

Schlaf Kindlein, schlaf (endlich!)
Im Interview verrät Schlafexpertin Viktoria Gasteiger, wie du dein Kind noch entspannter ins Bett bringst. Zudem stellen wir dir zehn Einschlafrituale vor, damit von deinem Feierabend auch noch etwas übrig bleibt.
Das Zubettgehen der Kinder sollte eigentlich der schöne und idealerweise entspannte Abschluss eines jeden Tages sein. Sollte: Nicht wenige Eltern können wohl ein Lied davon singen, wie nervenaufreibend sich die letzten Minuten eines Tages gemeinsam mit den Kindern gestalten können. Klein Max will hier noch ein Spiel fertig spielen, während Eva unbedingt noch alle Tiere im Bauernhof sortieren muss. Und natürlich darf auch das Matratzenhüpfen nicht zu kurz kommen.

Und wenn Du es endlich geschafft hast, dass die Kinder im Pyjama stecken und ihre Zähne geputzt haben, ist es eigentlich auch schon zu spät für die Gutenachtgeschichte. Nach gefühlten Stunden kehrt Ruhe im Haus ein. Das eine Geheimrezept, wie du Kinder richtig ins Bett bringst, gibt es nicht. Erstens tickt jedes Kind anders und zweitens hängt die Bereitschaft, ins Bett zu gehen, auch von der Tagesform ab. Und doch gibt es ein paar Tricks und Regeln, die helfen können. Ich frage Viktoria Gasteiger, worauf es beim Thema Kinderschlaf ankommt. Die 34-Jährige ist Schlafexpertin und Chefredakteurin von "Schlaffuchs". Dieses Portal widmet sich allen Fragen und Themen rund ums Schlafen.
Weshalb sind Einschlafrituale für Kinder so wichtig?
Viktoria Gasteiger: Einschlafrituale zeigen dem Baby oder Kind auf unterschiedlichen Ebenen, dass es jetzt Zeit ist, ruhig zu werden und bald Schlafen zu gehen. Dabei bereiten Einschlafrituale das Kind nicht nur mental vor, sondern machen am ganzen Körper spürbar, dass jetzt Schlafenszeit ist. Für Babys, aber auch für viele Kinder, ist das so einfacher zu verstehen als nur durch Worte. Ausserdem geben Rituale Sicherheit und helfen vor allem auch in Phasen, in denen das Schlafengehen schwieriger ist. Und diese Phasen kommen bestimmt.
Wie wichtig ist es, dass Kinder immer zur ungefähr gleichen Zeit ins Bett gehen?
Meines Erachtens ist das schon wichtig. Eine fixe Schlafenszeit und ein guter Schlafrhythmus geben Stabilität und machen das Schlafengehen einfacher. Das hilft übrigens nicht nur den Kindern, sondern auch den Eltern. Wichtig finde ich aber auch, nicht zu verkrampft zu sein, wenn es einmal nicht klappt mit der richtigen Schlafenszeit. Das kann immer einmal passieren und in so einem Fall ist es wichtig, ruhig und entspannt zu bleiben, damit sich der Stress nicht auf das Kind überträgt.
Welches sind absolute No Goes beim Zubettgehen?
Zu lautes und wildes Spielen direkt vor dem Schlafengehen. Und Bildschirme von Laptops, Tablets, Fernsehern oder Computern haben im Kinderbett nichts zu suchen, da deren blaues Licht den Einschlafprozess beeinträchtigt.
Wie schaffen Eltern generell eine gute Einschlafatmosphäre??
Besonders wichtig ist es, eine ruhige und angenehme Stimmung herzustellen. Beim Schlafen sollte es im Zimmer zudem so dunkel wie möglich sein. Wichtig ist es, eine gute Einschlafatmosphäre auch immer konsequent zu erneut herzustellen.

Was, wenn mein Kind nur einschlafen will, wenn ich bei ihm liege?
Oft – aber nicht immer ist das so, weil das Kind daran gewöhnt ist, nur so einzuschlafen. Und weil das Thema Schlafen für uns Erwachsene ein so ernstes Thema ist. In vielen Fällen hilft es, das Kind immer wieder gezielt alleine hinzulegen. Dabei würde ich es streicheln und motivieren, liegen zu bleiben, um selber einzuschlafen. Wichtig ist es, dem Kind dabei ein positives Gefühl zu geben. Selber zu lachen, zu singen oder etwas vorzulesen gibt der Situation mehr Leichtigkeit. Zudem sollten Eltern bedenken, dass es immer wieder Phasen (z.B. Entwicklungsschübe) gibt, in denen das Selbereinschlafen selbst bei Kindern, die das gewöhnlich können, nicht so gut funktioniert.
Wie viel Schlaf brauchen Kinder eigentlich?
Im Groben kann gesagt werden: Säuglinge 12-15 Stunden (inkl. Nickerchen), Kleinkinder 11-14 Stunden (inkl. Nickerchen), Vorschüler 10-13 Stunden und Schulkinder 9-11 Stunden. Grundsätzlich würde ich aber sagen, Kinder sollten so viel schlafen, dass sie sich während des Tages wohlfühlen. Wenn sie untertags gut gelaunt sind, ausgeruht wirken und auch mit Frustration klar kommen, haben sie wahrscheinlich auch ausreichend geschlafen. Im Gegensatz dazu erkennst du Kinder, die zu wenig schlafen, oft sehr gut daran, dass sie häufig schlecht gelaunt sind, nicht alleine spielen wollen oder sich schlecht konzentrieren können.
Diese 10 Rituale könnten Dir helfen
Soviel zur Theorie, welche dir in Ansätzen sogar bekannt sein dürfte. Doch wie setzt du diese in die Realität um und welches sind denn die geeignetsten Einschlafrituale? Hier eine Liste mit 10 Klassikern, die das Zubettgehen erleichtern. Allen gemeinsam ist, dass sie beruhigend wirken und immer wiederholt angewandt werden. Ob ein Ritual bei deinem Kind dann auch wirkt, muss natürlich erst erprobt werden.
1. Zähne putzen, Gesicht und Hände waschen
Oft beginnt das Zubettgehen mit dem Zähneputzen. Damit zu beginnen macht Sinn, weil viele Kinder sich vor dem Zähneputzen sträuben. Manchmal hilft nicht mal der Hinweis auf die schädlichen Zahntüüfeli etwas. Allenfalls kannst du dein Kind auch mit einem lustigen Zahnputzlied zum Zähneputzen animieren.
Wenn Kinder aber erst einmal verstanden haben, dass es am Zähneputzen nichts zu rütteln gibt, und dieses ein fester Bestandteil des Abendprogramms ist, werden sie das Zähneputzen verinnerlichen. Gleich wie das Zähneputzen kann übrigens auch das Waschen von Gesicht und Händen zum Ritual werden.
2. Bad nehmen
Wenn zwischen Abendessen und Zubettgehen genügend Zeit bleibt, kannst du das Kind auch mit einem Bad auf die Schlafenszeit vorbereiten. Wie auch bei Erwachsenen sorgt ein warmes Bad für Entspannung und stimmt es aufs Schlafen und die anstehende Reise ins Land der Träume ein.
3. Pyjama anziehen
Sich den Kleidern und der schmutzigen Unterwäsche und Socken zu entledigen, und stattdessen in das kuschelige Pyjama zu schlüpfen, kann als Initialzündung für das Zubettgehen bezeichnet werden. Lass deine Kinder dabei ihr Pyjama selber anziehen, sie lieben es in der Regel.
4. Aufräumen
Natürlich darf ein Kinderzimmer danach aussehen, was es ist. Sprich es liegen vereinzelt Dinge herum, nicht alles steht perfekt an seinem Platz. Doch es gibt ein Minimum an Ordnung, die vorherrschen sollte, damit dein Kind nicht im puren Chaos einschlafen muss. Klar: Weder Kinder noch Eltern haben Lust, am Abend noch aufzuräumen. Deshalb am besten auf spielerische Weise zusammen mit den Kindern das Gröbste sortieren und verräumen, damit auch optisch etwas Ruhe ins Kinderzimmer einkehrt.
5. Angenehme Atmosphäre durch dimmbare Beleuchtung schaffen
Ebenfalls ins Thema Zimmer-Atmosphäre gehört die Beleuchtung. Es ist selbstredend, dass helle, grelle Lichter nicht zum Schlafen anregen. Dem Kind kann mit der Beleuchtung signalisiert werden, dass es jetzt Zeit zum Schlafen ist. Das passiert am besten mit warmen, gedimmten Lichtern.

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6. Gutenachtgeschichte erzählen
Der Klassiker schlechthin bei den Einschlafritualen ist das Geschichteerzählen. Das eignet sich gleich aus mehreren Gründen. Es fördert die kognitiven und sprachlichen Fähigkeiten und regt die Fantasie an. Und dank der ruhigen und vertrauten Stimme des Erzählers oder der Erzählerin beruhigt sich das Kind, fühlt sich geborgen und wird müde. Ich selber erzähle meinen Kindern oft selber erfundene Geschichten, an denen sie deshalb Freude haben, weil sie meiner Fantasie entspringen. Ist das Kind schon im Schulalter, kann es seine Geschichten auch selber lesen. Kinder lieben es, beim Lesen in ihre Fantasiewelten einzutauchen.


Der Müdere gibt nach - Eine zauberhaft gereimte Gutenachtgeschichte
Deutsch, Andreas Greve, 2021

Der kleine Traumsegler - 33 Vorlesegeschichten zum Einschlafen
Deutsch, Anna Taube, Barbara Rose, 2021
7. Gemeinsam plaudern
Je nach Alter des Kindes muss es auch nicht zwingend das Vorlesen einer Geschichte sein. Wieso nicht zusammen mit dem Kind den Tag nochmals kurz Revue passieren lassen? Was hat es erlebt, was war besonders schön und toll? Das hilft Kindern perfekt, Dinge zu verarbeiten, die sie bewegen und sie allenfalls vom Einschlafen abhalten.
8. Gutenachtlieder singen
Nicht fehlen bei den Einschlafritualen dürfen Gutenachtlieder. Bei kleineren Kindern können auch Spieluhren oder Spielplüschtiere zum Einsatz kommen. Aber nichts geht über einen singenden Vater oder eine summende Mutter. Die Ausrede «ich kann nicht singen» gilt dabei nicht. Es geht nicht darum, den perfekten Ton zu treffen, sondern um die beruhigende Wirkung deiner Stimme. Ausnahmsweise kann auch mal eine CD mit schönen Gutenachliedern in den Player gelegt werden.
9. Kuscheln
Nicht alle Kinder ertragen gleich viel Nähe – auch ich musste diese Erfahrung schon schmerzlich machen. Und je älter ein Kind ist, desto weniger Bedürfnis hat es nach Kuscheln. Aber grundsätzlich sehnen sich kleine Kinder nach Körperkontakt, der ihnen Sicherheit und Geborgenheit vermittelt. Kuscheln kann dabei vieles bedeuten: Von sanftem Drücken, über eine kurze Massage – Kinder lieben Massagen –, bis hin zum Streicheln, Händchenhalten oder einem zärtlichen Kuss. Aber auch ein schlichtes, ruhiges Liegen neben dem Kind kann helfen. Das muss auch nicht zwingend bis zum Einschlafen passieren. Vielen Kindern genügt es, wenn sich ein Elternteil für ein paar Minuten zu ihnen legt und sie so langsam ins Reich der Träume versinken. Und natürlich darf beim Thema Kuscheln auch das oder die Lieblingsplüschtiere nicht fehlen. Diese geben dem Kind das Gefühl, nicht allein im Bett zu sein.
10. Abendspaziergang machen, das Kind sich austoben lassen
All die oben ausgeführten Rituale führen natürlich nur dann zum Ziel, wenn dein Kind müde ist. Was also tun, wenn dem nicht so ist? Je nach Jahreszeit und Stimmung kann ein Abendspaziergang deinem Kind helfen, überschüssige Energie loszuwerden und zur Ruhe zu kommen. Apropos Ruhe: Es kann durchaus auch mal sein, dass ein Kind noch angestaute Energie austoben muss. Sei es mit kleinen Kämpfen, Rangeleien oder Rumhüpfen auf der Matratze. Wichtig ist einfach, dass es vor dem Zubettgehen erneut zur Ruhe kommt, indem ein anderes Ritual angewandt wird.
Kleiner Trost: Alle Eltern kämpfen an der gleichen Zubettgehen-Front
Ganz egal, welches dieser Rituale zu deinen Kindern passt: Wichtig ist, dass eine Routine und eine Stimmung entstehen, die dem Kind vermitteln, dass es jetzt Zeit fürs Bett ist. Und sollte dein Kind gerade eine Phase durchmachen, in der es nicht zu Bett gehen will, so ist es vielleicht tröstlich zu wissen, dass auch andere Eltern mit Schlafproblemen ihrer Kinder zu kämpfen haben. Fakt ist: Ein ruhiges und reibungsloses Zubettgehen bringt Kinder nicht nur schneller zum Einschlafen, sondern sorgt dafür, dass die Partnerschaft am Abend nicht zum Fremdwort mutiert, sondern tatsächlich gemeinsam genossen werden kann. Na dann: Gute Nacht!
Zweifachpapi, nein drittes Kind in der Familie, Pilzsammler und Fischer, Hardcore-Public-Viewer und Halb-Däne. Was mich interessiert: Das Leben - und zwar das reale, nicht das "Heile-Welt"-Hochglanz-Leben.