

Was tun, wenn’s pressiert: Tipps für das Geschäft im Freien

In der freien Natur verzichten wir oft auf die Annehmlichkeiten der Zivilisation. Das ist nicht immer einfach. Zum Beispiel beim Toilettengang. Hier einige Tipps, was du tun kannst, wenn sich im Freien ein Bedürfnis meldet.
Zugegeben, ich war schon etwas erstaunt, als ich als Reaktion auf meinen Artikel über das Schlafen unter freiem Himmel eine E-mail erhielt: «Wo ums Himmels Willen haben sie aber ihre Notdurften verrichtet?», hiess es da – wortwörtlich von einem Leser und mit genau diesen Schreibfehlern. Es folgten eine Reihe Anschuldigungen, unter anderem, dass «ihr Hipe-Camper und -innen unterwegs sind und überall eure Häufchen platziert, manchmal
noch schön mit Papertaschentüchern verziert,..».
Die E-mail ist in dieser Form ganz klar unangemessen, doch das Thema ist an sich wichtig und eine Antwort wert. Schliesslich laufen die natürlichen und elementaren Funktionen unseres Körpers weiter, auch wenn wir wandern, biken oder im Freien übernachten. Doch wer sein Geschäft draussen unachtsam verrichtet, erzeugt nicht nur biologische Tretminen und stinkende Ärgernisse, sondern verbreitet möglicherweise auch Krankheitserreger.
Wohin, wenn's eilt?
Deshalb geht es in den folgenden Tipps vor allem darum:
**– keine Gewässer zu verschmutzen
**– die mögliche Übertragung von Krankheiten auf andere Menschen und Tiere zu verhindern
**– für eine schnelle Kompostierung zu sorgen
**– das Geschäft so zu verrichten, dass es niemand anders findet oder schlimmstenfalls hineintritt
**– es die Umwelt nicht verschandelt
Geh, wenn du kannst
Natürlich ist es am besten, wenn immer möglich, eine Toilette oder ein Toi-Toi aufzusuchen. Praktisch finde ich auch die Komposttoiletten, die es in der Schweiz an Wanderwegen und zum Teil auch bei Festivals gibt. Der Ratschlag «Go before you go» (Erleichtere dich, bevor du losgehst) ist auf jeden Fall sinnvoll. Beim Beantworten der Frage: «Wo kann ich?» sind auch Apps wie «WC-Karte» nützlich. Zumindest in meiner Umgebung zeigt sie mir die ToiTois und andere öffentliche WC zuverlässig an.

Quelle: Amy Reed / Unsplash
Aber wenn es nicht anders geht, muss man halt auch mal im Freien der Natur seinen Lauf lassen. Gut (?) zu wissen: Es dauert etwa ein Jahr, bis sich menschliche Exkremente zersetzt haben. Deshalb empfehlen Outdoor-Organisationen wie Leave no Trace, sich mindestens 70 Schritte von Wanderwegen und -pfaden zu entfernen, um sich zu erleichtern. Mir persönlich ist das allein aus Gründen der Privatsphäre zu wenig. Inzwischen haben auch Wissenschaftler diese Distanz infrage gestellt. Bei meinem letzten Camp auf einer unbewohnten Insel galt die Regel: Mindestens fünf Minuten sollten alle, die mal mussten, vom Camp weggehen. Und dann?
Ein guter Platz fürs Freiluftgeschäft
Am besten suchst du ein Stück dunklen Waldboden. Humusreiche Böden fördern die Zersetzung der Hinterlassenschaften. Klar, dass du bei der Auswahl des stillen Örtchens schaust, dass keine Brennnesseln oder Brombeerdornen dein Hinterteil streicheln, während du dich erleichterst. Wenn du nicht weisst, ob deine Balance für die Freiluftperformance ausreicht, such dir einen Platz unter einem Baum, an dem du dich festhalten kannst, wenn du in der Hocke bist.
Aus den Augen, aus dem Sinn
Und falls du dich schon gewundert hast: Ja, jetzt bekommt der Artikel doch noch Tiefgang. Denn es geht ans Graben. Rund 10 Zentimeter im Durchmesser und 15 bis 20 Zentimeter Tiefe sollte das Loch haben, das du als Outdoor-Toilette nutzt. Achte darauf, dass du so wenig Vegetation wie möglich zerstörst. Du kannst das Loch mit einem flachen Stein oder einem Stück Holz graben, wenn der Boden weich genug ist.
Erfahrene Camper haben meist eine kleine Schaufel, eine sogenannte Trowel, dabei. Die Aluminiumschaufel von Sea To Summit wird oft gebraucht und auch ich nutze sie. Sie wiegt nur 100 Gramm und lässt sich auf ein kleines Mass zusammenschieben. Etwas klapprig ist sie zwar, aber du sollst sie ja auch nur in weichem Untergrund verwenden.

Was machst du mit Papier & Co.?
Das Fach fürs Klopapier im Schaufelgriff ist leider nicht sehr nützlich. Es klemmt und lässt sich schwer öffnen. Ohnehin ist Klopapier so ein Thema. Viele Camper haben gelernt, das Klopapier zu verbrennen und die Asche mit ins Loch zu werfen. Aber wegen der oft erhöhten Waldbrandgefahr wird das nicht mehr empfohlen. Stattdessen kannst du das benutzte Papier in einem biologisch abbaubaren Poop-Bag, wie er auch für Hundekot verwendet wird, wieder mitnehmen. Wenn du Papiertaschentücher nimmst, weil nichts anderes zur Hand ist, gilt das natürlich auch.
Blätter von Bäumen und anderen Pflanzen eignen sich nur bedingt als Papierersatz und vor allem in fernen Ländern wäre ich vorsichtig: Einige Pflanzen – Stichwort Giftefeu – sehen harmlos aus, können aber heftigen Juckreiz und Ausschlag auslösen. Bonus-Tipp: Je tiefer du in die Hocke gehst, desto weniger Toilettenpapier oder anderes Wischzeug brauchst du, zumindest bei einer normalen Verdauung.
Umweltfreundlicher ist es natürlich, gar kein Papier und Plastik zu verwenden, um den Allerwertesten zu reinigen. Hier gibt es beispielsweise das Happypo Easy Bidet, um dich zu säubern. Die Benutzung erfordert allerdings etwas Übung. Ich würde es auf der heimischen Toilette ausprobieren, bevor ich damit exponiert an einem Berghang hantiere. Mein Kollegin Natalie hat vor einiger Zeit ein ähnliches Produkt getestet.
Nachdem du dein Geschäft erledigt und den Hintern gesäubert hast, schaufelst du das Loch wieder zu. Und zwar so, dass die Schaufel nicht mit der Hinterlassenschaft in Berührung kommt. Vielleicht kannst du auch ein Stück Holz oder einen Stein nehmen, um die menschlichen Abgründe zu verbergen. So oder so, jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, deine Hände gründlich mit Desinfektionsmittel einzureiben.
Zum Mitnehmen?
Da auch Naturräume immer stärker überlaufen werden, empfehlen einige Organisationen, vor allem in den USA, die eigenen Verdauungsprodukte wieder mitzunehmen. Denn je mehr Menschen sich im Freien erleichtern, desto höher ist die Konzentration an Bakterien, Einzellern, Parasiten und Viren.
Auch im Winter und im Gebirge oberhalb der Baumgrenze ist es sinnvoll, den eigenen Sch… wieder mitzunehmen, da er oft nicht im Boden vergraben werden kann. In den USA gibt es sogenannte WAG Bags speziell für das grosse Geschäft mit einem Puder, das die menschlichen Stoffwechselprodukte hart werden lässt und Gerüche mindert.
Natürlich kannst du dir so einen Beutel auch selber machen – aus Säckchen für Hundekot mit einer kleinen Menge Katzenstreu. Dieser Beutel kommt dann zur Sicherheit noch in einen zweiten Sack und wird zum nächsten Mülleimer mitgenommen.
Falls du noch mehr Tipps zum Thema suchst, empfehle ich dieses humorvoll geschriebene und informative Buch mit lustigen Anekdoten zur Geschichte des Toilettengangs.
Auch aufs kleine Geschäft achten
Jetzt, wo wir die grossen Brocken aus dem Weg geräumt haben, geht’s ums kleine Geschäft. Auch hier solltest du unbedingt mindestens 70 Schritte von Wasserläufen und Wegen entfernt sein. Menschlicher Urin enthält Hormone, Medikamentenrückstände und teilweise auch antibiotika-resistente Bakterien, die im Wasser Schaden anrichten. In kleine Bäche oder Bergseen zu pinkeln, ist deshalb keine gute Idee. Wenn du weiter weg bist, kann der Urin zumindest noch durch die Bodenschicht gefiltert werden. Du solltest im Gebirge auch nicht auf die Vegetation pinkeln, da sich manche Tiere vom Salzgehalt des Urins angezogen fühlen und die Pflanzen in ihrem Eifer samt Wurzeln ausreissen. Besser, du befeuchtest einen Stein.
Um auf Nummer sicher zu gehen, kannst du auch den Urin wieder mitnehmen. Es gibt spezielle Beutel für Männer und Frauen, die das Pipi in festes Gel verwandeln, das dann im Müll entsorgt werden kann. Das mag zwar übertrieben klingen und ich selbst habe es noch nie gemacht, aber eine Untersuchung in den USA hat ergeben, dass in einem beliebten Nationalpark die Konzentration an reaktiven Stickstoff durch menschlichen Urin sehr hoch war und die Biodiversität darunter leiden kann. Wie sie herausfanden, dass es keine Tiere waren, die alles vollgepinkelt haben? Durch Koffeinrückstände in den Proben. Denn, wie die Wissenschaftler schreiben: «Murmeltiere trinken keinen Kaffee.»

Ladybag Taschen-WC für Frauen
1000 ml, Intimwaschlotion




Forschungstaucherin, Outdoor-Guide und SUP-Instruktorin – Seen, Flüsse und Meere sind meine Spielplätze. Gern wechsel ich auch mal die Perspektive und schaue mir beim Trailrunning und Drohnenfliegen die Welt von oben an.