Ratgeber

Nie wieder tragische Bremseinlagen

Michael Restin
19.6.2019
Bilder: Manuel Wenk

Fahren? Ging. Bremsen? Ging gar nicht. Mein erster Auftritt auf Inline Skates war ausbaufähig. Community-Mitglied Martin Bommeli hatte Mitleid, lud mich zum Bremskurs ein und zeigt im Video, wie es richtig gemacht wird.

Irgendwann im Frühjahr kam der Tag, an dem ich zum Skater erklärt wurde. «Wir machen ein Rennen: SUV gegen Rollerblades. Simon Balissat gegen Michael Restin.» So stand es da schwarz auf weiss. Meine Bedenken, dass ich seit etwa fünfzehn Jahren nicht mehr auf Skates unterwegs war und sowieso eher der Rollschuh-Typ bin, nahm niemand richtig ernst. Immerhin wurde die Route noch leicht angepasst, um meine Überlebenschancen zu erhöhen. Dann durfte ich mich mit einem Einhorn am Helm über die Langstrasse quälen.

  • Hintergrund

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Es wurde ein enges Rennen, aber kein schöner Anblick für Skater und Ästheten. Simons Maurerdekolleté wurde verpixelt, mein Unvermögen liess sich nicht kaschieren. Besonders mein signature move, die eingestolperte Todesspiralbremse, war für einen User schwer erträglich.

Nun ja, ich hatte Rollerblades an den Füssen. Mit anderen Inline Skates hätte es aber auch nicht besser ausgesehen. Freispruch für alle Blades und Skates dieser Welt. Ich hab's aus Unfähigkeit vermasselt und freue mich über das Angebot.

Viel Luft nach oben

Ein paar Mails und einige Wochen später stehe ich im Rolling Rock Aarau, wo Martin Bommeli als Inline Skating Instruktor arbeitet. Martin ist 33 und hat die Informatik-Karriere auf Eis gelegt, weil Skaten nun mal seine Leidenschaft ist. Seit er 16 ist, gibt er Kurse. Das hört sich gut an. Früher vor allem im Aggressive Inline Skating. Das hört sich gefährlich an. Aber die Basics beherrscht einer wie er natürlich im Schlaf und inzwischen unterrichtet er jedermann. Egal ob gross oder klein, gut oder schlecht. Also dann: Einmal den Bremskurs, bitte! Anschauen kannst du ihn oben im Video, weitere Tipps gibt's im Text.

Okay, bei Martin hat es nicht mehr so viel Luft nach oben. Aggressive Inline Skating ist sein Ding.
Okay, bei Martin hat es nicht mehr so viel Luft nach oben. Aggressive Inline Skating ist sein Ding.

Melone, Zitrone: Plow Stop

Nach ein paar Aufwärmrunden legen wir mit der denkbar einfachsten Technik los. Langsam rollen, Beine auseinander und vorne wieder schräg zusammenführen. «Melone, Zitrone!», ruft Martin, um die Form zu veranschaulichen, der die Skates folgen sollen. Erst weit auseinander, dann wie ein Zitronenzipfel aufeinander zulaufend. Der «Plow Stop» oder Schneepflug ist simpel und funktioniert bei niedriger Geschwindigkeit. Bei mir allerdings nicht. Ich quetsche die Zitrone aus. Meine Skates kollidieren.

Die logische Variante: Heel Stop

Freizeit-Skates haben in der Regel einen Stopper. Mir war schon klar, dass es eine gute Idee wäre, ihn zu benutzen. Schliesslich macht man damit das, was Martin «das normale Bremsen» nennt. Beine zusammenziehen, den Stopper-Skate gestreckt nach vorne schieben und den Bremsklotz kräftig zu Boden drücken, während du im anderen Bein sanft in die Knie gehst. Der Oberkörper ist dabei nach vorne geneigt. Eigentlich nicht schwer und schon nach ein paar Versuchen halbwegs effizient. Aber längst nicht so lässig wie der T-Stop.

Schau her, ist gar nicht schwer: Martin zeigt mir, worauf es beim Heel Stop ankommt.
Schau her, ist gar nicht schwer: Martin zeigt mir, worauf es beim Heel Stop ankommt.

Technik, die begeistert: T-Stop

Wenn du nicht quietschend und in Wadenkrampf-Position per Heel Stop zum Stehen kommen willst, ist der T-Stop eine beherrschbare Alternative. Einfach einen Fuss mittig nachziehen, so dass deine Skates ein T bilden. Mein Problem: Das T ist noch ziemlich schief, ich verdrehe den Fuss oder bin im Oberkörper instabil. «Du bist mehr im L als im T», sagt Martin. Noch ist der T-Stop bei mir so wackelig und schwer zu entziffern wie meine Handschrift, aber die Technik hat Potenzial.

T-Stop rückwärts: Powerslide

Der Powerslide ist schöner als der T-Stop. Wenn Martin ihn vorführt. Im Grunde ist es ein T-Stop im Rückwärtsfahren, bei dem das Bremsbein lang gestreckt nach hinten geschoben wird. Was mich vor diverse koordinative Herausforderungen stellt. Drehen geht, allerdings will mein Kopf nicht in der logischen Richtung über die Schulter gucken. Irgendwas ist in meinem Hirn falsch verdrahtet, entsprechend mies ist mein Powerslide. «Das ist die schwierigste Technik, aber sie ist so effizient wie ein Heel Stop», sagt Martin. Und schiebt nach: «Wenn du sie kannst.» Wahrscheinlich ist es eine gute Idee, zunächst den T-Stop ordentlich zu lernen. Oder doch gleich den Powerstop?

Mögliche Reaktion in dieser Situation: Powerstop? DU?
Mögliche Reaktion in dieser Situation: Powerstop? DU?

Noch mehr Power: Powerstop

Nun wird es für mich völlig utopisch. Beim Powerstop bleiben beide Füsse parallel. Du bremst wie ein Hockeyspieler, indem du mit beiden Skates im letzten Moment eine viertel Drehung machst. Mein Hintern hat mich ein paar Tage lang daran erinnert, dass der Powerstop auf absehbare Zeit nichts für mich ist.

Todesspirale reloaded: Spread Eagle Spinout

Das ist mein Move. Beim Spread Eagle Spinout kommst du in einer Kreisbewegung zum Stehen, die Skates bilden ein breites V wie geöffnete Adlerschwingen. Im Grunde ist es meine Todesspirale, kontrolliert und elegant gefahren.

So schliesst sich der Kreis.

Allerdings kenne ich dank Martin nun mehr Möglichkeiten, meine nicht vorhandene Geschwindigkeit abzubauen. Das nächste SUV-Skate-Duell gewinne ich – oder lasse mich gleich von Martin doubeln, der dann unaufhaltsam über die Langstrasse fliegt. Wie es aussieht, wenn er richtig loslegt, siehst du in seinem YouTube-Kanal.

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Einfacher Schreiber, zweifacher Papi. Ist gerne in Bewegung, hangelt sich durch den Familienalltag, jongliert mit mehreren Bällen und lässt ab und zu etwas fallen. Einen Ball. Oder eine Bemerkung. Oder beides.


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