News & Trends

«Ostwind: Aufbruch nach Ora»: Nicht mal am Weltpferdetag sehenswert

Am 20. August ist Weltpferdetag. Um dies zu feiern, fiel mir nichts besseres ein, als im Kino «Ostwind: Aufbruch nach Ora» anzuschauen. Ich hab ja schon ein paar unlogische Filme gesehen, aber dieser Ponyfilm übertrifft alles!

Für dieses Kinoerlebnis sondergleichen, bekam ich seelische Unterstützung von meinem Arbeitskollegen Dominik Bärlocher. Er ist Pferdefilmkenner par excellence. Im Gegensatz zu mir kennt er die beiden ersten Teile von Ostwind, da er sie zu Hause auf DVD besitzt und sogar die Bücher dazu gelesen hat! Er konnte mir wichtige Informationen über die Vorgeschichte liefern. Ohne seinen Input hätte ich den Film noch weniger verstanden. Die letzte Aufführung an diesem Tage war um 16:10 Uhr. Das sagt ja schon alles über das Zielpublikum aus. Ich gehöre sicherlich nicht dazu. Im Folgenden sind Spoiler enthalten. Aber glaub mir, du wirst mir noch dafür dankbar sein. ;)

Zu diesem Zeitpunkt hätte ich noch umkehren können.

Zu Beginn dieses deutschen Blockbusters sieht man eine Traumsequenz der Hauptfigur Mika Schwarz (Hanna Binke). Darin zu sehen ist eine Herde wilder Pferde, die wie von der Tarantel gestochen auf einem Feld umherspringen. Dabei zeichnen sie mit ihren Hufen einen Kornkreis in den Boden. Dieses Kornkreissymbol verfolgt Mika immer wieder in ihren Träumen. Nach ein paar Tagen entdeckt sie genau dieses Symbol als Brandzeichen auf ihrem Pferd namens Ostwind. Nach dem Durchsuchen von etlichen Büchern über Brandzeichen aus der ganzen Welt findet Mika endlich die Lösung. Ihr Gaul stammt aus Spanien.

Hier musste ich bereits lauthals im Kinosaal lachen. Ich meine, wie blöd muss die sein? Sie besitzt dieses Pferd schon etwa drei Jahre, putzt es täglich zwei Mal und entdeckt dieses Brandzeichen erst jetzt? Im Buch nennt sie das komplexe Symbol einen Haarwirbel. Ich konnte diese Unlogik gar nicht richtig verdauen, da ging es schon mit dem nächsten Irrsinn weiter.

Die Reise

In einer Nacht- und Nebeaktion entschliesst sich Mika dazu, mit Ostwind nach Spanien zu reisen. Sie sattelt das Pferd, packte ein paar Dinge ein und will losreiten. Da taucht aus heiterem Himmel ihr Quasifreund Milan (Jannis Niewöhner) auf und sagt ihr, dass er sie ein Stück begleitet. Schon sitzen sie zusammen im Auto. Er fährt, sie schläft, das Pferd im Anhänger. Die Unlogik trifft mich hart. Losgefahren sind sie mitten in der Nacht in Kassel, Deutschland. Am nächsten Morgen sind sie bereits im Süden am Meer angekommen. Im Film ist nicht ganz klar, wo sie sind. Im gleichnamigen Buch steht, dass sie bis nach Genua gefahren sind. Das sind 950 Kilometer! Sagen wir mal sie sind um Mitternacht losgefahren und beim Sonnenaufgang um 6 Uhr in Genua angekommen. Das würde bedeuten, dass sie mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 160 km/h gefahren sind. Ich finde das total verantwortungslos und gefährlich, da sie mit ihrem Pferdeanhänger ja gerade mal 80 km/h fahren dürften.

Nach diesem Raserdelikt wechselt Mika das Verkehrsmittel und ist nun alleine mit ihrem Pferd auf einem Fischerboot. Von einem Kapitän fehlt jede Spur. Entweder sie fährt alleine, oder aber Regisseurin Katja von Garnier hat sich dazu entschieden, diese Rolle nicht zu besetzen. Jedenfalls steht Mika einfach so mit Ostwind auf dem Deck des Schiffes und tuckert von Genua bis nach Cadiz in Spanien. Cadiz befindet sich in Andalusien. Also ganz am unteren Ende von Spanien in der Nähe von Gibraltar. Diese Überfahrt würde normalerweise mehrere Tage dauern. Die beiden schaffen es jedoch in wenigen Stunden bei absolut ruhigem Seegang.

Quelle: filmstars.de

Die Reise ist hier jedoch noch nicht zu Ende. Sie ist ja auf der Suche nach Ora. Von dort stammt das Zeichen, das auf den Ostwinds Arsch gebrannt wurde. Die restlichen Kilometer absolviert Mika zu Ross. In brütender Hitze trabt sie mit Ostwind planlos durch die Strassen und Felder Südspaniens. Essen und Trinken hat sie keines bei sich. Braucht auch niemand bei 40 Grad im Schatten.

Hier muss ich noch etwas loswerden. Der Film hat meiner Meinung nach einen sehr schlechten Einfluss auf all die kleinen pferdebegeisterten Mädchen und Jungen, die diesen Film schauen. Mika reitet ständig ohne Schutzausrüstung. Sie trägt niemals einen Rückenpanzer, geschweige denn einen Helm. Total unverantwortlich!

Quelle: filmstars.de

Ora

In einem Pferdegestüt mitten im nirgendwo Andalusiens entdeckt sie das Brandzeichen auf einem Pferdeanhänger. Sie hat ihr Ziel also erreicht. Der Pferdehofbesitzer Pedro (Thomas Sarbacher) und seine Tochter Samantha (Lea van Acken) können zufälligerweise fliessend Deutsch. Das ist von Vorteil, da Mika kein Wort Spanisch kann. Es wird irgendwie nicht hinterfragt, wer Mika überhaupt ist und wieso sie aus Deutschland mit ihrem Pferd zu ihnen kam. Das wird einfach als selbstverständlich angesehen. Es wird allgemein in diesem Film nicht viel hinterfragt. Es ist einfach so und fertig.

Als Mika hilft, einen Zaun zu reparieren, findet sie durch Zufall (irgendwie passiert hier immer alles zufällig) eine Quelle. Die Quelle von Ora! Sie geht zusammen mit Ostwind ins Wasser und schwimmt ein wenig umher, bis Samantha zu ihr stösst. Nach ihrem Bad eskaliert die Situation schlagartig und der Plot des Films geht in eine komplett wirre Richtung. Plötzlich taucht eine irre Frau mit einer Schusswaffe auf und will sie von der Quelle vertreiben. Es stellt sich heraus, dass das die Tante von Samantha ist. Tara (Nicolette Krebitz) heisst die gute Frau und lebt seit mehreren Jahrzehnten zusammen mit wilden Pferden in einer baufälligen Ruine. Sie besitzt irgendwelche übermenschlichen Kräfte, die es ihr erlauben, allein über die Gedanken mit den Pferden zu kommunizieren. Sie kann mit einem einzigen Pfiff und Heben ihrer Arme eine ganze Herde Wildpferde herbeirufen, die irgendwie zufällig hinter der nächsten Hecke auf Pfeifen und Arme-Heben wartet. Bei dieser Szene habe ich komplett den Bezug zur Realität verloren. Ab hier wurde alles noch viel unlogischer, als es bisher schon war.

Quelle: cinecitta.de

Um der Story noch einen Bösewicht zu verleihen, taucht auf einmal ein grosser Lebensmittelkonzern auf. Er will die Quelle von Ora zerstören und eine Wasserabfüllfabrik darauf bauen. Um dies zu verhindern, will Mika mit ihren neuen besten Freunden eine alte Tradition wiederbeleben und das Rennen von Ora veranstalten. Dieses Rennen wurde seit 30 Jahren nicht mehr durchgeführt. Schaffen sie es, 200 Leute an das Rennen zu bringen, wird die Quelle unter Kulturschutz gestellt und der Lebensmittelhersteller darf seine Fabrik nicht bauen.

Natürlich gelingt ihnen die Organisation dieses Rennen auf die letzte Sekunde und die Quelle ist gerettet. Am Rennen nimmt auch Ostwind teil und gewinnt das Ganze selbstverständlich. Jedoch nicht mit Mika als Reiterin, sondern alleine. Er überholt alle anderen Reiter mit ihren Pferden und geht als Sieger über die Ziellinie. Erzählungen zufolge ist das Pferd, dass das Rennen von Ora gewinnt, die Seele Andalusiens. Ja ne, is klar.

Für Mika ist die Arbeit in Spanien getan. Sie hat ihre «Mission» erfüllt und will wieder zurück nach Deutschland. Ostwind hingegen ist in seiner Heimat und bei seiner Familie angekommen. Mika realisiert unter Tränen, dass sie ihn freilassen und ohne ihr Pferd die Heimreise antreten muss. Sie tätigt noch einen letzten Ritt auf Ostwind in die Wildnis und lässt ihn bei einer Herde wilder Pferde seinen eigenen Weg gehen.

Wer macht sowas? Den Hengst hat ihre Grossmutter für mehrere zehntausend Euro gekauft und sie lässt ihn einfach frei. Völlig hirnrissig. Natürlich kann sie nach der Freilassung Ostwinds ihren Sattel nicht zu Fuss zurückschleppen. Diesen lässt sie demnach einfach so auf der Wiese liegen und läuft weg. Sind ja auch nur ein paar tausend Euro. Sie hat’s ja nicht bezahlt.

Fazit

Der Film «Ostwind: Aufbruch nach Ora» bietet dem Zuschauer wunderschöne Aufnahmen der Natur Südspaniens gepaart mit einem völlig unlogischen Plot. Er gaukelt einem ein unwirkliches Leben vor, in dem einfach alles ohne Probleme gelingt. Dennoch hat mich der Film auf eine seltsame Art und Weise amüsiert. Ich konnte mir an ein paar Stellen kaum das Lachen verkneifen und durfte während zwei Stunden komplett der Realität entfliehen. Trotzdem muss ich dir sagen, dass du dir selbst einen Gefallen tust, wenn du den Film nicht schauen gehst – nicht einmal am Weltpferdetag.

Die ersten beide Filme sind sicherlich auf dem gleichen Niveau

Das könnte dich auch interessieren:

  • News & Trends

    5 Gründe, weshalb Christopher Nolan der derzeit beste Regisseur ist

    von Dominik Bärlocher

  • Hintergrund

    Der Weltraum... unendliche Weiten: Die weitesten Reisen Hollywoods

    von Vanessa Büchel

  • News & Trends

    90er Jahre-Serien, von denen wir nur schwer Abschied nehmen konnten

    von Natalie Hemengül

17 Personen gefällt dieser Artikel


User Avatar
User Avatar

Bezahlt werde ich dafür, von früh bis spät mit Spielwaren Humbug zu betreiben.


Filme und Serien
Folge Themen und erhalte Updates zu deinen Interessen

12 Kommentare

Avatar
later