
Ratgeber
7 Mittel, die vor Stechmücken schützen – und eines, das nichts nützt
von Martin Jungfer
Thermacell soll Wunder vollbringen im Kampf gegen Stechmücken. Der Verdampfer bildet eine Art Schutzglocke, die dich draussen vor den Plagegeistern schützt. Ob’s funktioniert? Ich habe es getestet.
Dieser Sommer 2021 ist ein ganz besonderer. Vielerorts gibt und gab es bereits überdurchschnittlich viele Regentage, SRF Meteo berichtete. Feuchte Sommer sind perfekte Voraussetzungen für eine Mückenplage, wie die NZZ schreibt. Das feine Surren der Stechmücken in der Luft findet ein Insektenexperte im Gespräch mit dem Portal «Argovia Today» erfreulich, weil die vielen Insekten in der Luft für Vögel und Fische auch ein reichhaltigeres Nahrungsangebot bedeuten.
Damit aber genug des Für und Wider. Ab hier geht es nur noch um den Kampf gegen Stechmücken. Mittel dagegen gibt es viele, wie du in diesem Beitrag erfährst:
Beim Thermacell, den ich teste, handelt es sich um einen sogenannten Verdampfer. Er setzt durch Erhitzen Dämpfe frei, in denen der Wirkstoff gegen die Stechmücken enthalten ist. Thermacell setzt dabei auf D-Allethrin, ein Pestizid mit Knock-Down-Wirkung. Bedeutet konkret: Mücken, die in Kontakt mit dem Dampf kommen, werden durch das Nervengift gelähmt und ersticken schliesslich. So explizit steht das natürlich nicht auf dem Verpackungskarton oder in der Anleitung für den Thermacell. Die beiden Warnzeichen auf den Wirkstoffplättchen sind trotzdem klar: Mit 22 Prozent Wirkstoffgehalt ist das Zeug gemäss Kleingedrucktem «giftig», solltest du es verschlucken und gilt als «gesundheitsschädlich», wenn du es in grossen Mengen einatmest. Für Wasserorganismen ist es «sehr giftig».
Zum Testen habe ich drei aktuelle Modelle erhalten. Alle funktionieren nach dem gleichen Prinzip. Sie werden von einer knapp zwölf Milliliter fassenden Butan-Gaskartusche «befeuert», die in etwa so gross wie ein Shampoofläschchen im Hotel ist. Diese wird in ein Schraubgewinde eingedreht, dadurch geöffnet und liefert die Gaszufuhr. Durch Einschalten beginnt die Verbrennung und eine kleine Metallplatte im Gerät wird erhitzt. Oberhalb dieser Metallplatte befindet sich eine Gitterkonstruktion aus Hartplastik, unter die du das Wirkstoffplättchen schiebst.
Die kleine Gaskartusche reicht laut Anleitung für zwölf Stunden. Eine Angabe, die sich auch im Praxistest als realistisch herausgestellt hat. Ein Wirkstoffplättchen ist nach etwa vier Stunden ausgedampft und muss dann ausgetauscht werden. Wenn du nicht auf die Uhr schaust, siehst du, dass es Zeit für einen Wechsel ist, wenn das Plättchen nicht mehr blau ist, sondern weiss. Ersatz-Kartuschen und -Plättchen gibt es in verschiedenen Portionsgrössen und Kombinationen. Der Einfachheit wird immer die Zeitdauer des Schutzes angegeben, die ein Nachfüllset bietet.
Einschalten kannst du Thermacell über eine Art Zippo-Mechanismus. Du schiebst einen Schalter nach oben oder drehst das Standgerät, wodurch ein Funke entsteht und das Gas entzündet. Fürs Ausschalten gibt es an einem Gerät einen eigenen Schalter. Am Standgerät drehst du einfach bis zur Position «Aus».
Wenn du das Gerät einsetzen willst, dauert es etwa 15 Minuten, bis die Metallplatte den Wirkstoff so weit erhitzt hat, dass der Dampf in ausreichender Menge freigesetzt wurde. Nach der Aufwärmphase soll – bei Windstille – dann eine Zone von viereinhalb auf viereinhalb Meter stechmückenfrei sein. Immerhin 20 Quadratmeter sollten für fast jeden Balkon und die meisten Sitzplätze reichen.
Bei Wind wird’s kniffliger: Dann musst du das Gerät so positionieren, dass die Ausdünstungen dorthin geweht werden, wo du sitzt.
Getestet habe ich den Thermacell an zwei Orten. Zum einen in der Schweiz am Greifensee, der dieses Jahr besonders mückenverseucht ist. Zum anderen auf einem bewaldeten Campingplatz in Italien, der sich aufgrund eines früheren Besuches als Testgelände mit besonders stechfreudigen Mücken qualifiziert hat.
In Italien war der «Halo Mini», so heisst der Thermacell in der Form zum Aufstellen, auf Restaurant-Terrassen dabei und durfte seine schützende Wolke um uns Eltern hüllen, während der Nachwuchs bei der Open-Air-Kinder-Disco erste Tanzversuche machte. Für den Test verzichtete ich sogar auf das sonst immer zum Einsatz kommende Autan auf Basis eines ätherischen Öls. Stattdessen stand der Thermacell zwischen meinen Füssen auf dem Boden. Die Zahl der Mückenstiche am nächsten Morgen war immerhin nur einstellig. Das hätte schlimmer enden können.
Im Restaurant war die Wirkung besser – zumindest bei mir. Bei den weiblichen Familienmitgliedern stachen die Plagegeister trotz Thermacell und trotz Autan vereinzelt noch zu. Das veranlasste die Sechsjährige zum Urteil: «Papi, das funktioniert doch nicht!»
Zurück in der Schweizer Heimat leistete der Thermacell bei einem Grill-Znacht mit Kollegen im Garten bessere Dienste. Hier kamen alle Teilnehmenden ungestochen davon.
Der Thermacell erledigte in meinem Test einen ordentlichen Job, vollbringt aber keine Wunder. Von solchen wird in Internet-Videos erzählt – für mich ist das viel Angler- und Jäger-Latein von Youtubern, die womöglich auch für positive Rezensionen bezahlt werden. Stechmücken erreichen nach meiner Beobachtung durchaus auch einmal die Schutzzone. Manche konnten vor ihrem Ableben womöglich noch eine allerletzte Bohrung ansetzen.
Die Benutzung ist einfach und unkompliziert. Wenn du deine Haut nicht besprayen oder einölen willst, hast du am Thermacell sicher Freude. Einmal angeschaltet musst du erst nach vier Stunden das Wirkstoffplättchen wechseln. So lange wirken in etwa auch Sprays und Öle.
Apropos Einschalten: Ob dein Thermacell läuft, siehst du, wenn in einem kleinen Guckloch ein oranges Glimmen zu sehen ist. Das ist in der Dämmerung und im Dunkeln gut zu sehen. Tagsüber bei Sonnenschein etwas schwieriger.
Zwei Nachteile hat Thermacell:
Trotz der Nachteile werde ich den Thermacell behalten und mir auch noch mal ein Refill-Set gönnen. Vielleicht gibt auch Frau Tochter dem Gerät noch eine weitere Chance.
Journalist seit 1997. Stationen in Franken, am Bodensee, in Obwalden und Nidwalden sowie in Zürich. Familienvater seit 2014. Experte für redaktionelle Organisation und Motivation. Thematische Schwerpunkte bei Nachhaltigkeit, Werkzeugen fürs Homeoffice, schönen Sachen im Haushalt, kreativen Spielzeugen und Sportartikeln.