

Magnum gegen Goliath? Was es mit Weinflaschengrössen auf sich hat
Wein in Flaschen hat feste Grössen nach klaren Regeln. Eher willkürlich ist hingegen die Namensgebung. Eine Übersicht.
In unserem Podcast «Uftischt» ist eine Diskussion über Weinflaschen und deren Grösse entbrannt. Zugegeben, ich habe Judith ungefragt die Flaschengrösse Magnum leicht chauvinistisch erklärt, im Fachjargon auch «Mansplaining» genannt. Judith wurde der Lage Herr, indem sie sich in der Grösse eines ihrer Körperteile überschätzte, wie das sonst nur Männer tun.
Die ganze Folge gibt es hier.
Jetzt sagst du mir: «Sapperlot, der Podcast ist vor drei Tagen erschienen! Das ist ja alter Wein in neuen Schläuchen!» Dann antworte ich dir: «Wusstest du, dass Wein früher tatsächlich in Schläuchen aus Tierhaut aufbewahrt wurde und der Wein daher sehr schnell ungeniessbar wurde?»
Siehst du? Schon wieder habe ich «mansplained» oder, was ich den viel schöneren Begriff finde, «herrklärt». Was ich im Podcast damit angerissen habe, führe ich hier zu Ende. Es geht um die Grössen von Weinflaschen.
Warum gibt es überhaupt Grossflaschen?
Die populärste Grösse für Weinflaschen ist 7,5 Deziliter oder eben 750 Milliliter, wie es meistens auf dem Etikett steht. Warum das so ist, ist nicht ganz klar. Eine Theorie besagt, dass es die Glasbläsereien früher einfacher hatten, solche Flaschen zu produzieren, weil sie dem durchschnittlichen Lungenvolumen entsprechen. Eine andere Theorie sieht die englische Kundschaft als König: Eine auf die Insel verschickte Kiste sollte genau 2 Gallonen (oder rund 9 Liter) Wein enthalten. Das wären 12 Flaschen. Und schliesslich gibt es die Theorie, wonach die Grösse der Weingläser den Flascheninhalt bestimmt hat. Ein Glas Wein war ein Deziliter, plus ein kleines Supplement fürs gute Gefühl der Kundschaft. So liessen sich sechs Gläser Wein mit einer 0,75 Flasche füllen.
Beim Wein gilt: «Grösser ist besser»
An der Qualität des ausgeschenkten Weines kann es nicht liegen. Wein aus grösseren Flaschen gilt als besser, da dickeres Glas die Temperatur konstant hält und im Verhältnis zur Menge Wein relativ wenig Sauerstoff in der Flasche ist. Zu viel Sauerstoff ist Gift für den Wein, da er oxidiert. Daher gilt beim Wein tatsächlich das, was der Chauvinist fälschlicherweise annimmt: Grösser ist besser. Und im Verhältnis auch teurer.
Damit das Umrechnen einfach bleibt, sind Flaschengrössen immer ein Vielfaches von 0,75. Oder ein Bruchteil, also zum Beispiel die 0,375-Liter-Flasche zum alleine Trinken. Zusätzlich tragen die grossen Flaschen Namen, oft jene von biblischen Königen.
Magnum: 1,5 Liter
Der Name der bekanntesten Grossflasche hat nichts mit dem schnurrbärtigen Privatdetektiven meiner Kindheit zu tun. Magnum bedeutet auf Lateinisch so viel wie «das Grosse».



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Jeroboam: 3 Liter
Jeroboam war 900 vor Christus der erste König Israels. Wer sich den Namen nicht merken kann, kommt auch mit Doppelmagnum zum Ziel.



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Rehoboam: 4,5 Liter
Auch Rehoboam war ein König um 900 vor Christus, und zwar der König des Reichs Juda, südlich von Israel. Sein Vater Salomon wird uns noch einmal begegnen. Diese Grösse ist eher selten.
Methusalem: 6 Liter
Methusalem, der Grossvater von Noah und Urvater vor der Sintflut, soll nach biblischer Überlieferung fast 1000 Jahre alt geworden sein. Im deutschen Sprachgebrauch gilt der Name auch im übertragenen Sinn für ältere Mitglieder einer Gruppe. Für die Flaschen mit sechs Litern gibt es auch den Namen «Impérial», die kaiserliche Flasche.
Salmanazar: 9 Liter
Wir verlassen das gelobte Land für König Salmanazar, der 850 vor Christus über das assyrische Reich im nördlichen Zweistromland herrschte. Sein Königreich würde sich heute über den nördlichen Irak, das nordöstliche Syrien, die südöstliche Türkei sowie den nordwestlichen Iran erstrecken.
Balthazar: 12 Liter
Wir springen ein paar hundert Jahre nach vorne und treffen auf einen der Heiligen Drei Könige, nämlich den, der Myrrhe gebracht haben soll. Jesus soll am Kreuz gar mit Myrrhe versetzter Wein angeboten worden sein. Ob das gleich zwölf Liter waren, ist nicht überliefert.
Nebukadnezar: 15 Liter
Nicht einer, sondern vier Könige des alten Babyloniens trugen den Namen Nebukadnezar. Der bekannteste dürfte Nebukadnezar II. sein, unter dessen Herrschaft nicht nur der Turm zu Babel, sondern auch die hängenden Gärten von Babylon fertiggestellt wurden. Letztere zählen zu den ursprünglich sieben Weltwundern.
Melchior oder Goliath: 18 Liter
Der zweite der adligen, Jesus beschenkenden Dreierbande gibt dieser Flaschengrösse den Namen. Kaspar übrigens ist heute keine Flasche – warum auch immer. Ein zweiter, gängiger Name für die Melchior-Flasche ist Goliath. Hier weicht die Namensgebung etwas ab, denn es handelt sich nicht um einen biblischen Herrscher, sondern einen Riesenkrieger, der vom kleineren David in die Knie gezwungen wurde. Immerhin: auch biblisch.
Salomon: 20 Liter
Mit dem Erbauer des jüdischen Tempels in Jerusalem schliessen wir die Liste der grossen Weinflaschen ab. Es gäbe noch weitere Grössen, allerdings ist bei uns im Shop hier Schluss.
Die grösste aller Flaschen
Den Rekord für die grösste Weinflasche hält mit 480 Litern die Flasche des Weinguts «Kracher» aus dem österreichischen Burgenland. Allein der Korken wirkt im Vergleich zu den Korken einer normalen Weinflasche grotesk.

Quelle: Gasthaus zum Gupf
Die Flasche steht übrigens im Keller des Gasthaus «Gupf» in Rehetobel in der Schweiz.
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Als ich vor über 15 Jahren das Hotel Mama verlassen habe, musste ich plötzlich selber für mich kochen. Aus der Not wurde eine Tugend und seither kann ich nicht mehr leben, ohne den Kochlöffel zu schwingen. Ich bin ein regelrechter Food-Junkie, der von Junk-Food bis Sterneküche alles einsaugt. Wortwörtlich: Ich esse nämlich viel zu schnell.