Hintergrund

Nicht nur die Schweiz liebt Aromat

Jodiertes Speisesalz, Geschmacksverstärker, Milchzucker, Weizenstärke, Hefeextrakt, Gewürze, pflanzliche Öle, Trennmittel, Pilzextrakt. Das ist der Stoff, aus dem Schweizer Würzträume sind – und auch südafrikanische.

Bei Familie Teufelberger stand neben Salz und Pfeffer stets eine Dose Aromat auf dem Tisch. Ausser meiner Stiefmutter würzten alle Familienmitglieder munter drauf los, ohne vorher überhaupt etwas vom Essen probiert zu haben. Aromat war so essenziell, dass es alle immer gleich beim eigenen Teller gebunkert haben, statt es wieder zurück in die Mitte des Tisches zu stellen. So bekam die Streuwürze eines Tages den Übernamen «Privatbesitz», den sie bis heuer – dem Jahr ihres 70. Geburtstags – besitzt.

Knorr Aromat (90 g)
Gewürze + Salz
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CHF3.60 bei 4 Stück CHF50.–/1kg

Knorr Aromat

90 g

Menagen als Marketingstrategie

Auch in jeder Schweizer Beiz, die etwas auf sich hält, bekommt man als Gast die heilige Dreifaltigkeit aus Salz, Pfeffer und Aromat angeboten. Und zwar in Form einer Menage. 30 000 davon hat Knorr bei der Markteinführung im Jahr 1953 gleich selbst an Restaurants verschenkt. Die Strategie ging auf. Bereits ein Jahr später kannten 80 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer die Streuwürze mit dem vom Tessiner Künstler Hans Tomamichel entworfenen Knorrli.

Ein weiterer Faktor trug zum Erfolg bei. Im Gegensatz zu Konkurrenzprodukten – wie zum Beispiel der Flüssigwürze von Maggi – verändert Aromat die Farbe des Gerichts nicht und lässt es so appetitlicher aussehen. Zu verdanken haben wir das Walter Obrist, der nach monatelangem Recherchieren und Probieren die Rezeptur entwickelt hat. Bis heute wird die Streuwürze nach der gleichen Rezeptur im schaffhauserischen Thayngen hergestellt.

Zum 70. Geburtstag wurde nun erst gerade von Boulevard-Zeitungen der Aromat-Notstand ausgerufen, weil landesweit ein paar Regale leer waren. «Aromat erfreut sich auch und vor allem zum 70. Geburtstag grosser Beliebtheit und daher kann es vorkommen, dass da oder dort Lücken in den Regalen entstanden sind», sagt die Presseabteilung von Unilever, dem Konzern, zu dem Knorr und daher auch Aromat gehört. «Spätestens nächste Woche sollten auch entstandene Lücken wieder geschlossen werden.»

In Südafrika beliebt dank viel Emotionen

Obwohl Aromat weltweit vertrieben wird, gibt es nur ein anderes Land, in dem Aromat ähnlich beliebt ist wie in der Schweiz: Südafrika. Eine Bekannte aus Johannesburg, die in einem kleinen Dorf in der Halbwüste Karoo aufgewachsen ist, bestätigt, dass Aromat in vielen südafrikanischen Küchen zu finden ist. Warum ausgerechnet Südafrika? Auch die Presseabteilung von Unilever kann nur mutmassen. «Einerseits wird in der Kommunikation sehr viel Fokus auf Emotionalisierung gelegt, statt nur funktionale Benefits zu kommunizieren. Andererseits gab es in Thayngen eine Exportabteilung, die viel Aromat nach Afrika verkauft hat. Eventuell rührt auch daher die Beliebtheit.»

Noch nie habe ich das Wort «unique» so oft verwendet gesehen.
Noch nie habe ich das Wort «unique» so oft verwendet gesehen.
Quelle: Unilever

Der Erfolg der gelben Streuwürze scheint seit 70 Jahren ungebrochen und das obwohl der Geschmacksverstärker Glutamat in Westeuropa schon seit Jahren verteufelt wird. Er wird als unnatürlich und daher ungesund angesehen, was so aber von keiner Studie bestätigt werden konnte. Trotzdem steht genau aus diesem Grund – und dass auch Palmöl im Aromat ist – in meinem Gewürzschrank schon seit Jahren kein Aromat mehr. Dafür benutze ich jetzt Herbamare. Das ist bio, vegan und frei von Zusatzstoffen. Also alles, was sich jemand wie ich wünscht, der mitten in Zürich wohnt, auf dem überteuerten Wochenmarkt einkauft und ja nie ein Plastiksäckli nimmt.

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Meinen Horizont erweitern: So einfach lässt sich mein Leben zusammenfassen. Ich liebe es, neue Menschen, Gedanken und Lebenswelten kennenzulernen,. Journalistische Abenteuer lauern überall; ob beim Reisen, Lesen, Kochen, Filme schauen oder Heimwerken.


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