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Tier im Recht: Der Nachbarshund kläfft – das kannst du tun

Dein Nachbarshund bellt nonstop und von ruhigen Nächten kannst du nur träumen? Die erste Folge der neuen Galaxus-Serie «Tier im Recht» verrät dir, wie du dich wehren kannst. Und was Hundehalter und -halterinnen beachten sollten.

Endlich Feierabend! Genüsslich lässt du dich zu Hause auf die Couch fallen und freust dich auf ein paar ruhige Stunden. Doch plötzlich geht es wieder los: Der Nachbarshund kläfft. Und kläfft und kläfft. Wie schon die Nacht zuvor. «Hört das denn nie auf?!», denkst du und fragst dich, was du unternehmen kannst. Caroline Mulle, rechtswissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Stiftung für das Tier im Recht, hat Antworten.

Caroline Mulle weiss, was Haustiere rechtlich dürfen und was nicht.
Caroline Mulle weiss, was Haustiere rechtlich dürfen und was nicht.
Quelle: Stiftung für das Tier im Recht

Caroline Mulle, was kann ich tun, wenn der Hund meines Nachbarn die ganze Zeit bellt und ich mich gestört fühle?
Grundsätzlich kann einem Hund das Bellen nicht ganz abgewöhnt werden. Schliesslich handelt es sich um ein wichtiges Kommunikationsinstrument. Die Frage ist, wo die Grenze zwischen zumutbarem und unzumutbarem Tierlärm liegt. Verboten ist er nur dann, wenn er übermässig ist.

Wann ist das der Fall?
Die Übermässigkeit wird mit einer Interessenabwägung ermittelt. Dabei bezieht man sich nicht auf die subjektive Wahrnehmung des Betroffenen, sondern auf die Wahrnehmung eines Durchschnittsmenschen in der gleichen Situation. Eine persönliche Aversion gegen Hunde ist somit bei der Beurteilung nicht miteinzubeziehen.

Was wird bei Haustieren toleriert, was nicht?
Gelegentliches Hundegebell oder Vogelgezwitscher sind zu tolerieren, nicht aber beispielsweise das stundenlange schrille Schreien eines Papageis oder das pausenlose Gebell eines Hundes. Die Abwägung der Interessen – also Tierhaltung gegen Ruhe- und Ordnungsbedürfnis – hängt stark vom Einzelfall ab.

Was ist sonst noch entscheidend?
Der Ortsgebrauch. So kann auf dem Land etwas erlaubt sein, was in einem urbanen Wohnquartier bereits als übermässig gilt. Beispielsweise das morgendliche Krähen eines Hahns.

Gibt es Unterschiede je nach Gemeinde und Gegend?
Ja. In den Kantonen Aargau, Bern und St. Gallen etwa gilt die Regel, dass in Wohnzonen die Haltung von drei erwachsenen Hunden pro Haushalt noch zonenkonform ist. Häufig sind die Wohngebiete auch in Empfindlichkeitszonen eingeteilt. Während der Ruhezeiten kann zudem ein erhöhtes Mass an Ruhe verlangt werden.

  • Hintergrund

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    von Patrick Vogt

Wie kann ich in einem ersten Schritt gegen Hundegebell vorgehen?
Zunächst sollte immer ein klärendes Gespräch mit der Tierhalterin oder dem Tierhalter gesucht werden. Oftmals lassen sich Konflikte auf diese Weise einfacher und unkomplizierter aus der Welt schaffen als beispielsweise durch ein Rechtsverfahren.

Wann sollte ich die Vermieterschaft kontaktieren?
Es ist zu empfehlen, sie möglichst früh miteinzubeziehen. Die Vermieterschaft kann unter Umständen vermittelnd agieren.

Kann ich auch eine Mietreduktion verlangen?
Ja. Auch wenn die Vermieterschaft für das dauernde Hundegebell nicht verantwortlich ist, muss sie jeder Mieterin und jedem Mieter die uneingeschränkte Ausübung des Wohnrechts ermöglichen. Das Recht auf die Reduktion besteht ab dem Zeitpunkt, ab dem die übermässige Belästigung der Vermieterschaft angezeigt wird.

Was kann ich tun, wenn ich die Person mit dem bellenden Hund bin?
Zuerst muss herausgefunden werden, weshalb der Hund bellt. Ist man damit überfordert, lohnt es sich, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Sei es bei der Haustierpraxis, bei einer Praxis für Verhaltensmedizin oder einer Hundeschule.

Droht mir unter Umständen eine Wohnungskündigung? Oder kann ich von der Vermieterschaft zum Beispiel bauliche Massnahmen verlangen bei einer ringhörigen Wohnung?
Grundsätzlich ist man als Hundehalterin oder Hundehalter dafür verantwortlich, dass das Tier niemanden stört. Ist die Beeinträchtigung durch den Lärm übermässig und wird er auch nach schriftlicher Mahnung nicht weniger, kann die Vermieterschaft das Mietverhältnis mit einer Frist von 30 Tagen auf Ende des Monats kündigen.

Gibt es weitere Kündigungsgründe?
Ein Kündigungsgrund kann auch vorliegen, wenn sich die Mieterin oder der Mieter über ein im Vertrag festgehaltenes oder nachträglich ausgesprochenes Tierhalteverbot hinwegsetzt oder Tiere ohne die erforderliche Zustimmung der Vermieterschaft hält.

Ich habe mehrfach gelesen, man könne mit einer Hundepfeife versuchen, das Tier zur Ruhe zu bringen. Würden Sie dies empfehlen?
Davon würde ich abraten. Einerseits kann es für den Hund unangenehm sein und andererseits ist es fraglich, ob es überhaupt wirkt. Zudem verbietet das Tierschutzrecht den Einsatz von Mitteln, die verhindern, dass Hunde Laut- und Schmerzgeräusche von sich geben. Dazu gehören sogenannte Bellstopp-Geräte, die Duftstoffe, Wasser oder Druckluft ausstossen. Untersagt ist auch der Wasserstrahl aus einer Flasche.

Bei Gebell aus tierschutzrechtlicher Sicht nicht zu empfehlen: eine Hundepfeife.
Bei Gebell aus tierschutzrechtlicher Sicht nicht zu empfehlen: eine Hundepfeife.
Quelle: Shutterstock/SpeedKingz

In welchem Fall sollte ich mich ans Veterinäramt wenden?
Dauerndes Bellen kann ein Hinweis auf eine nicht artgerechte Hundehaltung sein. Wenn ein begründeter Verdacht besteht, dass Tiere nicht gesetzeskonform behandelt werden, kann das kantonale Veterinäramt informiert werden.

Kostet mich das etwas?
Nein, da die Abklärung von Amtes wegen vorgenommen wird, entstehen für die Meldeperson keine Kosten oder weitergehende Pflichten.

Was kann das Veterinäramt tun?
Ihm obliegt die Überwachung der Tierhaltungsvorschriften. In gravierenden Fällen ist es verpflichtet, unverzüglich einzuschreiten, um den Tieren zu helfen und den gesetzmässigen Zustand wiederherzustellen. Dazu hat es auch die Möglichkeit, Tiere zu beschlagnahmen.

Sollte auch die Polizei eingeschaltet werden?
Bei einem Verdacht auf Tierquälerei kann die Polizei immer kontaktiert werden. Da es sich bei Tierquälereien um Offizialdelikte handelt, ist sie dazu verpflichtet, den Anhaltspunkten nachzugehen. Auch bei Lärmbelästigungen kann man sich an die Polizei wenden.

Ist es empfehlenswert, ein Lärmprotokoll zu führen?
Ja, das ist sicherlich sinnvoll. Denn bei der Beurteilung der Übermässigkeit fällt auch ins Gewicht, zu welcher Tageszeit und mit welcher Intensität der Lärm auftritt.

Manchmal bellen Hunde auch, weil sie zu lange alleine gelassen oder vernachlässigt werden.
Manchmal bellen Hunde auch, weil sie zu lange alleine gelassen oder vernachlässigt werden.
Quelle: Shutterstock/PixieMe

Angenommen, ich hatte mit den erwähnten Schritten keinen Erfolg und der Lärm stört mich weiterhin. Könnte ich als letzten Schritt eine Klage einreichen?
Ja. Um ein Zivilverfahren einzuleiten, muss zunächst ein Schlichtungsgesuch bei der zuständigen Schlichtungsbehörde am Wohnort der beklagten Person eingereicht werden. Das Ziel des Schlichtungsverfahrens ist es, die Parteien zu versöhnen und davon abzuhalten, unbegründete Klagen zu erheben oder offensichtlich begründete Begehren zu bestreiten.

Wie viel Hoffnung auf Erfolg habe ich mit einer Zivilklage?
Das kann nur im konkreten Einzelfall beurteilt werden. Stellt das Gericht fest, dass eine übermässige Lärmbelästigung vorliegt, wird es Massnahmen zur Eindämmung anordnen. Diese können beispielsweise baulicher oder organisatorischer Natur sein.

Hast auch du eine Frage, der ich in der neuen Serie «Tier im Recht» nachgehen kann? Schreibe sie mir in die Kommentare.

Titelfoto: Shutterstock

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Ich mag alles, was vier Beine oder Wurzeln hat. Zwischen Buchseiten blicke ich in menschliche Abgründe – und an Berge äusserst ungern: Die verdecken nur die Aussicht aufs Meer. Frische Luft gibt's auch auf Leuchttürmen.


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