dem Phresh P600 gegen acht Grow-Durchgänge zu schaffen. Dann müsste ich erst in acht Jahren einen neuen kaufen.
Beim Soler&Palau Rohrventilator ist zu beachten, dass er ohne Stromkabel und ohne Stufentrafo daherkommt. Mein Trafo mit Bezeichnung Vortice SCNR5-CA (5 Stufen – 110, 125, 150, 180, 220 Volt) war schwer zu bekommen und hat 81 Franken gekostet. Es gibt diesen Trafo derzeit leider nicht in unserem Shop. Nur ein Geschwistermodell mit Bezeichnung SCNR5 (ohne «-CA»), das sich begrenzt eignet. Diese Alternative bringt auf erster Stufe zu wenig Leistung, um den Rohrventilator zu starten. Würde ich ihn auf Stufe zwei starten, könnte ich jedoch danach vermutlich zurück auf Stufe eins, um ihn stark gedrosselt zu verwenden.
Das gesamte Abluftsystem hat mich inklusive Stromkabel, Vorfilterbox, 160-mm-Lüftungsschlauch und drei Schlauchklemmen 828.60 Franken gekostet. Vom Stromverbrauch her geht der Rohrventilator in Ordnung. Obwohl mein neues Abluftsystem leiser als mein altes ist, muss ich zugeben: Besonders gross ist der Unterschied nicht.
Trotzdem passen ein mächtiger Ventilator und Aktivkohlefilter irgendwie besser zur ebenfalls «überdimensionierten» LED-Lampe. Ausserdem machen die Abluftkomponenten nicht einmal ein Drittel der Gesamtkosten des Grow-Setups über 2627.40 Franken aus. Daher bin ich mehr als zufrieden.
Im ersten Artikel dieser Serie habe ich davon geträumt, bald CBD-Gras im Wert von 3600 Franken zu ernten. Bisher sieht es danach aus, dass das klappen wird. Sollte es so weit kommen, wären die Kosten des Setups mit nur einem Grow-Durchgang amortisiert. Allerdings schlägt nach den initialen Kosten auch weiteres zu Buche. Neben den Samen, der Erde, dem Wasser und dem Dünger kostet auch der Strom. Doch wie viel genau? Ich habe die einzelnen Komponenten mit einem Strommessgerät überprüft. Mein Setup zieht während der Blüte über jeweils 12 Stunden pro Tag 548,5 Watt und die restlichen 12 Stunden 69,9 Watt.
Folgende Auflistung zeigt anhand meiner Messergebnisse, wie viele Kilowattstunden Strom ich für meinen jetzigen Grow-Durchgang benötige:
Laut der Eidgenössischen Elektrizitätskommission wird der Strompreis eines typischen Haushalts im Jahr 2024 32.14 Rappen pro Kilowattstunde betragen (plus 18 Prozent gegenüber 2023). Damit kostet ein Grow über 110 Tage rund 242 Franken. Das sind 2.20 Franken pro Tag und 66 Franken pro Monat. Denke ich an die hohen Kosten von fertigen Cannabis-Produkten, finde ich diese Stromkosten in Ordnung.
Ich hoffe, dir hat meine Mini-Cannabis-Serie gefallen. Bis es vielleicht eines Tages mehr davon gibt, verabschiede ich mich. Wild dampfend, mit meinem PAX-Vaporizer und gut duftenden Blüten zur Seite, widme ich mich erstmal wieder weniger umstrittenen Themen aus dem Tech-Bereich.
Titelbild: Martin JudDer tägliche Kuss der Muse lässt meine Kreativität spriessen. Werde ich mal nicht geküsst, so versuche ich mich mittels Träumen neu zu inspirieren. Denn wer träumt, verschläft nie sein Leben.