

Wie Kaffee und Rizinus Sneaker nachhaltiger machen

Weil die Nachfrage nach Sneakern aus rezyklierten Materialien steigt, tüfteln Schuhlabels mit Hochdruck an grünen Produktionsmethoden. Ein kleiner Überblick.
Pro Jahr landen weltweit rund 300 Millionen Paar Sneaker im Abfall. Recycling ist in den seltensten Fällen möglich, da die Schuhe aus diversen Materialien wie Leder, Schaumstoff, Gummi und Plastik bestehen, die miteinander verklebt sind. Darum fallen nicht nur bei der Produktion, sondern auch beim Entsorgen viele CO₂-Emissionen an.
Um möglichst klimaneutral zu agieren, werden Marken immer erfinderischer. Im Fall von Rens sind die beiden Gründer Jesse Tran und Son Chu bei ihrer Recherche auf Kaffeesatz gestossen. Gemäss dem finnischen Start-up sollen pro Jahr weltweit rund sechs Millionen Tonnen davon entsorgt werden. Diesen «Abfall» macht sich Rens zunutze, indem es das Pulver trocknet, vermahlt und anschliessend mit rezykliertem PET verschmilzt. Das Resultat sind die klimaneutralen «Nomad»-Sneaker, in denen sich pro Paar 21 Tassen Kaffeesatz und sechs Plastikflaschen befinden. Der Vorteil des Materials ist neben dem Nachhaltigkeitsaspekt, dass es Gerüche neutralisiert, UV-resistent ist und Feuchtigkeit absorbiert. Für die Realisierung dieses Projekts setzt das junge Label finanziell auf Kickstarter und spannt zudem mit der Klimaschutzorganisation Climate Partner zusammen, um seine CO₂-Emissionen zu kompensieren.
Doch nicht nur Start-ups, sondern auch alteingesessene Sportartikelhersteller möchten ihren ökologischen Fussabdruck langfristig reduzieren. Nike hat gerade eine Kooperation mit dem Biotech-Unternehmen «Newlight Technologies» bekannt gegeben. Künftig soll «AirCarbon» Kunstleder ersetzen. Das Biomaterial besteht zu 40 Prozent aus Sauerstoff und zu 60 Prozent aus Kohlenstoff aus Treibhausgasen. Für die Herstellung kommen Meeresmikroorganismen zum Einsatz, die Kohlenstoff und Sauerstoff und Treibhausgase essen und durch ihre Zellen in AirCarbon umwandeln. Mit dem CO₂-negativ zertifizierten Material, das zu diversen Formen geschmolzen werden kann, will der Sportartikelhersteller künftig seinen ökologischen Fussabdruck verringern.
Die Schweizer Marke On geht mit «Cyclon» einen Schritt weiter und setzt komplett auf Kreislaufwirtschaft. Die neuen Laufschuhe aus Rizinusbohnen sind frei von Farbstoffen und zu 100 Prozent rezyklierbar. Um den Rücklauf seiner Performance-Schuhe zu gewährleisten, ist der Cyclon nur als Abo bestellbar. Wer sich dafür entscheidet, bekommt ab diesem Herbst für 35 Franken pro Monat ein Schuhpaar zugeschickt und kann es, sobald es ausgelatscht ist – frühestens jedoch nach sechs Monaten – gegen ein neues eintauschen. Die alten nimmt On entgegen, rezykliert sie fachgerecht und stellt daraus neue her. Damit schliesst das Label den Kreislauf.
Pflanzliches Gerben
Eine weitere Krux ist die Tatsache, dass viele Sneaker aus Leder hergestellt werden. Die Nachfrage nach den Tierhäuten ist mittlerweile so hoch, dass es sich dabei schon längst nicht mehr um ein Abfallprodukt der Fleischindustrie handelt. Aus diesem Grund setzt die Marke ecco bei ihren Schuhen bewusst nur auf Leder aus der Fleischindustrie und achtet dabei auf eine möglichst tierfreundliche Haltung. Ausserdem verwendet das dänische Label in seinen Gerbereien «DriTan». Diese Technologie spart grosse Wassermengen ein, weil sie sich die in den Häuten bereits enthaltene Feuchtigkeit zunutze macht. Zusätzlich kommen kaum Chemikalien zum Einsatz.

Diese Giftstoffe sind besonders in Ländern mit geringen Umweltschutzauflagen ein Problem. Die krebserregenden Schwermetalle wie Chrom kommen beim Gerben zum Einsatz und belasten nicht nur die Umwelt, sondern machen auch die Arbeiter:innen krank. Darum greifen nachhaltige Schuhlabels zu pflanzlich gegerbtem Leder. Bei Veja – hier ist wider Erwarten bloss jeder dritte Sneaker vegan – wird es mit natürlichen Akazienextrakten behandelt. Zudem bezieht die französische Marke ihr Leder aus Gerbereien, die von der «Leather Working Group» geprüft und mit Gold zertifiziert sind. Will heissen, dass die teilnehmenden Gerbereien ihren ökologischen Fussabdruck proaktiv verringern, indem sie ihren Wasser- und Energieverbrauch reduzieren und die Rückverfolgbarkeit des Leders offen darlegen.
Kunstleder
Wer ganz auf Leder verzichten will, greift zu veganen Alternativen, die zurzeit wie Pilze aus dem Boden schiessen. Für sein Sneaker-Modell «Bradley» setzt der kalifornische Brand Clae beispielsweise auf veganes Kaktusleder. Hierfür werden Feigenkakteen in biologisch bewirtschafteten Mischkulturen angebaut und die Triebe alle sechs bis acht Wochen geerntet. Dabei sollen die Sukkulenten nicht beschädigt werden. Nach der Ernte trocknen diese Triebe an der Sonne, ehe sie mittels des patentierten «Desserto»-Verfahrens zu einer weichen Lederalternative verarbeitet werden. Seit diesem März ist das vegane Kunstleder Peta-zertifiziert. Um nochmals kurz auf Veja zu sprechen zu kommen: Zwar nicht «Peta approved» aber zumindest auf der Empfehlungsliste der Tierschutzorganisation steht übrigens der «SDU», der aus rezyklierten Plastikflaschen, Zuckerrohr und veganen Wildledereinsätzen aus Mikrofaservlies besteht.

Faires Handeln
Das österreichische Unternehmen Think! bringt’s auf den Punkt: Nachhaltigkeit basiert nicht nur auf umweltbewussten Materialien, sondern ist auch langlebig, sozial und vor allem fair. Schliesslich leiden Umwelt und Arbeiter:innen unter den schlechten Arbeitsbedingungen bei der Produktion Um mit gutem Beispiel voranzugehen, agiert der Schuhhersteller gemäss den «Fair Wear Foundation»-Richtlinien und garantiert nicht nur gesunde und sichere Arbeitsbedingungen, sondern auch faire Löhne und Arbeitszeiten. Weil Nachhaltigkeit zu Ende gedacht werden muss, beschäftigt Think zudem Menschen mit körperlicher oder geistiger Beeinträchtigung.
Do it yourself
Das Schweizer Start-up Vyn mit Sitz in Basel agiert ganz getreu dem Eckpfeiler «Langlebigkeit» von Think!. Basierend auf ihrer langjährigen Berufserfahrung auf dem internationalen Modeparkett haben die beiden Designer Catherine Meuter und Stefan Mathys einen langlebigen Sneaker entworfen. Die Schwachstellen der meisten Schuhe sind die Aussen- und Innensohle sowie das Fersenfutter. Weil sie verhältnismässig schnell kaputtgehen, hat Vyn die passende Lösung parat: Einen Schuh, den du ganz einfach selbst reparieren kannst. Möglich macht’s ein Klickmechanismus in der Sohle. So kannst du den abgenutzten Absatzfleck jederzeit durch einen neuen ersetzen. Dasselbe gilt für die Innensohle aus Kork. Und damit die Fersenpartie nicht so schnell abnutzt, ist sie mit einer zusätzlichen Lederschicht bezogen. Auf diese Weise verlängerst du den Lebenszyklus deiner Sneakers. Neben austauschbaren Absätzen ist im Lieferumfang der Vyn-Sneaker ausserdem ein Pflegeset sowie ein Schuhspanner aus Zedernholz enthalten. So bleibt das Leder in Form und bricht nicht.
Indem du deine Sneaker regelmässig pflegst, bleiben sie länger schön. Denn es bringt nichts, wenn du beim Kauf zwar auf Nachhaltigkeit achtest, aber nicht umweltbewusst agierst und die Treter vorzeitig im Abfall entsorgst.


Wenn ich mal nicht als Open-Water-Diver unter Wasser bin, dann tauche ich in die Welt der Fashion ein. Auf den Strassen von Paris, Mailand und New York halte ich nach den neuesten Trends Ausschau und zeige dir, wie du sie fernab vom Modezirkus alltagstauglich umsetzt.