Produkttest

Wie gut eignet sich ein Naturschwamm als Tampon-Alternative?

Ich habe meinen Tampon gegen einen Naturschwamm getauscht. Er gilt als umweltfreundliche Alternative zu den weissen Wattezäpfchen. Ein Erfahrungsbericht.

Nachtrag: Nach der Veröffentlichung dieses Testberichts habe ich eine Mail von Hera Organics erhalten. Darin wurde ich darauf aufmerksam gemacht, dass ein paar der Punkte, die mir im Folgenden Mühe bereitet haben, schon bald durch Neuerungen verbessert werden sollen. Am Ende des Beitrags liest du, um welche Anpassungen es sich dabei handelt.


Während meiner Periode setze ich auf Tampons. Ganz, ganz viele Tampons. Deshalb wollte ich bereits vor Jahren auf den Menstruationscup umsteigen. Meine Frauenärztin riet mir jedoch davon ab. Nicht, weil der Cup schlecht ist, sondern weil sich der Unterdruck, den er erzeugt, nicht mit meiner Spirale verträgt. Neulich machte mich Kollegin Aline auf die Naturschwämme der Marke Hera Organics in unserem Sortiment aufmerksam: eine Art natürlicher Tampon, der sich wiederverwenden lässt. Definitiv einen Versuch wert.

Erster Eindruck

Die Schwämme kommen in Dreierpacks. Das heisst, in jeder bestellten Box stecken drei Naturschwämme derselben Grösse. Insgesamt sind drei Grössen erhältlich, je nach Stärke deiner Blutung: S, M und L. Einmal ausgepackt wird mir klar: Das ist bloss eine grobe Einschätzung. Da es sich hier um Naturprodukte handelt, variieren die Formen der einzelnen Schwämme stark. Teilweise kann ich die Schwämme unterschiedlicher Grössenkategorien nicht eindeutig auseinanderhalten. Das heisst, dass zum Beispiel ein Schwamm der Grösse M auch gut als ein S durchgehen würde. Trotzdem habe ich mal versucht, mich an die ungefähren Masse der einzelnen Grössen anzunähern:

S ca. 5 cm x 3 cm
M ca. 6 cm x 3,5 cm
L ca. 7 cm x 4 cm

Hier lassen sich die Grössenunterschiede gut erkennen. Von links nach rechts in aufsteigender Grösse: S, M und L.
Hier lassen sich die Grössenunterschiede gut erkennen. Von links nach rechts in aufsteigender Grösse: S, M und L.
Quelle: Natalie Hemengül
Hera Organics Menstruationsschwämme (3 x, Mini)
Tampons
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Laut Hersteller solltest du denselben Schwamm nur für zwei bis drei Zyklen verwenden und ihn dann durch einen neuen ersetzen. Dadurch ist er, zumindest was den Abfall und seine Abbaubarkeit angeht, nachhaltiger als mein Tamponverschleiss. Aber nicht mal annähernd so langlebig wie eine Menstruationstasse, die du je nach Hersteller bis zu zehn Jahre lang verwenden kannst.

Die Vorbereitungen

Bevor ich loslegen kann, muss ich erst noch ein paar Vorbereitungen treffen. Ich zupfe sichtbare Fasern (Kommen die vom Stoffbeutel?) von den Schwämmen und lege sie anschliessend über Nacht zur Reinigung in eine Essig-Wasser-Lösung mit dem Verhältnis 1:2. So steht es nämlich in der Anleitung. Aber so einfach wie es klingt, ist das gar nicht. Die Schwämme saugen sich nur sehr, sehr, seeeeehr langsam voll, weshalb sie zunächst unbekümmert an der Wasseroberfläche tanzen. Damit sie von allen Seiten gleich gut gereinigt werden, beschwere ich sie mit einem Teller. Schon nach der ersten Stunde habe ich ein anderes Problem: Der Essig zieht Fruchtfliegen an. Damit ich meine Periodenschwämme morgen nicht aus einem Fliegenfriedhof fische, stülpe ich ein Sieb über den Teller und denke sehnsüchtig an meine Tampons.

Laut dem Beipackzettel muss ich dieses Reinigungsritual vor und nach meinem Zyklus durchführen.

Siehst du die Fasern?
Siehst du die Fasern?
Quelle: Natalie Hemengül
Die erste Nacht bei mir daheim verbringen die Schwämme zur Reinigung in ein Essig-Wasser-Bad.
Die erste Nacht bei mir daheim verbringen die Schwämme zur Reinigung in ein Essig-Wasser-Bad.
Quelle: Natalie Hemengül

Am nächsten Morgen schwimmen weitere gelöste Fasern im Essigwasser-Pool. Ich spüle die Schwämme unter fliessendem Wasser gründlich aus und untersuche sie wie vom Hersteller angewiesen auf «allfällige Überreste der Natur» wie Steine oder Ähnliches, die in den Löchern stecken könnten.

Die Testphase

Womit ich nicht gerechnet habe: Auch Hera Organics warnt auf dem Instruktionszettel vor der Verwendung mit der Spirale, da sich der Schwamm darin verfangen könnte. Ich bin kurz genervt, entscheide mich dann aber, auf eigenes Risiko den Selbstversuch fortzuführen. Schlimmstenfalls lande ich beim Frauenarzt.

Rein raus, rein raus …

Meine ersten Versuche mache ich unter der Dusche. Denn anders als einen gewöhnlichen Tampon führst du den Schwamm im feuchten Zustand ein. So lässt er sich im Pinzettengriff zwischen Daumen und Zeigefinger zusammendrücken und einführen. So weit zumindest die Theorie. Meine Praxis lässt zu wünschen übrig. Es kostet mich mentale Überwindung, etwas einzuführen, das kein Rückholbändchen hat. Kurz überlege ich, ob ich selbst eins am Schwamm anbringen soll, verwerfe den Gedanken aber schnell wieder.

Ich fühle mich wie damals als Teenie, als ich verzweifelt versuchte, ins Tampon-Game einzusteigen. Es kostete mich damals unzählige Anläufe. Hier ist es nicht anders. Immer wieder drücke ich den Schwamm zu einer länglichen Form zusammen und probiere, ihn einzuführen. Alles in der Hocke. Doch jedes Mal, kurz bevor ich ihm den finalen Schubser geben soll, übermannt mich die Sorge, dass ich das Ding nicht mehr rausbekomme und ich ziehe ihn wieder raus. So geht das 15 Minuten lang. (Wie machen das eigentlich Menschen, die sich ein Diaphragma einsetzen? Grössten Respekt an der Stelle!)

Irgendwann bin ich von mir selbst so genervt, dass ich den Schritt einfach wage. Wer schon mal Tampons verwendet hat, weiss: Wenn du ihn noch spüren kannst, hast du’s falsch gemacht. Dasselbe gilt für den Schwamm. Und den spüre ich definitiv noch. Das heisst, er muss noch mal raus. Ich gehe in die Hocke. Dadurch verkürzt sich laut Hera Organics die Tiefe der Vagina von neun bis zehn Zentimetern auf vier bis fünf Zentimeter. Gleichzeitig spanne ich meinen Beckenboden an und siehe da, der Schwamm lässt sich fassen und herausziehen. Meine Sorge war unbegründet.

Ich wasche den Schwamm nochmals kurz aus und entscheide mich dann, ihn etwas mehr in die längliche Form eines Tampons zuzuschneiden. Das ist laut Instruktionszettel möglich, macht aus meiner Grösse M aber ein S. Klar hätte ich auch direkt zu S greifen können, aber ich bin ja hier, um alle Optionen mal zu testen. Ausserdem ist es gut zu wissen, dass du einen der grösseren Schwämme jederzeit kleiner schneiden kannst. So musst du dir nicht mehrere Packungen in unterschiedlichen Grössen bestellen.

Beim nächsten Anlauf sitzt der Schwamm und ich kann endlich aus der Dusche hüpfen.

Ganz schön faszinierend so ein Schwamm.
Ganz schön faszinierend so ein Schwamm.
Quelle: Natalie Hemengül

So trägt sich der Schwamm

Zunächst traue ich der Sache nicht. Deshalb ziehe ich mir eine Periodenunterhose über. Nur für den Fall. Nach zwei Stunden macht sich der Schwamm früher als erwartet bemerkbar. Ich husche aufs Klo, wo ich eine neue Methode entdecke, ihn einfach zu entfernen: Auf dem Klo sitzend stelle ich meine Füsse auf meinen Squatty Potty (ein Toilettenhocker fürs angenehme, anatomiegerechte Schei …). Dadurch rutscht der Schwamm von selbst runter und ich bekomme ihn zu greifen.

Tipp: Solltest du mal Mühe damit haben, den Schwamm rauszubekommen, kann laut dem Hersteller eine Vaginaldusche helfen. Ein vollgesogener Schwamm rutscht nämlich automatisch runter.

Vollgesogen ist meiner nicht. Ich wasche und drücke ihn aus, bevor ich ihn erneut einführe. Diesmal habe ich drei Stunden Ruhe. Laut Hersteller sollte ich den Schwamm ohnehin alle zwei bis drei Stunden wechseln, maximal jedoch nach sieben Stunden. Dennoch frage ich mich, ob sich der Schwamm im Vergleich zu meinen Tampons schneller bemerkbar macht, weil er bereits beim Einführen durchfeuchtet ist. Das verkürzt die Tragedauer, bis du ihn wieder spürst, hat aber auch den Vorteil, dass du ihn nicht zu lange drin lässt. Und ganz wichtig: Ich habe dadurch das Gefühl, dass nicht das letzte bisschen Feuchtigkeit aus meinem Unterleib gesogen wird.

Auf die sieben Stunden Tragedauer komme ich diese Woche nicht. Mein Maximum liegt bei vier. Auch variiere ich nicht zwischen den unterschiedlichen Grössen, da jeder Schwamm wieder erfordert, dass ich experimentiere, wie ich die Form und Grösse nun am besten platziere. Ausserdem habe ich das Gefühl, dass ich mit meinem zugeschnittenen M bereits das Maximum erreicht habe, das in mir Platz hat. Ausgeblutet bin ich kein einziges Mal. Die Nacht hindurch greife ich lieber zur Binde, da auch bei Naturschwämmen das Risiko des Toxischen Schocksyndroms besteht.

Beim Niesen grüsst mich der Schwamm. Durch die Anspannung im Beckenboden rutscht er etwas raus, wodurch ich dir einen Kontrollblick respektive ein Neu-Einführen empfehlen würde. Bei Tampons geschieht das zwar auch, aber nur, wenn er ganz vollgesogen ist.

Zu Hause ist das Herausnehmen und Auswaschen des Schwamms kein Problem. Knifflig wird’s auf öffentlichen Toiletten. Eine Möglichkeit wäre das Mitführen einer Wasserflasche, mit der du über der Toilette den Schwamm auswaschen kannst. Für mich persönlich ist das aber nichts.

Bleibt die Frage: Wie hygienisch ein Schwamm ist, der während der Woche durchgehend feucht ist und lediglich ausgewaschen wird? Ich habe da Bedenken.

Ein Schwamm der Grösse S neben einem Tampon der Saugfähigkeit «Normal».
Ein Schwamm der Grösse S neben einem Tampon der Saugfähigkeit «Normal».
Quelle: Natalie Hemengül

Mein Fazit

Ja, die Schwämme funktionieren. Und sie geben mir zeitweise sogar das Gefühl, eine naturverbundene Elfe zu sein – bis der Alltag zuschlägt. Für einen gemütlichen Tag Zuhause empfinde ich die Schwämme als sinnvolle Ergänzung im eigenen Menstruations-Hygiene-Portfolio. Wer jedoch viel unterwegs ist und vielleicht noch eine stärkere Blutung hat als ich, dem könnte das häufige Auswaschen und Neueinführen schnell auf den Keks gehen. Ich für meinen Teil bin da nicht so kompromissfreudig, zumal meine Periode schon mit genug anderen Unannehmlichkeiten im Alltag einhergeht. Aber das ist eine Frage der Prioritäten und die setzt jeder anders.

Nachtrag: Hera Organics wird bald eine einfachere Reinigungslösung lancieren, die den Reinigungsprozess verkürzt. In neueren Packungsbeilagen steht, dass die Schwämme auch problemlos mit einer Spirale getragen werden können, dies habe das Hera Organics Team mit einem Ärzteteam abgeklärt. Die 7 Stunden maximale Tragedauer wurden in neueren Beipackzetteln durch 8 ersetzt. Zudem soll bald auch ein Schwamm auf den Markt kommen, der sich leichter entfernen lässt, sowie eine bequeme Lösung, um den Schwamm unterwegs wechseln zu können.

Du magst mehr zum Thema lesen? Im Artikel von Kollegin Maike liest du über das Konzept «Free Bleeding»:

  • News & Trends

    Freies Menstruieren: ohne Hygieneprodukte durch die Periode

    von Maike Schuldt-Jensen

Titelfoto: Natalie Hemengül

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Als Disney-Fan trage ich nonstop die rosarote Brille, verehre Serien aus den 90ern und zähle Meerjungfrauen zu meiner Religion. Wenn ich mal nicht gerade im Glitzerregen tanze, findet man mich auf Pyjama-Partys oder an meinem Schminktisch. PS: Mit Speck fängt man nicht nur Mäuse, sondern auch mich. 


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