

Spritztour im Kauderwelsch-Kajak

Ein Kajak aus Sevy-Strong Tarpaulin mit Sevylor Seatography? Wow! Das aufblasbare «Madison» ist zwar TÜV-geprüft, aber die Beschreibung wurde wohl kaum auf Verständlichkeit gecheckt. Eine gute Wahl für Gelegenheitspaddler ist es trotzdem.
Das Sevy-Sevylor-Sammelsurium in der Beschreibung ist glücklicherweise alles, was Hobby-Paddler wie mich im Umgang mit dem Sevylor Madison vor Probleme stellt. Im Gegenteil, das Kajak hat ein Problem gelöst. Denn ich habe ein Begleitboot gesucht, von dem aus unserer Fotograf Thomas Kunz Bilder von unserer SUP-Tour auf dem Wägitalersee schiessen kann. Meine Wahl fiel auf das «Madison Kit», weil es erstens ein Bestseller, zweitens nicht allzu teuer und drittens ziemlich variabel ist. Die beiden Sitze lassen sich in Neigung und Position anpassen oder auch ganz entfernen. So hatte Thomas genug Platz zum Fotografieren – und da wir mit dem Zweisitzer schon mal am See waren, haben wir das Madison gleich noch gemeinsam ausprobiert.

Aller Anfang ist schwer
Zu zweit zu sein hat von Anfang an Vorteile, denn die Tragetasche ist nicht die beste Freundin deiner Bandscheiben. Mit seinen 15.6 Kilogramm ist das Kajak luftleer ziemlich unhandlich. Am besten wuchtest du es aus dem Kofferraum und pumpst es an Ort und Stelle auf. Denn mit Tragegriffen an Bug und Heck sowie zwei weiteren an der Seite, in die du dazu noch die Paddel klemmen kannst, lässt es sich voll entfaltet besser transportieren.
Ist das Kajak erstmal aus seiner dünnen Nylontasche befreit, wirkt es ziemlich robust. Die drei Luftkammern des Madison sind austauschbar und stecken gut geschützt in, du ahnst es vielleicht, Sevy-Strong™ Tarpaulin. Zumindest untenrum. Gemeint ist der schwarze Teil des Kajaks, der aus dem extra starken Material besteht. Das magische Gewebe ähnelt einer dicken Zeltplane und soll zuverlässig vor Abrieb und Beschädigungen schützen. Es vermittelt durchaus den Eindruck, dass es das auch schafft.

Heikelstes Teil an der Unterseite ist die rote Plastikfinne, die du vor dem Pumpen anbringen musst. Ansonsten kannst du nicht viel verkehrt machen und bist schnell startklar. Zunächst habe ich die mitgelieferte Fusspumpe etwas skeptisch beäugt. Mir ist einfach schon lange keine mehr begegnet. Aber sie erledigt ihren Job effizient und lässt sich flacher verstauen als eine Handpumpe. Dann noch die Paddel zusammenstecken und die Sitze auf dem Klettband im Innenraum fixieren, wo dir die Seatography™ mit Piktogrammen Hinweise auf die perfekte Positionierung für ein oder zwei Personen gibt. Revolutionär. Los geht's.
Ein Boot, zwei Meinungen
Was von den Fahreigenschaften des Madison zu halten ist, kommt auf die Perspektive an. Ich schaue aus 1,80 Metern Höhe auf die Welt und bin Besitzer eines einfachen Gummiboots ähnlicher Bauart. Es leistet seit zehn Jahren treue Dienste, kann aber dem Madison in vielen Punkten nicht das Wasser reichen. Mir fällt die bessere Spurtreue auf. Ich erfreue mich an den bequemen und rund 15 Zentimeter hohen Sitzen, die auch für längere Touren zu taugen scheinen. Das Doppelpaddel macht auf mich ebenfalls einen brauchbaren Eindruck. Insgesamt bin ich vom Madison angetan. Vor mit paddelt Thomas. Er ist einen halben Kopf grösser und ein sportlicheres Kajak gewöhnt. Für ihn ist unser Gummitanker ganz okay, aber vor allem Mittel zum Zweck. Zwei Typen seiner Grösse sässen darin etwas beengt, auch wenn die maximale Zuladung 200 Kilogramm beträgt.

Fazit: Wer wird damit glücklich?
Es handelt sich um ein Schlauchboot im Kajakspelz. Entsprechend lässt sich das Fahrverhalten nicht mit einem «richtigen» Kajak massiver Bauart vergleichen. Aber als Gelegenheitspaddler bekommst du mit dem Madison Kit viel. Ein gehobenes Einsteiger-Set, das neben der Campingausstattung noch ins Auto passt und durchaus tourentauglich ist. Es ist zwar aufblasbar, kommt mit seiner Aussenhaut aber deutlich robuster daher als ein «klassisches» Gummiboot und im Falle eines Defekts sind über den Hersteller Ersatzteile erhältlich. Die Tragegriffe und Paddelhalterungen sind ebenso praktisch wie das variable Sitzsystem. Durch seine breite Form wirkt es eher stabil als sportlich, entsprechend fährt es sich auch. Ein paar Wellen sind kein Problem, dafür bietet es dem Wind reichlich Angriffsfläche.
Mein Aha-Erlebnis im Madison: Die erhöhte Sitzposition macht das Paddeln über die ausladenden Luftkammern hinweg deutlich angenehmer. Sitzt du in so einem breiten Kajak tiefer, ist das nach meiner Erfahrung auf Dauer ein Spasskiller. Der Winkel ist ungünstig, die Arme scheuern an den Seiten und werden schneller schwer. Auch mit den Doppelpaddeln im Kit komme ich gut klar. Sie bestehen aus Fiberglass (Blatt) und Aluminium (Schaft), lassen sich in je vier Teile zerlegen und in drei Winkeln einstellen (-60°,0°, 60°). Hat die Sache auch einen Haken? Ja. Irgendwann musst du dein Kajak wieder einpacken. Und in den Wulsten und Rillen des Innenraums sammelt sich immer irgendwo Wasser, das du nicht so schnell los wirst. Bis es vollständig trocken ist, kannst du lange warten. Also bleib am besten gleich ein paar Tage am See. Es lohnt sich! 😉

Hinweis auf einen wichtigen Hinweis
Gar nicht kauderwelschig, sondern sehr präzise ist die Binnenschifffahrtsverordnung. So präzise, dass sie ziemlich ausführlich daherkommt. Was für dich im Zusammenhang mit Schlauch- und Strandbooten wichtig zu wissen ist, findest du bei den entsprechenden Produkten unter «wichtige Hinweise» kurz zusammengefasst. In diesem Fall:
Also greife zum wasserfesten Stift und informiere dich zusätzlich über die lokale Gesetzeslage, wo immer du damit aufs Wasser gehst.


Einfacher Schreiber, zweifacher Papi. Ist gerne in Bewegung, hangelt sich durch den Familienalltag, jongliert mit mehreren Bällen und lässt ab und zu etwas fallen. Einen Ball. Oder eine Bemerkung. Oder beides.