

So kommen Zweifel-Chips in die Tüte
In der Schweiz sind Zweifel Chips die Spitzenreiter unter den Snacks. Das hat auch mit der speditiven Fabrik und der abgestimmten Logistik zu tun. Zu Besuch in der Zweifel-Fabrik in Spreitenbach.
Der Keller ist in schummriges grünes Licht getaucht. Nur schemenhaft sind Holzkisten mit Kartoffeln zu erkennen, die sich bis unter die Decke türmen. Es riecht nach frischer Erde. Ein lautes Dröhnen hallt durch den Raum. Die Szene könnte aus einem italienischen Horrorfilm der 70er stammen. «Il campo di patate mortale». Wir sind aber nicht am Set eines Films von Dario Argento in Rom, sondern im Rohwarenlager der Firma Zweifel Chips in Spreitenbach.

Das grüne Licht verhindert, dass die Kartoffeln grün werden, die tiefen Temperaturen sorgen dafür, dass sie nicht spriessen. Was aktuell vor uns steht, sind Kartoffeln, die 300 Bauern angepflanzt haben, den Grossteil davon in der Schweiz. Kleine Hinweistafeln mit NFC-Chips in den Kisten geben Aufschluss darüber, welcher Hof sie geliefert hat. Die Information ist wichtig, da sie ganz am Schluss auf der Packung landet, aufgedruckt für volle Transparenz.
Ein Naturprodukt, mehrheitlich aus der Schweiz
«Kartoffeln sind ein Naturprodukt und recht heikel im Anbau. Das macht die Arbeit zur Herausforderung», erklärt Paul Beck, Leiter Produktion und Logistik. Am liebsten hätte Zweifel immer 100 % Schweizer Kartoffeln, was in einem guten Jahr schon passieren könne. Sind die Bedingungen schlecht, muss der Chips-Riese auch mal auf Kartoffeln aus dem angrenzenden Ausland ausweichen. Beck spricht von Kartoffelmanagement und sagt, dass im Schnitt 90 % der Kartoffeln aus der Schweiz sind, etwa aus Schönenwerd, wie die Kiste vor uns. Wir nehmen ein paar Kartoffeln heraus. Sie sind fast kugelförmig und etwa so gross wie ein Tennisball. «Die Grösse und die Form sind enorm wichtig, damit die Chips am Schluss möglichst einheitlich sind», sagt Beck und legt die Kartoffel behutsam zurück. Auch die Zusammensetzung der Kartoffel ist entscheidend: «Zu viel Zuckeranteil in der Kartoffel und die Chips sind zu braun …».
Wir laufen weiter, tiefer in den Keller mit dem grünen Licht hinein. Das Wummern wird lauter. Zum Glück haben wir, neben einem Schutzmäntelchen samt Haube, auch noch einen Kopfhörer erhalten. Produktionsleiter Beck ist damit per Headset direkt in unserem Ohr. Der Lärm kommt von der Waschmaschine, die zuerst faule Kartoffeln und grössere Fremdkörper wie Steine in einem Wasserbad aussortiert. Die faulen Knollen schwimmen obenauf, Steine und Dreckklumpen fallen unten raus. Aber nicht nur Steine, es war schon einmal eine Handgranate drin oder eine tote Blindschleiche.
Von der Kartoffel zum Chip in einer halben Stunde
Nach der Reinigung schält eine Trommel mit Zentrifugalkraft die Kartoffeln. Am äusseren Rand ist eine Art Schmirgelpapier, das mit der zähen Schale kurzen Prozess macht. Mitarbeitende überwachen den Vorgang. «Auch wenn hier vieles automatisch abläuft, muss das Team ständig kontrollieren und justieren», sagt Paul Beck. Schält die Maschine zu viel weg, geht Geld verloren.

Über ein Netzwerk aus Rohren landen die Kartoffeln schliesslich in der Produktion. Statt grünem Licht ist die Halle hell beleuchtet, der erdige Geruch weicht demjenigen von Frittierfett und Gewürzen. Es ist eng zwischen den Maschinen, der Boden ist nass und rutschig, weshalb wir uns an den Handläufen entlanghangeln. «Ab jetzt geht alles schnell», erklärt Paul Beck. «Die Kartoffeln, die wir vorher gesehen haben, überholen uns sehr wahrscheinlich.»
Vom Waschen der Kartoffel bis zum Chips in der Tüte dauert es eine halbe Stunde. Zunächst schneidet eine mit Messer ausgestattete Trommel die Kartoffeln in Scheiben. Auch hier ist Zentrifugalkraft am Werk. Die Messer der Schneidanlage sind innerhalb von zwei Stunden stumpf, dann muss sie eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter auswechseln. Damit nicht die ganze Produktion stillsteht, gibt es mehrere solcher Schneidestationen. Die geschnittenen Kartoffeln kriegen danach ein weiteres Bad im Wasser, bevor sie im Schlund der Fritteuse verschwinden.

Kein Ölwechsel nötig
Die Zahlen sind beeindruckend: über elf Meter lang, fasst die Fritteuse 6000 Liter Öl. Pro Stunde verbraucht sie 500 Liter davon. Weil die Fritteuse im Dauerbetrieb läuft, muss das Fett auch nie gewechselt werden. Es landet in den frittierten Chips. «Das ist eine schöne Charge», sagt Paul Beck, während er fachmännisch die frischen Chips auf einem Förderband begutachtet. Jede Charge hat ihre eigene Charakteristik, mit jeder Beladung muss ein Mitarbeitender die Öltemperatur leicht anpassen, damit die Chips nicht zu braun oder nicht fertig gebacken hinten rauskommen. Mit einer Schaufel nimmt er ein paar der frisch ausgebackenen Kartoffeln vom Förderband. Wir beissen in die noch warmen, ungewürzten Chips. Erstaunlich, wie gut frische Chips ganz ohne Salz oder Gewürze schmecken. Das wäre doch glatt eine Idee für ein Produkt.

Szenenwechsel: Wir stehen im Büro von Bettina Hasler, Leiterin Produktentwicklung. Wobei Labor statt Büro wohl eher zutrifft. In einem Schrank mit Glastür stehen dutzende Büchsen, fein säuberlich mit verschiedenen Geschmäckern angeschrieben. Hier entstehen sie also, die ausgefallenen Aromen wie Cervelat oder Kebap Chips. Über 130 Ideen entwickelt das Team von Hasler, nur etwa ein Dutzend verwirklicht Zweifel schlussendlich. Es ist ein wortwörtliches Durchprobieren. Entwickelt das Team einen neuen Geschmack, degustieren diesen 150 Mitarbeitende. Ist die Degustation überstanden, erhalten 200 Kundinnen und Kunden, die sich Friendz nennen, Probierpakete und können das neue Produkt bewerten. Erst dann kommen die neuen Geschmäcker in die Produktion, oft nur als limitierte Auflage, etwa als Fussball-WM-Special. Dabei gab es auch schon Experimente, die nicht funktioniert haben. «Käse ist ein Geschmack, der in anderen Ländern super funktioniert, etwa in den USA. In der Schweiz mögen die Leute das nicht besonders», sagt Bettina Hasler diplomatisch. Auch komplette Rohrkrepierer gab es schon. «Die Chips mit Lachsgeschmack haben es nie über dieses Labor hinaus geschafft.»

Zurück in der Produktion sehen wir zum ersten Mal Hightech. Eine Kamera ermittelt dort zunächst, welche Chips zu braun, zu grün oder sonst nicht gut sind. Die Chips fliegen vom Förderband über eine Kante. Von oben bläst ein Luftstrahl die zuvor von der Kamera ermittelten fehlerhaften Chips nach unten, während die guten Chips den Sprung über den Abgrund schaffen.

Das alles geschieht in beeindruckendem Tempo und mit unfassbarer Präzision. «Das muss früher monotone Förderband-Arbeit gewesen sein», sagt Paul Beck. Die ungewürzten Chips landen auf einem riesigen Berg, wo sie auf das Würzen warten. «Der Berg darf nicht zu gross werden, sonst müssten wir die Produktion anhalten. Er darf aber auch nicht zu klein sein, sonst müssten wir die nachfolgende Anlage stoppen», erklärt der Standortleiter. Erst jetzt entscheidet sich, welches Gewürz an die Chips kommt. In einer grossen Trommel vermischt sich in unserem Fall Paprikagewürz mit den Chips.

Zweifel verteilt die Chips selber im ganzen Land
Vom Würzen geht es dann ans Abwägen. Mit unserer Küchenwaage hat das herzlich wenig zu tun. Die Maschine portioniert die Chips nämlich automatisch in zwölf Behälter, die zugleich eine Präzisionswaage sind. Auf den ersten Blick scheinen die Portionen gleich gross, vom Gewicht her gibt es natürlich Unterschiede. In der einen Klappe sind vielleicht etwas grössere Chips drin, die gemeinsam 35 Gramm wiegen. In der anderen sind es etwas weniger und die Portion wiegt nur 29 Gramm. Nun errechnet ein Computer, welche Klappen er öffnen muss, damit genau 175 Gramm Chips unten in der Verpackung landen.

Auch das geschieht innert Sekunden und zack, sind die prall gefüllten Packungen schon im orangen Karton, den ein Roboter schliesslich auf ein Palett stapelt. «Wir haben zwölf Verteilzentren und 90 Lastwagen, die Chips und Snacks in der ganzen Schweiz verteilen», sagt Paul Beck. Eine ausgeklügelte Logistik ist der Schlüssel für Zweifels Frischegarantie. Die Chips dürfen natürlich nicht lange im Lager herumstehen.

Zum Abschluss besichtigen wir noch die hauseigene Ausstellung zur Geschichte von Zweifel, wo wir uns durchs Sortiment probieren dürfen. Hat der Nachmittag wie ein Horrorfilm angefangen, ist das jetzt eher «Charlie and the Chocolate Factory». Zwar brauchst du für den kostenlosen Besuch in der Zweifel-Fabrik kein goldenes Ticket. Allerdings ist viel Geduld nötig, da die Führungen über Monate hinweg ausgebucht sind.
Meine Podcast-Partnerin Judith und ich haben über den Besuch bei Zweifel in Ausgabe 50 unseres Podcasts «Uftischt» gesprochen.
Als ich vor über 15 Jahren das Hotel Mama verlassen habe, musste ich plötzlich selber für mich kochen. Aus der Not wurde eine Tugend und seither kann ich nicht mehr leben, ohne den Kochlöffel zu schwingen. Ich bin ein regelrechter Food-Junkie, der von Junk-Food bis Sterneküche alles einsaugt. Wortwörtlich: Ich esse nämlich viel zu schnell.