

Wie mein jahrelanger Kampf für einen schönen Rasen endlich belohnt wurde
Mein Rasen und ich: Eine lange und vor allem leidvolle Geschichte. Wie es mir gelang, aus einer braunen Brache wieder eine Rasenfläche zu züchten – und dabei aber unseren Gemeinschaftsrasen «abzufackeln».
Wenn ich bei uns zu Hause nur das Wort «Rasen» in den Mund nehme, verwerfen meine Frau und meine beiden Kinder die Hände, verdrehen die Augen und beginnen zu fluchen. Dabei habe ich es immer nur gut gemeint – für mich, meine Familie und unseren Rasen.
Doch der Reihe nach: Unser Garten ist nicht gross. Das hat zwar den Vorteil, dass sich die Garten- und Rasenpflege in überschaubarem Rahmen hält. Der Nachteil: Ein Kinderplanschbecken und zwei Sonnenliegen, und schon ist die Rasenfläche komplett belegt. Hinzu kam, dass die Rasenfläche nach hinten leicht abschüssig war – sich dieser Teil also gar nicht nutzen liess.
Wenigstens diesen Umstand wollte ich vor gut zwei Jahren beseitigen, indem ich den Rasen vom hinteren Ende her mit zusätzlicher Erde aufgeschüttete. Zu diesem Zweck liess ich mir von einem Bauern im Dorf zwei Kubikmeter allerfeinste Humuserde liefern. Nachdem alles schön ausgeebnet war, brachte ich die Rasensamen aus. Mein Plan war es, dass der Rasen bis im Sommer so weit gewachsen war, dass er sich nutzen liesse – vor allem für unser Planschbecken. Tatsächlich wuchs das Gras, wenn auch nur sehr langsam. Doch wirklich Freude bereitete er mir nicht. Der Graswuchs war weniger dicht als das Haar von Trainer-Legende Gilbert Gress. Kaum hatte ich das Gras wieder geschnitten, war zwischen den einzelnen Büscheln die braune Erde sichtbar.

Quelle: Martin Rupf
Schuld war nicht ich: Der Landwirt hatte mir falsche Erde geliefert
Erst dachte ich mir nichts Böses dabei. Das Gras braucht wohl einfach Zeit, bis er sich in dichtem, saftigem Grün präsentiert. Sommer, Herbst und Frühling zogen ins Land. Doch auch im darauffolgenden Frühling dachte mein Rasen nicht daran, zu alter Stärke zurückzufinden. Langsam dämmerte es mir, dass es vielleicht an der Erde liegen könnte. Eine kurze Internet-Recherche bestätigte meine Befürchtungen. Generell ist es ratsam, Erde zu wählen, die Voraussetzungen für einen trockenen und gut durchlüfteten Boden schafft. Als ideal erweist sich etwa sandige Lehmerde, wobei der Lehmanteil wegen Staunässe nicht zu gross sein darf. Die beschriebene Eigenschaft der idealen Rasenerde entsprach ganz offensichtlich nicht meiner Humuserde.
Also rief ich nochmals den Bauer an, der mir die falsche Erde geliefert hatte. Falsch deshalb, weil ich ihn seinerzeit über den Sinn und Zweck der bestellten Erde informierte. «Ja, reine Humuserde ist tatsächlich nicht ganz ideal für eine Rasenaussaat», so der Bauer lapidar. Warum hast Du mir das nicht früher gesagt, schoss es mir durch den Kopf. Immerhin. Der Bauer bietet mir an, dass ich mich kostenlos an einem anderen Erdhaufen bedienen darf – mit der richtigen Erde wohlgemerkt. Wahrscheinlich seinem schlechten Gewissen geschuldet, lieh er mir gleich noch einen benzinbetriebenen Gartenfräse.

Quelle: Martin Rupf
Ich stelle die Anbauschlacht nach
Meine nächsten Arbeitsschritte bestanden darin, erst einen Teil der untauglichen Humuserde zu beseitigen, die neue, lehmhaltige Erde aufzutragen und diese dann mit dem Gartenfräse unter die untere Schicht zu mischen. So muss es sich wohl in den 1940er-Jahren während der Anbauschlacht angefühlt haben.

Quelle: Martin Rupf
Nach rund einer Stunde pflügen ist der Boden, äh Acker bereit, besät zu werden.

Quelle: Martin Rupf
Als Nächstes kaufe ich mir reichlich Rasensamen aller möglichen Marken und sähe diese.
Zuletzt trete ich den Boden fest. Dies tue ich, indem ich mit selbstgebastelten Holz-Tretern eine knappe halbe Stunde hin und her über die Fläche spaziere. Ein Bild, an das sich meine Kinder wohl noch als Erwachsene erinnern werden.

Quelle: Martin Rupf
Vielleicht muss ich hier noch – zur kompletten Belustigung aller – erwähnen, dass ich all das Mitte Oktober tat. Dies nicht zuletzt, weil die Wetterprognosen bis Anfang November noch warmes Spätherbst-Wetter versprachen.
Dass diese Hoffnung nicht unbegründet war, bewies übrigens meine Tochter. Denn exakt zur gleichen Zeit pflanzte sie ihren magischen Fee-Garten an.
Und das sehr erfolgreich. Schon nach wenigen Tagen erstrahlte ihr kleiner Fee-Garten in saftigem Grün.

Quelle: Martin Rupf
Frostiges Wetter, frostiges Klima unter Nachbarn
Mein Plan, noch vor dem Wintereinbruch einen schönen Rasen hinzubekommen, ging derweil zünftig in die Hose. Denn die Rasensamen dachten nicht daran, zu spriessen. Da nützte es auch nichts (mehr), dass ich die Rasensamen mit Vlies vor der Kälte zu schützen versuchte.



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Das Resultat: In den folgenden vier Wintermonaten durften wir eine braune Fläche bestaunen.

Quelle: Martin Rupf
Einen kurzen Moment dachte ich daran, mir einen nicht kostspieligen Rollrasen zu kaufen, liess es dann aber bleiben.
Wahrscheinlich ist das auch der Grund, weshalb mich meine Nachbarn von links und rechts seit Monaten nicht mehr grüssen. Wir wohnen so dicht aneinander, dass auch sie sich einen Winter lang am braunen Ackerland ergötzen durften. Immerhin lag während einigen Tagen ein wenig Schnee und das Braun verschwand für kurze Zeit unter einer weissen Decke.
Nun, die Tage zogen ins Land und wurden ab dem 21. Dezember wieder länger. Interessant war, dass sogar in den kalten Wintermonaten ein ganz wenig Rasen wuchs. Mitte März war es dann soweit: Endlich konnte ich mich wieder meinem heiligen Rasen(projekt) widmen.

Quelle: Martin Rupf
Schon nur die Ankündigung, dass ich wieder in die Rasen-Schlacht zu ziehen gedachte, brachte meine Familie in Wallung. Ich versprach: Wenn der Rasen bis Ende April nicht einigermassen in Schuss ist, dann war’s das. Dann gibt’s entweder einen Kiesplatz, oder noch besser: Ich giesse einfach Beton drüber und mache einen Mini-Basketballplatz aus meinem Vorgarten.
Quarzsand als Wunderwaffe für den ideale Rasen-Boden
Damit mein Vorhaben endlich, endlich gelingen konnte, deckte ich mich mit kiloweise Rasensamen und Dünger ein.
Zudem bestellte ich mir Quarzsand. Denn auch hier habe ich mich schlau gemacht. So werden beim Sanden Rasenflächen ebener, die Bodenstruktur verbessert sich und der Untergrund wird gesünder und weniger anfällig für Krankheiten. Konkret: Dank Sand ist der Boden durchlässiger, es gibt weniger Pilzbefall, weniger Moosbildung und der Rasen wird insgesamt robuster.



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Es zeigte sich aber schnell, dass meine bestellte Menge wohl nicht ausreichen wird. Denn pro Quadratmeter werden zwischen vier und sieben Kilogramm Quarzsand empfohlen. Aber gut, immerhin zehn Kilogramm Sand habe ich verstreut.
Auf eine Düngung habe ich vorerst verzichtet. Auch nicht mit meinem Kaffeesatz, den ich seit ein paar Monaten nicht mehr den Abfluss runterschütte, sondern als Pflanzendünger verwende.
Für Rasen eignet sich Kaffeesatz als Dünger sowieso nur sehr bedingt. Schlimmer noch: Falsch angewendet schadet Kaffeesatz als Dünger mehr, als er nützt.
Selbst Frost-Nächte konnten mich nicht mehr in die Knie zwingen
Dieses Mal schien es gut zu kommen. Insbesondere erwies sich mein Timing als viel günstiger als noch im Herbst. Zwar gab es im März noch zwei, drei Nächte mit Minusgraden und mein Vlies kam nochmals zum Einsatz.

Quelle: Martin Rupf
Und auch die Tatsache, dass sich der Frühling dieses Jahr ungewöhnlich lange Zeit liess, konnte meinem ehrgeizigen «Ende-April-steht-mein-Rasen»-Projekt nichts anhaben.
Und tatsächlich: Ende April präsentierte sich unser kleiner Garten fast vollständig in Grün.

Quelle: Martin Rupf
Ich freue mich bereits jetzt auf den ersten Schnitt. Und darauf, im Sommer das Planschbecken auf dem Rasen aufzustellen. Zwar sind meine acht- und zehnjährigen Kinder eigentlich zu alt für das kleine Planschbecken. Aber ganz sicher habe ich jetzt nicht bald zwei Jahre in einen ebenen Rasen investiert, um nicht wenigstens einmal davon zu profitieren.
Zu viel Dünger: Oder wie ich mal wieder verbrannte Erde zurückliess
Ende gut, alles gut? Denkste! Ich wäre nicht ich, wenn ich es in Sachen Rasen nicht wieder geschafft hätte, das vermeintliche Happy End zu versauen. Wie das passiert ist? Da ich den bestellten Dünger für meinen Rasen noch nicht verwenden konnte, dachte ich mir, ich tue etwas Gutes für die Gemeinschaft. Also brachte ich 7,5 Kilogramm Dünger auf unseren Gemeinschaftsrasen aus. Wie so oft tat ich das übereilt und ohne mir die nötige Zeit zum Studieren der Gebrauchsanweisung zu nehmen. Sprich, ich verteilte den Dünger nicht gleichmässig, sondern relativ lieblos über den frisch geschnittenen Rasen. Vor allem aber benutzte ich viel zu viel Dünger. Wie ich (leider erst im Nachhinein) las, hätte die Menge für 300 Quadratmeter gereicht, was dreimal so viel ist wie unser Gemeinschaftsrasen.
Einen Tag später kamen meine Kinder ganz aufgeregt nach Hause. «Papi, was hast du wieder gemacht!!??? Der Rasen ist verbrannt!». Erst dachte ich mir, es handle sich um kindliche Übertreibungen. Doch ein kurzer Kontrollrundgang zeigte auch mir das ganze Ausmass des Desasters. Überall dort, wo ich den Dünger verstreut hatte, klafften grosse, schwarze Löcher. Wieder einmal hatte ich wortwörtlich verbrannte Erde zurückgelassen.

Quelle: Martin Rupf
Nun gut: Zum Glück habe ich noch Rasensamen übrig. Wäre ja auch zu langweilig gewesen, hätte ich – jetzt wo ich unseren privaten Rasen auf Vordermann gebracht habe – nicht wieder ein Rasenprojekt am Laufen.
Titelfoto: Martin RupfZweifachpapi, nein drittes Kind in der Familie, Pilzsammler und Fischer, Hardcore-Public-Viewer und Halb-Däne. Was mich interessiert: Das Leben - und zwar das reale, nicht das "Heile-Welt"-Hochglanz-Leben.