
Hintergrund
Wie Kaffee und Rizinus Sneaker nachhaltiger machen
von Vanessa Kim
Die Modebranche ist eine der schmutzigsten. Öko-Siegel sollen Licht ins Dunkel bringen und dir zeigen, welche Textilien sauber produziert worden sind. Doch nur, wenn du weisst, was sie bedeuten.
GOTS, Oeko-Tex und Bluedesign – Nachhaltigkeitslabels und -initiativen gibt’s wie Sand am Meer. Sie anerkennen Textilien aus grünen Materialien, nachhaltig produzierende Betriebe oder Unternehmen, die sich sozial engagieren. Doch worauf musst du bei den Siegeln achten und was bedeuten sie eigentlich? Ein Überblick.
Das GOTS-Textilsiegel ist der führende Standard für die Verarbeitung von Bekleidung aus biologisch erzeugten Naturfasern und deren Produktionsstätten. Das Nachhaltigkeitslabel kennzeichnet Produkte, die mindestens zu 70 Prozent aus kontrolliert biologischen Naturfasern wie Baumwolle bestehen. Ausserdem unterscheidet es zwischen Fasern «aus kontrolliert biologischer Landwirtschaft» (kbA) und «kontrolliert biologischer Tierhaltung» (kbT). Das Ziel von GOTS ist das Etablieren eines weltweit einheitlichen sozialen und ökologischen Standards, der die ganze Produktionskette von Kleidungsstücken umfasst. Die Bedingung für Labels ist ein Lizenzvertrag mit GOTS, indem sie sich verpflichten, sämtliche Kriterien einzuhalten. Die Kontrollen finden jährlich statt. Zudem werden auch unangemeldete Besuche stichprobenartig durchgeführt.
Kritik: In puncto soziale Standards richtet sich das Nachhaltigkeitslabel nach den Kriterien der Internationalen Arbeitsorganisation. Kritiker:innen gehen diese nicht weit genug, um Arbeiter:innen zu schützen. Ausserdem werden Fell- und Lederprodukte nicht berücksichtigt.
Das Bluesign-System der Schweizer Bluesign Technologies AG schliesst umweltschädliche Substanzen komplett aus dem Herstellungsprozess aus. Das kommt nicht nur Konsument:innen zugute, sondern auch der Umwelt und den Arbeitnehmenden. Statt den Fokus nur auf problematische Reststoffe im Endprodukt zu legen, bezieht es die Betriebe mit ein. Wenn ein Produkt das Bluesign-Siegel trägt, ist es zu mindestens zu 90 Prozent in zertifizierten Betrieben verarbeitet worden.
Kritik: Dieser Nachhaltigkeitsstandard schliesst keine Fasern aus. Der Einsatz von natürlichen, synthetischen und rezyklierten erschwert den Textilkreislauf.
Oeko-Tex ist der Zusammenschluss aus 18 unabhängigen Instituten in Europa und Japan. Hierbei handelt es sich um ein Zertifizierungssystem, das sämtliche Herstellungsstufen von Textilien und Leder umfasst.
Standard 100 by Oeko-Tex:
Kleidungsstücke mit diesem Siegel enthalten keine gesundheitsschädlichen Chemikalien. Der Fokus liegt allerdings nur auf dem Endprodukt. Bei diesem Label wird nicht berücksichtigt, welche Stoffe beim Anbau oder Färben zum Einsatz kommen. Wissenswert: Auch Textilien aus Kunstfasern können dieses Siegel tragen.
Step by Oeko-Tex:
Dieses Label (ehemals: Standard 1000 by Oeko-Tex) ist die Weiterführung des Standard 100 by Oeko-Tex. Der Fokus gilt den Betrieben selbst. Für die Zertifizierung müssen sie gewisse Kriterien erfüllen. Diese sind unter anderem das Einsparen von Energie, das Einhalten von Abwasserregelungen und der Verzicht auf umweltbelastende Farbstoffe und Pestizide.
Made in Green by Oeko-Tex:
Das Zertifikat steht für nachverfolgbare Textilien und Lederartikel aus umweltfreundlichen und sozialverträglichen Betrieben und Arbeitsplätzen. Die Textilien sind gemäss dem Standard 100 by Oeko-Tex geprüft. Die Lieferkette kann dank eines QR-Codes oder einer Produkt-ID von den Konsument:innen nachverfolgt werden.
Kritik: Weil das Nachhaltigkeitslabel auch Misch- und Recyclingfasern erlaubt, sind die Textilien nur bedingt kreislauffähig. Ausserdem ist der Name irreführend und kann missverstanden werden: «Oeko» steht nicht für ökologisch produzierte Kleidung aus Naturfasern.
Die gemeinnützige Organisation sieht sich als eine Lerninitiative, die sich für bessere Arbeitsbedingungen und Löhne von Textilmitarbeiter:innen einsetzt. Der «Code of Labour Practices»-Kodex beruht auf internationalen Standards. Er setzt acht Arbeitsnormen voraus, die aus der Menschenrechtserklärung abgeleitet sind: darunter keine Diskriminierung am Arbeitsplatz und keine Kinderarbeit. Zertifikate vergibt die Organisation keine. Mitglieder können allerdings mit dem «Fair Wear»-Logo werben. Jedes Modelabel, das sich ihren Grundsätzen anschliesst, kann Mitglied werden. Um dauerhaft ein Teil davon zu sein, müssen allerdings die Grundvoraussetzungen erfüllt sein. Diese werden jedes Jahr überprüft. Vorbildlich agierende Marken bekommen den «Leader Status». Die Fortschritte der teilnehmenden Brands kannst du online abrufen.
Kritik: Die FWF ist kein Garant für fair hergestellte Produkte. Die Mitglieder sind verpflichtet, die Umsetzung der Standards anzustreben, jedoch ist nicht jeder Brand gleich weit fortgeschritten.
Das Logo der Tierschutzorganisation PETA ziert zu 100 Prozent vegane Textilien. Will heissen, dass darin keine Wolle, Seide, Leder und Pelze enthalten sind. Tierische Inhaltsstoffe sind tabu. Es soll tierfreundlichen Modeunternehmen ermöglichen, ihre veganen Produkte besser zu kennzeichnen. So wissen Kunden:innen auf den ersten Blick, ob fürs Textil der Begierde ein Tier leiden musste. Eine Liste mit den teilnehmenden Fashionlabels findest du hier.
Kritik: Das Siegel ist streng genommen gar kein Zertifikat. Allerdings ist es für die Konsument:innen hilfreich.
Die B Corporation-Zertifizierung wird von der Non-Profit-Organisation B Lab vergeben. «B» steht für «beneficial». Damit sind Firmen gemeint, die sich für eine nachhaltige und faire Wirtschaft einsetzen. Ihr Fokus liegt nicht auf der Gewinnsteigerung, sondern auf der Gemeinschaft und dem Lösen von Umweltproblemen. Der globalen Bewegung gehören mittlerweile fast 4000 Firmen an, die freiwillig verifizierte Standards in Sachen Gesellschaft und Umwelt aufrecht hält. Wer Mitglied werden will, muss ein Online-Formular ausfüllen – alle Angaben müssen belegt werden.
Kritik: Weil das Label auf Selbstdeklaration beruht, finden vor Ort keine Kontrollen statt.
Das «Cradle to Cradle Products Innovation Institute» in San Francisco ist eine gemeinnützige Gesellschaft, die den «Cradle to Cradle Certified»-Standard verwaltet. Ziel ist es, die Herstellung von Produkten nachhaltig zu machen. Die Kreislaufwirtschaft steht dabei im Zentrum: ein Wirtschaftssystem ohne Abfall. Die Rohstoffe sind nach Gebrauch biologisch abbaubar oder können zu neuen Produkten weiterverarbeitet werden. Giftige und umweltschädliche Stoffe sind tabu. Voraussetzung für eine Zertifizierung ist eine transparente Darstellung aller Inhaltsstoffe und des Produktionsprozesses. Ausserdem müssen die Betriebe ein umfassendes Zertifizierungsverfahren absolvieren: Laut dem Produktstandard werden dabei die Materialien, Verarbeitungsprozesse, ein verantwortungsvoller Umgang mit Wasser und faires Agieren bewertet. Alle zwei Jahre erfolgen Kontrollen.
Kritik: Um in grossem Masse komplett abfall- und schadstofffrei zu wirtschaften, ist ein neues Wirtschaftssystem nötig.
Welche Nachhaltigkeitssiegel interessieren dich noch? Lass es mich in der Kommentarspalte wissen. Teil 2 folgt demnächst.
Wenn ich mal nicht als Open-Water-Diver unter Wasser bin, dann tauche ich in die Welt der Fashion ein. Auf den Strassen von Paris, Mailand und New York halte ich nach den neuesten Trends Ausschau und zeige dir, wie du sie fernab vom Modezirkus alltagstauglich umsetzt.