
Räbeliechtli, Räbeliechtli – Stephie schnitzt Mr.Bean

Ich habe als kleines Mädchen zwei Events mega toll gefunden: Weihnachten und den Räbeliechtli-Umzug. Jetzt, nach dem ich seit über zehn Jahren keine Räbeliechtli mehr geschnitzt habe, versuche ich mich zum ersten Mal wieder an eines heran.
Im November gibt es in der Schweiz einen kleinen, aber süssen Brauch namens Räbeliechtli. Hier werden keine Kürbisse geschnitzt, sondern Räben oder Herbstrüben, wie sie in Deutschland bekannt sind. Die Räben werden ausgehöhlt, geschnitzt und mit Hilfe von einer Kerze zu schönen Laternen umfunktioniert. Mit eben dieser Laterne ziehen die Kinder und Jugendliche mit stolzgeschwellter Brust, abends singend in einem grossen Umzug durch ihr Dorf oder ihre Stadt.
Woher kommt der Brauch? – leider etwas religiös, aber janu!
Zum Ursprung des Brauchs gibt es viele Theorien. Einerseits heisst es, dass der Brauch entstanden ist, weil die Leute früher in der kalten und grauen Jahreszeit mehr Wärme und Licht haben wollten.
Die Version, die ich von meiner Schulzeit her kenne, ist, dass es ein christlicher Brauch ist, der am Martinstag gefeiert wurde. Der Martinstag ist am 11. November 2017. Dieser Tag wurde als christliches Beisammensein und zu Ehren Martins gemacht. Martin, laut biblischen Erzählungen, hat in einer kalten Nacht mit einem Bettler seinen Mantel geteilt. Der arme Bettler soll aber Jesus undercover gewesen sein, der sich dann später Martin gegenüber offenbarte.
Ich glaube, die Wenigsten wissen, woher der Brauch Räbenlichtli kommt. Vielleicht ist meine Version auch falsch. Who knows? Das ist aber eigentlich auch völlig egal. Schön sind der Umzug und der Gesang der Kiddies mit ihren schönen Leuchten.
Halloween ist mir zu konsumorientiert. Auch finde ich den Brauch, dass Kinder sich Süssigkeiten erpressen irgendwie etwas verwerflich. Räbeliechtli ist viel einfacher. Es werden keine anderen Leute hineingezogen, man braucht kein Geld für ein Kostüm auszugeben, höchstens warme Kleidung und vor allem warme Schuhe (!) sind sehr von Vorteil! Räbe, Schnur und Kerze gekauft und los geht’s!
Warum fand ich Räbeliechtli immer so cool?
Räbeliechtli waren cool, sind cool und werden immer cool bleiben. Das ist nun mal so. Warum?
- Ich konnte in der Schule einen ganzen Tag lang basteln.
- Ich durfte dabei dreckig werden. Yes!
- Oft wurde Musik oder Hörbuch gehört, während dem wir Kinder an unseren Räben gearbeitet haben.
- Ich hab die ganze Zeit Räbeninnereien gefuttert!
- Abends dann war der Umzug und ich durfte mit meinen Freundinnen im Dunkeln spazieren gehen und bin dabei regelmässig, mehr oder weniger absichtlich, für kurze Zeit verloren gegangen. ;)
- Nach dem Umzug versammelten sich alle auf dem Sportplatz und es gab Kürbissuppe! Gibt es etwas Besseres, wenn man durchgefroren und hungrig ist? Ich glaube nicht!
Aber wie geht das jetzt? – Anleitung eines Laien
Am besten ist, wenn du die Räbe am Tag des Umzugs vorbereitest. Es ist ein Gemüse und hat daher die Tendenz braun und schrumpelig zu werden. Wenn das nicht klappt, kannst du die Räbe auch in einer Salzlösung aufbewahren. Sie sollte auf jeden Fall kühl gelagert werden.
1. Was du brauchst:

Materialliste für ein Räbenlichtli, welches du auf deinen Tisch oder Balkon stellen möchtest:
- eine (oder mehrere) Räbe(n)
- ein kleines scharfes Messer
- ein Brotmesser
- Schneidebrett
- Melonenausstecher / Löffel
- Linolschnittwerkzeug, geht aber auch nur mit Messer
- Schüsselchen für den Inhalt der Räbe
- Kleine Guetzli-Form(en)
- Elektronisches oder normales Teelicht
Wenn du das Räbenliechtli als Laterne tragen willst:
- Entkerner
- Holzstäbchen / Zahnstocher
- Schnur
- Schere
2. Deckel ab

Leg die Räbe auf das Brettchen und schneide den «Deckel» mit einem grossen Messer ab. Es wird empfohlen, 3-5 cm abzuschneiden. Falls du die Räbe als Laterne tragen willst, dann machst du es lieber ein bisschen dicker.

Falls die Räbe nicht stehen will, schneide ihr unten den Hintern flach ab.
3. Holy Räbenliechtli

Jetzt kommt bereits der Melonenausstecher ins Spiel! Damit kannst du die Räbe nun aushöhlen. Sei grundsätzlich vorsichtig dabei! Lieber etwas langsamer arbeiten, dafür geht nichts kaputt.
Wenn dich wie mir, der ausgelöcherte Look von innen stört, dann kannst du es ganz einfach mit einem Eisportionierer noch ausbessern.
4. Verziere drauf los! - let’s get creative

Jetzt kannst du die Räbe verzieren! Für Kiddies eignen sich Förmchen ganz gut. Und auch empfehlen kann ich ein Linolschnittwerkzeug. Da musst du schauen, dass wirklich alle Ecken in die Räbe gedrückt werden und es nicht verrutscht. Beim ersten Versuch bin ich da kläglich gescheitert. ;)
Auch hier ist wieder Vorsicht geboten, denn die Wand bricht schneller als du denkst.

Mit einem kleinen, spitzen Messer oder einem Skalpell kannst du nun die obere Räbenhaut vorsichtig entfernen.
Du kannst auch etwas tiefer gehen, wenn du gerne einen leichten 3D-Look möchtest, aber es kann sehr harte Arbeit sein und ist heikel wegen der Wand.
Wenn du Angst um die Finger deiner Kinder hast, empfehle ich dir die Klinge des Messers mit Klebeband abzukleben und nur die Spitze freizulassen (und sind wir mal ehrlich, selbst mit einer Messerspitze können genug Unfälle passieren. Better be safe than sorry!)
Bist du nicht sicher, ob deine Räbe schön leuchten wird? Halte sie gegen das Licht und schau, ob es bereits durchschimmert. Wenn nicht, geh zum zweiten Schritt zurück und höhle supervorsichtig dein Räbeliechtli weiter aus.
Nur wichtig, wenn du das Räbenlichtli als Laterne tragen willst. Wenn nicht, überspringe diesen Part:
5. Wandle deine Räbe-Wunderkerze in ein Tragbares Laternli

Da ich für mich kein Laternli gemacht habe, habe ich mich an einem Bild von http://www.schaeresteipapier.ch bedient.
Ganz simpel mit einem Zahnstocher oder was ähnlich Spitzem, drei Löcher stechen und die ungefähr 70 cm langen Schnüre durchziehen. Danach bei jedem Loch einzeln verknoten. Anschliessend machst du drei Löcher in den Deckel der Räbe. Jetzt kannst du die Schnüre da auch durchgefädeln. Am besten hilft dir beim Durchbringen der Schnüre der Zahnstocher. Am Schluss verknotest du das Ganze noch doppelt.

Wenn du möchtest, dass dein Licht oben herausscheint, kannst du den Deckel des Räbenliechtli mit dem Entkerner durchstechen. Wenn du keine Lust auf ein langweiliges rundes Loch hast, kannst du dafür auch eine Backform nehmen.
6. Montiere die Kerze in deiner Räbe

Messe dazu deine Kerze aus und mache ein ungefähr 5 mm tiefes Loch in der Mitte deines Räbeliechtlis, das aber etwas kleiner als deine Kerze ist. So kannst du ganz einfach dein Teelicht hineinstellen, ohne dass es umkippt, wenn dein Kind etwas zu enthusiastisch mit seinem Laternli wedelt.

So! Jetzt bist du startklar für den Räbeliechtli-Umzug!

Nach dem Umzug kannst du den Deckel mit Zahnstochern befestigen und so dein Licht geniessen, bis es schrumplig und klein geworden ist. ;)
Voilà, mein erstes Räbeliechtli seit Jahren. Das war das Versuchskaninchen: Kann Stephie das überhaupt noch? Wie findet ihr es?

Aber mit meinem zweiten Versuch habe ich mir definitiv mehr Arbeit aufgehalst. Im Video habe ich das extra schnell zusammengeschnitten, aber wenn ich ehrlich bin, war das schon sehr viel Arbeit. ;)

Mein Räbenlichtli in Szene gesetzt von unserem Fotografen Thomas Kunz

Ich geniesse jetzt mal mein Wohnzimmer im Räbenlicht. So schön. Auch wenn mein Mr. Bean da etwas gar grumpy guckt. ;)
Wie früher. Ich bin wieder ein bisschen Kind. <3



Die Welt in 25 Bildern pro Sekunde. Als Journalistin erzähle ich, weil die Welt ist voller Geschichten, die erzählt werden wollen. Ob national oder international, alles was ich dafür brauche, ist Mikrofon und Kamera.