Produkttest

Street Cuff: Massive Handschellen, simples Schloss

Anders als ein Bügel- oder Faltschloss greift das Street Cuff von Master Lock eng um Rohre und Stangen. In speziellen Situationen ist das Design praktisch. Aber der Schliessmechanismus erweist sich als Knackpunkt.

Wenn du regelmässig mit Velo & Co. unterwegs bist, hast du wahrscheinlich alles schon mal gehabt: Kabelschlösser, die zwar flexibel, aber leicht zu durchtrennen sind. Klappernde Kettenschlösser. Faltschlösser, die eingeschränkt beweglich, aber oft ein guter Kompromiss am Bike sind. Bügelschlösser, die starr und stark wirken, sich aber nicht überall befestigen lassen. Der eine schwört auf dies, die andere auf das – und die perfekte Lösung gibt es nicht. Ich habe schon diverse Varianten ausprobiert. Ein Handschellenschloss noch nicht. Bis jetzt. Ich will mir das Street Cuff von Master Lock genauer anschauen.

Master Lock Street Cuff 8290 (7.60 cm)
Veloschloss
CHF71.90

Master Lock Street Cuff 8290

7.60 cm

Es hat seine Stärken unter anderem dann, wenn das Gefährt nicht wie gewohnt am Rahmen angeschlossen werden kann. E-Scooter sind so ein Spezialfall. Nach dem Handschellen-Prinzip lassen sich schliesslich nicht nur Gelenke fesseln, sondern auch Lenkerstangen eng umschliessen und am nächstbesten Geländer oder Veloständer sichern.

Am E-Scooter sind die Street Cuff besonders praktisch.
Am E-Scooter sind die Street Cuff besonders praktisch.
Quelle: Michael Restin

Damit das ohne Lackschaden funktioniert, sind die beiden Schlossteile, die jeweils 7,4 Zentimeter Innendurchmesser haben, gummiert. Sie sind zu klein für einen Laternenpfahl, aber für dünnere Rohre genau richtig. Dazwischen halten bewegliche Kettenglieder aus gehärtetem Stahl die Verbindung.

Stark bei Knackversuchen mit dem Bolzenschneider

Eindruck macht das Schloss mit seinen 1,7 Kilogramm auf jeden Fall. Mit 55 Zentimeter Länge hast du auch etwas Spielraum, um einen passenden Abstellplatz für dein Velo, deinen Scooter oder dein Motorrad zu finden.

Die Kettenglieder des Street Cuff sind beweglich.
Die Kettenglieder des Street Cuff sind beweglich.
Quelle: Michael Restin

Wie jedes Schloss lässt sich natürlich auch das Street Cuff knacken. Im Netz finden sich unter anderem Demos mit dem grossen Bolzenschneider (geht mit beträchtlichem Aufwand), mit einem Mutternsprenger (geht langsam und fummelig) und mit einem Bolzensetzgerät (ein Schuss, fertig). Und dann ist da noch der Typ, der das Schloss einfach an beiden Enden packt, übers Knie biegt und knackt. Tatsächlich ist es recht einfach, das Schloss auf diese Weise bedrohlich unter Spannung zu bringen. Aber das ist kaum möglich, wenn es links am Bike und rechts an einem Geländer festgemacht ist. Dann weicht die Kette aus und bietet keinen derartigen Angriffspunkt. Ich stehe eher dem Schliessmechanismus skeptisch gegenüber, denn dieser ist aus Sicht von Dieben anfängerfreundlich.

Schwachpunkt Schliessmechanismus

Viele Schlösser protzen zwar mit reichlich hartem Stahl, halten jedoch feinem Werkzeug in versierten Fingern nicht lange stand. Lockpicker knacken sie auf die elegante Art. Tatsächlich könnte man auf die Idee kommen, dass am auf den ersten Blick wenig beeindruckenden Schliessmechanismus gerne gespart wird. Bis hin zum Schlüssel, der häufig wachsweich und schnell kaputt ist. Grund dafür ist ein Kompromiss, der den Schliesszylinder und das Portemonnaie schonen soll, wie Kollegin Carolin Teufelberger herausgefunden hat.

  • Hintergrund

    Warum eigentlich sind Veloschloss-Schlüssel so lausig?

    von Carolin Teufelberger

Meistens werden Schlüssel verloren, nicht abgebrochen. Und in, nun ja, mittlerer Qualität sind Ersatzteile günstiger. Beim Street Cuff sind gleich vier Schlüssel dabei. Das sollte reichen. Doch wer sich auskennt und ein wenig Werkzeug hat, braucht keinen davon. Es besitzt ein kreisrundes Tubularschloss.

Das Tubularschloss des Street Cuff: Keine Herausforderung für geübte Langfinger.
Das Tubularschloss des Street Cuff: Keine Herausforderung für geübte Langfinger.
Quelle: Michael Restin

Beim Öffnen spielen Metallstifte eine Rolle, die vom Schlüssel in Position gedrückt werden und so die Schlüsseldrehung gegen den Widerstand eines Spannrings ermöglichen. Sobald er die Zwei-Uhr-Position erreicht, springt das Schloss auf. Mit Werkzeug sieht das aus wie bei der Zahnkontrolle und geht schnell.

Da im Schloss schön viel Platz ist und die entscheidenden Teile gut sichtbar sind, will ich es selbst probieren. Ohne Spannwerkzeug gelingt es mir nicht ganz, die Handschellen zu knacken. Aber selbst mit dem, was meine Werkzeugsammlung hergibt, bin ich gefühlt nah dran. Ein kleiner Schraubenzieher drückt gegen den Spannring, ein anderer auf die Metallstifte, die nach und nach klicken – nur bei den letzten dieser Pins bin ich mir selbst im Weg und kann den Ring nicht entscheidend drehen. Trotzdem habe ich genug gesehen.

Ein Knackpunkt zu viel

Das Urteil des LockPickingLawyer auf Youtube: relativ einfach zu öffnen, würde er sicher nicht für ein wertvolles Fahrzeug verwenden. Wer bin ich, ihm zu widersprechen? Schade, denn vom Design bin ich grundsätzlich Fan und auch die vielen positiven Bewertungen aus der Community sprechen dafür, dass es im Alltag eine gute Figur macht. Dieben mit Handschellen die Tour zu vermasseln, ist schliesslich ein bewährtes Konzept und gegen rohe Gewalt ist das Schloss ausreichend gewappnet. Nur gegen Fingerspitzengefühl nicht.

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Einfacher Schreiber, zweifacher Papi. Ist gerne in Bewegung, hangelt sich durch den Familienalltag, jongliert mit mehreren Bällen und lässt ab und zu etwas fallen. Einen Ball. Oder eine Bemerkung. Oder beides.


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