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Optische Täuschungen zum Anziehen

Laura Scholz
31.8.2022

Wenn nicht nur die Schönheit, sondern auch die Wahrheit im Auge des Betrachters liegt, drängelt sich ein ganz besonderes Phänomen auf den Trend-Radar: Trompe-l’œil sorgt für Verwirrung und Gesprächsstoff.

Auf gewissen Gebieten eine absolute Schnapsidee, sorgt Vortäuschen in der Malerei und Architektur seit Jahrhunderten für spektakuläre, optische Illusionen. Den Eindruck der Dreidimensionalität erschaffen, wo eigentlich weder Raum noch Tiefe vorhanden sind? Ganz schön clever. So kletterten scheinbar schon Menschen aus Bildern, taten sich endlose Abgründe in harmlosen Fussgängerzonen auf oder wölbten sich pompöse Kuppeln an eigentlich ganz unspektakulären Decken.

Chiesa di San Francesco Saverio, Palermo.
Chiesa di San Francesco Saverio, Palermo.
Quelle: Instagram @lucaferrazzi88

Wer ein Trugbild schöpfen kann, der hat das eine oder andere Ass im Ärmel. Apropos. Auch in der Mode wird ja liebend gern geschummelt. Mit Shapewear in Form gebracht, was sonst nicht in «die Norm» passen will. Mit Silhouetten gezogen oder gestaucht, was sonst die Proportionen durcheinander bringt. Und wenn man nun noch einen Schritt weitergeht? Eine Jeans vorgaukelt, wo eigentlich ein Rock am Körper baumelt? Brüste blitzen lässt, wo sich eigentlich ein Tanktop an die Kurven schmiegt? Das grenzt doch quasi an Magie. Ob sich das auch Jonathan Anderson, Kreativdirektor des spanischen Brands Loewe, und Glenn Martens, seines Zeichens «Head of so ziemlich alles» bei Diesel und Y/Project dachten? Für ihre Herbst-/Winter-Kollektionen schickten sie jedenfalls Entwürfe über den Laufsteg, die beim ersten Betrachten die Illusion von nackter Haut, gewissen Materialien oder Kleidungsstücken kreieren.

Diesel Herbst/Winter '22
Diesel Herbst/Winter '22
Y/Project Herbst/Winter '22
Y/Project Herbst/Winter '22
Loewe Herbst/Winter '22
Loewe Herbst/Winter '22
Quelle: ImaxTree
MM6 Maison Margiela Pre-Fall '22
MM6 Maison Margiela Pre-Fall '22

Die «das Auge täuschende» Mode ist also auf dem Vormarsch. Manch eine:r mag dabei an Eskapismus denken, die Flucht aus der Realität, die gerade in Krisenzeiten besonders verlockend erscheint. Vielleicht wollen Y/Project & Co. dir und mir aber auch schlicht und einfach die anstehende, optisch doch sehr triste Saison etwas aufregender gestalten. Ausserdem ist genau das doch der Stoff, aus dem Gespräche sind. Oder hast du etwa schon ermüdend oft ein Cape gesehen, das sich als Mantel tarnt? Eben. Let's talk about Trompe-l’œil, baby. Let's talk about you and me. Und wer weiss, vielleicht gewöhnt sich die Menschheit auf diese Art und Weise ja endlich auch an den gefürchteten, weiblichen Nippel. Der ist, auf Textil gedruckt oder in echt, nämlich genauso harmlos wie sein männliches Pendant. Versprochen.

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Immer zu haben für gute Hits, noch bessere Trips und klirrende Drinks.


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