
Becca Cosmetics schliesst – weshalb jetzt andere Brands folgen könnten

Erst kürzlich hat der Kosmetikhersteller Becca verkündet, dass es den Brand bald nicht mehr geben wird. Bleibt das ein Einzelfall oder stehen weitere Beauty-Marken vor dem Ende? Eine Einschätzung.
Becca wird eingestellt. Das verkündete die Marke via Social Media. Dabei sah es für die Tochterfirma von Estée Lauder Companies von aussen betrachtet gar nicht so schlecht aus: Grosse Kollaborationen mit Stars wie Khloé Kardashian und Chrissy Teigen sowie YouTubern und Co. waren an der Tagesordnung. Trotz – oder genau wegen – solchen Aktionen schliesst Becca nun die Türen. Laut dem Statement war die Pandemie ausschlaggebend für den Entscheid.
Becca Cosmetics, seit 20 Jahren im Geschäft, hat weltweit die Sephora Counter erobert und Produkte lanciert, die aus dem Markt kaum mehr wegzudenken sind. Bekannt wurde der Brand, der sich auf natürliche, glowy Make-up-Produkte spezialisiert hat, insbesondere durch seine Highlighter. «Champagne Pop», eine Kreation, die in Zusammenarbeit mit YouTuberin Jaclyn Hill entstand, ist, so wage ich zu behaupten, der populärste Highlighter aller Zeiten. Er schrieb ein Stück Beauty-Geschichte. Umso unglaublicher die Nachricht, dass der Brand Ende September dieses Jahres von der Bildfläche verschwinden soll.
Die Frage steht im Raum: Wird es anderen Brands bald ähnlich ergehen?
Ich sage ja.
Schlechtes Timing und Löcher im Portemonnaie
2020 wurden viele Make-up Launches situationsbedingt um mehrere Monate, teilweise sogar um ein ganzes Jahr verschoben. Die Folge: Einnahmen fielen aus und Kollektionen mit saisonalem Bezug wurden zu einem späteren, häufig unpassenden Zeitpunkt herausgebracht. So war beispielsweise der Enthusiasmus für eine Sommerkollektion im Herbst entsprechend gedämpft. Zudem überlegen es sich die Konsumentinnen und Konsumenten in Krisenzeiten dreimal, ob sie ihr Geld in Make-up investieren wollen.


Die Nachfrage schwindet, doch das Angebot wächst. Nicht nur an Produkten, sondern auch an Brands. Speziell High-End-Brands. Als High-End wird die Preisklasse zwischen Drogerie und Luxus bezeichnet. Also quasi das mittlere Stück des Preisbandes. Da lässt sich auch Becca verorten. Früher brachten Stars ihr eigenes Parfüm heraus, heute gleich ganze Beauty-Labels. Rihanna machte es mit Fenty Beauty erfolgreich vor. Alle machen nach. Ganz zu schweigen von den vielen YouTuber-Linien. Mittlerweile ist fast jeder eingesessene Beauty-Guru auch ein Brandowner. Und dann sind da noch die unzähligen Indie-Brands, die mit viel Kreativität und Top-Qualität Individualität verkaufen. Zwei Zutaten, die besonders den etablierten Brands abhanden gekommen sind. Die Konkurrenz für die eingesessenen Marken unter den Konzerndächern von L’Oréal, Estée Lauder und Coty ist also immens. Zwar kaufen diese grossen Player immer wieder einzelne Brands auf, der Fall Becca zeigt aber, dass dies kein Erfolgsgarant ist.
Beauty ist auch nicht gleich Beauty. Während die Pandemie laut McKinsey sowohl die dekorative Kosmetik als auch die Parfümhersteller hart trifft, haben in den USA besonders Haut- und Haarpflege sowie Bad- und Body-Produkte von der Krise profitiert. Auch DIY-Beauty erlebte einen Aufschwung. Wegen geschlossener Salons wurden die Haare im Alleingang gefärbt, die Nägel selbst manikürt. Die Nachfrage nach Lidschatten, Lippenstiften, Blush und Co. ist laut MBS hingegen gesunken.
Auch die Verfügbarkeit diverser Brands dürfte eine Rolle spielen. Während neuere Marken zu Beginn fast ausschliesslich online erhältlich sind, sind Marken wie Becca auf On-Counter-Verkäufe angewiesen, wo ihre Kundschaft auch eine Beratung in Anspruch nehmen kann. Schwierig, wenn die Läden immer wieder schliessen müssen und keine Tester mehr zur Verfügung stehen.
Wen trifft es als nächstes?
Ein Meer an Auswahl, finanziell eingeschränkte Kunden sowie ein Rutsch von dekorativer Kosmetik in Richtung Pflege: Meiner Meinung nach wird Becca im Jahr 2021 kein Einzelfall bleiben. Wohlhabende Menschen werden sich nach wie vor ihren Luxus aus dem hochpreisigen Segment gönnen. Drogeriebrands werden sich stärker als preiswerte Alternative für das High-End-Segment etablieren, weshalb ein grosser Teil der bisherigen High-End-Kunden allmählich in den Drugstore-Bereich abwandern. Damit dürfte es besonders im Bereich High-End für die Brands eng werden. Speziell Marken mit Counter-Politik, die in der Vergangenheit ihr Geld primär mit Lippenstiften und Complexion-Produkten gemacht haben. Denn diese Produkte sind in unserer neuen Realität, sprich unter der Maske, niemandem von Nutzen.


Als Disney-Fan trage ich nonstop die rosarote Brille, verehre Serien aus den 90ern und zähle Meerjungfrauen zu meiner Religion. Wenn ich mal nicht gerade im Glitzerregen tanze, findet man mich auf Pyjama-Partys oder an meinem Schminktisch. PS: Mit Speck fängt man nicht nur Mäuse, sondern auch mich.