Was mit deinen Altkleidern passiert und wohin du trotzdem guten Gewissens spenden kannst
Ratgeber

Was mit deinen Altkleidern passiert und wohin du trotzdem guten Gewissens spenden kannst

Laura Scholz
7.11.2022

Gründe zum Kleiderausmisten gibt es viele. Doch stapeln sich dann erst mal die Textilberge in der Ecke, kommt die Frage auf: Wohin jetzt bloss mit dem Zeug?

Manchmal ist es einfach nur befreiend, manchmal bitter nötig: das Aussortieren im Kleiderschrank. Wie ich diesen Frühling gelernt habe, befinden sich dort in der Schweiz durchschnittlich 118 Teile – von denen nur rund 60 Prozent getragen werden. Wie ich diesen Frühling ebenfalls gelernt habe, kommt diese Zahl bei mir nicht ganz hin, sondern beläuft sicher eher auf schambehaftete 164. Ein paar davon können also gut und gerne das Feld räumen. Raus aus dem Schrank, rein in den Kleidersack … und dann?

Das Konzept Secondhand-Laden finde ich teils etwas frustrierend. Du bekommst nur wenig Geld für deine Ware und weisst genau, dass zum Weiterverkauf dann ordentlich was draufgeschlagen wird. Für den Flohmarkt braucht's das Frühaufsteher-Gen (in meiner DNA definitiv nicht vorhanden) und vorab ein Investment in die Standmiete. Kommt die am Ende wieder rein? Das stellt sich erst nach einem langen Tag voller Rumstehen, Feilbieten und Verhandeln heraus. Option Nummer 3 sind Apps und Seiten wie Depop, Vestiaire Collective, Tutti und Ricardo. Aussortiertes fotografieren, beschreiben, verschicken oder abholen lassen. Ein bisschen Aufwand für immerhin eine kleine finanzielle Entlohnung ohne Abgabe an eine dritte Partie. So weit, so gut. Die anständigste Art, sich überflüssiger Textilien zu entledigen, bleibt trotzdem das Spenden. Selbst, wenn auch hier eigentlich nichts mehr ohne finanzielle Bereicherung läuft.

Was passiert mit meiner Kleiderspende?

Die Vorstellung ist ja sehr romantisch: Du bringst deine Kleidung brav in einem Sack verschnürt zu einem textil-hungrigen Container und von dort aus wandern sie wie von Zauberhand an Bedürftige. An finanziellen Profit denkt hier niemand. Oder?

Ganz so unkompliziert und fair ist die Realität natürlich nicht. Schliesslich muss alles, was in einem solchen Container landet, gesichtet, sortiert, neu verpackt und transportiert werden. Das kostet. Und um diese Kosten zu decken, wird ein Teil deiner gespendeten Sachen dann doch wieder verkauft. An Secondhand-Läden – wie ironisch. Der Lichtblick: Einnahmen, die nach der Kostendeckung übrig bleiben, werden (zum grössten Teil) an wohltätige Einrichtungen gespendet. Der unverkäufliche Rest deiner Kleidung wird in der Regel zu Putzlappen, Dämmmaterial oder Recycling-Garn verarbeitet oder ins Ausland verfrachtet. Zum Beispiel nach Osteuropa oder Afrika. Das Problem: Sachen, die nicht mehr tragbar sind, bringen auch dort niemandem einen Vorteil. Im Gegenteil, die gut gemeinten Kleiderspenden werden so billig verkauft, dass sie die lokale Textilwirtschaft kaputt machen oder gigantische Müllberge bilden, die letztendlich verbrannt werden.

Worauf muss ich beim Kleiderspenden achten?

Am besten orientierst du dich an der Frage, ob die Sachen dir persönlich zwar nicht mehr gefallen oder passen, aber generell noch immer tragbar sind. Würdest du sie einem Freund oder einer Freundin vermachen? Dann sind sie noch gut genug für die Spende. Sind sie kaputt oder nicht mehr funktionstüchtig? Dann wird auch niemand anderes mehr etwas damit anfangen können. Bedürftig oder nicht. Ausserdem sollten die Sachen natürlich sauber sein. Das versteht sich hoffentlich von selbst.

An welche Adressen kann ich Kleider spenden?

Schau dich am besten in deiner Stadt nach lokalen Einrichtungen um, die Kleiderspenden entgegennehmen. Das können Flüchtlingsunterkünfte, Heime, Frauenhäuser oder Organisationen wie die Caritas oder das Schweizerische Rote Kreuz sein. Oft haben diese eine spezifische Übersicht, an was es ihnen gerade fehlt. So spendest du nur, was auch wirklich wieder Gebrauch findet. Alternativen zu den altbekannten Sammelcontainern sind ausserdem:

Spendendepot Zürich

Das 2016 gegründete Unternehmen freut sich über Kleider- und Sachspenden für geflüchtete Menschen inner- und ausserhalb der Schweiz. Auf Facebook kannst du jeweils ihre aktuelle Bedarfsliste einsehen, um gezielt und sinnvoll zu unterstützen.

Refy

Der Verein mit Sitz in Bern nimmt immer samstags von 10:00 bis 13:00 Uhr Spenden im eigenen Sortierraum in der Morillonstrasse 77 entgegen. Alternativ können die Sachen in der Sammelkiste vor Ort abgegeben oder per Post geschickt werden.

Winterhilfe

Die Winterhilfe hat es sich seit 1936 zum Auftrag gemacht, von Armut betroffene Schweizerinnen und Schweizer mit Kleider-, Sach- und Geldspenden zu unterstützen.

Give & Need

Das Prinzip der Onlinebörse ist einfach: Du lädst Bilder und Beschreibungen deiner abzugebenden Kleidungsstücke hoch und wirst im Falle eines «Matches» mit der Person vernetzt, der es genau an diesen Teilen fehlt.

Heilsarmee

Sicher, auch hier werden deine Kleidungsstücke in Brockis weiterverkauft. Immerhin aber zu meist sehr fairen Preisen.

Trotz aller Tipps, Infos und Adressen lautet die goldene Regel im Grunde: Kaufe bewusst und setze auf Qualität. Wer alles richtig machen möchte, hat nur Dinge im Schrank, die er oder sie regelmässig und lange tragen kann. So kommt man erst gar nicht in die Verlegenheit, ständig Dinge aussortieren und entsorgen zu müssen.

Auftaktbild: Cottonbro Studio via Pexels

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