Ratgeber

Leistungstest für Läufer: eine Übersicht

Ein Leistungstest zeigt, wo du sportlich stehst und welche Schwerpunkte im Training angesagt sind, um die gewünschte Leistung zu erreichen. Welche Messmethoden eignen sich für wen?

Du bist sportlich unterwegs und hast Freude an der Bewegung. Du bist aber auch ehrgeizig, willst dich verbessern, schneller werden oder leichtfüssiger laufen. Sportler möchten wissen, wo ihre Stärken liegen, aber auch, was die Schwächen sind und wie sie diese verbessern können.

Ein Leistungstest zeigt dein aktuelles sportliches Niveau auf. Bei den meisten Testverfahren für Ausdauersportler geht es darum, die individuelle anaerobe Schwelle zu definieren. Diese dient als Ausgangspunkt zur Abstufung der einzelnen Trainingsbereiche. In der Praxis macht es daher Sinn, als Läufer das Resultat eines Leistungstest möglichst in den ersten Wochen nach einem Test zu überprüfen. Dazu bietet sich ein Tempodauerlauf über 30 Minuten an der ermittelten Schwelle an. Wenn du das Schwellentempo nicht über 30 Minuten halten kannst, ist die Schwelle, beziehungsweise die daraus abgeleiteten Stufen, zu hoch angesetzt.

Ob drinnen im Labor oder draussen: Wichtig bei Leistungstests ist, dass sie möglichst standardisiert sind und immer unter den gleichen Bedingungen durchgeführt werden. Nur so kannst du sie schlussendlich aussagekräftig miteinander vergleichen. Und nur der individuelle Verlauf von Testresultaten unter gleichen Bedingungen gibt Aufschluss darüber, ob das sportliche Training fruchtet. Im Folgenden findest du die wichtigsten Testverfahren für Läufer, die bei professionellen Anbietern durchgeführt werden können:

Conconi-Test

Durchführung: Lauf-Feldtest auf einer Rundbahn. Die Probanden laufen einzeln oder in Gruppen von bis zu 20 Teilnehmern auf einer 400-Meter-Bahn von Markierung zu Markierung (alle 20 Meter). Bei jedem Piepston muss der nächste Kontrollpunkt erreicht sein. Begonnen wird mit einer Startgeschwindigkeit zwischen acht und 14 Stundenkilometern je nach Leistungsniveau mit einer Geschwindigkeitssteigerung von 0.5 Stundenkilometern alle 200 Meter. Die Herzfrequenzmessung erfolgt bei jeder Geschwindigkeitsstufe und der Maximalleistung.
Aussage: Bestimmung der anaeroben Schwelle mit Rückschluss auf die Trainingsbereiche. Nur bedingt als Verlaufstest geeignet, da äussere Einflussfaktoren wie zum Beispiel Wind etc. die Testgenauigkeit beeinflussen.
Vorteil: Einfachheit, gleichzeitige Testung von Gruppen möglich.
Nachteil: Zeitlich zu kurze Stufen für ein Einpendeln der Herzfrequenz. Testauswertung nur mittels Herzfrequenzkurve. Erfahrung des Auswerters sowie Vorwissen bezüglich Leistungsfähigkeit des Athleten ist mitentscheidend für die Beurteilung. Als Feldtest von Witterungseinflüssen beeinflusst.
Fazit: Für Gruppen, Nachwuchsathleten, Breitensportler und Studenten, die einen billigen Einstiegstest suchen.
Kosten: Günstig, in der Regel unter 100 Franken. Durchführung an Schulen/Universitäten oder für Vereine leicht möglich.

Laktatstufentest Laufband

Durchführung: Lauf mit Stufendauer von drei bis sechs Minuten. Zwischen den Geschwindigkeitsstufen wird eine 30 Sekunden dauernde Laufpause eingelegt, um das Blut für die Laktatmessung zu entnehmen (Finger, Ohrläppchen). Die Intensität wird stufenweise bis zur individuellen Maximalleistung erhöht.
Aussage: Gute Methode zur Bestimmung der Laktatschwellen und somit der individuellen anaeroben Schwelle, was eine Analyse des aktuellen Trainingszustandes und die Festlegung der Herzfrequenzbereiche der Trainingszonen zulässt. Guter Verlaufstest zur Beurteilung der Leistungsentwicklung.
Vorteil: Labortest mit hoher Standardisierung und Reproduzierbarkeit der Resultate. Kann sportartspezifisch durchgeführt werden (Laufen, Velo auf Ergometer oder Zyklus Ergometer/Rolle).
Nachteil: Kurze Stufenlängen von rund drei Minuten sind knapp zur Erreichung des Laktat-Steady-States. Teilweise Koordinationsprobleme bei Läufern, die sich nicht gewohnt sind, auf dem Laufband zu laufen, vor allem bei hohen Geschwindigkeiten. Auch kann das Tempo auf dem Laufband nicht ins Gelände übertragen werden. Schnelle Tempi sind aufgrund der fehlenden Fussabstossbewegung auf dem Laufband einfacher zu laufen, weshalb oft eine Steigung von rund einem Prozent eingestellt wird.
**Fazit:**Der Aufwand ist vertretbar. Der Test dauert rund 90 Minuten. Für alle geeignet, die zielgerichtet nach Puls trainieren wollen. Wichtig: maximale Belastung nötig = Maximaltest. Test-Wiederholung nach rund zwei Monaten oder im Folgejahr zum selben Saisonzeitpunkt als Verlaufstest sinnvoll.
Kosten: Rund 250 Franken

Spiroergometrie in der SportClinic Zurich beim diplomierten Sportwissenschaftler Matthias Ludwig.
Spiroergometrie in der SportClinic Zurich beim diplomierten Sportwissenschaftler Matthias Ludwig.

Spiroergometrie Laufband

Durchführung: Stufenprotokoll analog zum Laktatstufentest, 30 Sekunden Pause beim Laufbandstufentest für die Blutentnahme. Intensität wird stufenweise bis zur individuellen Maximalleistung erhöht. Atmung durch eine Maske an einem flexiblen Schlauch zur Bestimmung der Gaszusammensetzung in der Ein- und Ausatmungsluft.
Aussage: Lässt eine Berechnung der Trainingsbereiche sowohl über sogenannte ventilatorische Schwellen wie auch über die Laktatkurve zu. Präzise Methode zur Bestimmung der maximalen Sauerstoff-Aufnahme (VO2 max / VO2 peak) als wichtige Einschätzung der möglichen Ausdauerleistungsfähigkeit. Somit guter Screening-Test für die Ausdauerleistungsfähigkeit beziehungsweise zur Potenzialeinstufung eines Nachwuchsathleten.
Vorteil: Labortest mit diversen Mess-Parametern, gilt als genauster Test der Leistungsdiagnostik. Aussage zur Bewegungsökonomie mittels Vergleich der Sauerstoff-Aufnahme-Kapazität im Verlauf bei gleicher Belastung möglich (Laufgeschwindigkeit). Möglichkeit zur Einschätzung der Ausdauer-Leistungskapazität mittels Referenzwerten für verschiedene Sportarten. Wird auch für medizinische Tests eingesetzt.
Nachteil: Kurze Stufenlänge, wenig sportartspezifisch. Zudem mit höherem technischem und apparativem Aufwand verbunden. Proband muss durch die Maske atmen, was nicht von allen gleich gut toleriert wird und vor allem beim Laufen koordinative Schwierigkeiten bereitet, da zusätzlich das Gesichtsfeld eingeschränkt ist.
Fazit: Anspruchsvoller Test, Dauer rund 90 Minuten. Für ambitionierte Wettkampfsportler geeignet. Test-Wiederholung wie beim Laktatstufentest nach rund zwei Monaten oder im Folgejahr sinnvoll. Wenig Mehrwert zu einem qualitativ gut durchgeführten Laktatstufentest.
Kosten: Rund 350 Franken

  • Hintergrund

    Bis an die Grenze und darüber hinaus: Ein Leistungstest, der es in sich hat

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4 x 1000 Meter Feldtest

Durchführung: Ähnlich dem Conconi-Test wird der Feldtest in der Regel auf einer Rundbahn durchgeführt. Die Stufenlänge beträgt 1000 Meter mit einer Pause von zwei Minuten zwischen den Stufen. Die Testpersonen starten einzeln oder in Gruppen in frei wählbaren Intervallen. Die Sportler werden angewiesen, die zurückzulegende Strecke viermal in den unterschiedlichen Intensitäten locker, mittel, schnell und voll zurückzulegen.
Aussage: Guter Hinweis über das subjektive Belastungsempfinden der Probanden, unter Umständen kann falsches Trainingsverhalten (Training in den falschen Bereichen) aufgezeigt werden. Bei passend gewählten Laufintensitäten können Trainingsempfehlungen gemacht werden. Auch als Verlaufstest zu verwenden.
Vorteil: Mehrere Testpersonen gleichzeitig, geringer Aufwand und Kosten. Kann auch ohne Laktat durchgeführt werden.
Nachteil: Aussagekraft hängt stark von der Selbsteinschätzungsfähigkeit und Körperwahrnehmung ab (Wahl der Laufintensitäten) wie auch von der Testdurchführung und den äusseren Bedingungen.
Fazit: Sehr guter Einstiegstest oder zur Testung von Teams/Vereinen.
Kosten: Je nach Gruppengrösse rund 100 Franken pro Person.

4000 Meter mit Marathonläufer Patrik Wägeli.
4000 Meter mit Marathonläufer Patrik Wägeli.

Aufschlussreiche Feldtests

Im Gegensatz zu Labortests finden Feldtests in der Regel im Freien statt und können mit etwas Routine selber absolviert werden.

Feldtests dienen als wichtige Standortbestimmung des wettkampfspezifischen Leistungsvermögens und sollten möglichst sportartspezifisch sein: Der Läufer auf dem Laufband, der Velofahrer auf dem Ergometer, Langläufer auf Skiern, Schwimmer im Wasser und Mountainbiker auf dem Bike. Jeder Sportler ist also in seiner eigenen Sportart und der entsprechenden Umgebung unterwegs. Für die kurzfristige Vorhersage einer Wettkampfleistung sind Feldtests in der Regel meist aussagekräftiger als Labortests, allerdings unter dem Vorbehalt, dass die Umgebungsbedingungen nicht immer beeinflusst und gleich gehalten werden können.

Die zu beeinflussenden Faktoren eines Feldtests sollten möglichst standardisiert sein. Beispielsweise immer die gleiche Testrunde wählen oder die Durchführung des Tests in eine Erholungswoche nach zwei Tagen ohne grössere Trainingsbelastung und bei guter Gesundheit legen. Geht es um die Bestimmung der anaeroben Schwelle, bietet ein 30-Minuten-Test bereits eine gute Grundlage, diese zu bestimmen. Denn normalerweise läufst du bei maximaler und konstanter Anstrengung über 30 Minuten gerade etwa an der Schwelle.

Geht es darum, die Zeit für einen Zielwettkampf abzuschätzen, sollte die Distanz einer Testrunde auf die angestrebte Wettkampfdistanz abgestimmt sein und etwa 50 bis 70 Prozent der Zielstrecke umfassen. Für eine 10-Kilometer-Leistung wäre die Testrunde also etwa 20 bis 30 Minuten lang. Für einen Marathontest dient die Halbmarathondistanz oder ein 25-Kilometer-Lauf und so weiter. Die gewählte Strecke sollte bei konstantem, maximal möglichem Tempo gelaufen werden.

Neben der Endzeit, beziehungsweise dem Durchschnittstempo, kannst du bei einem Feldtest auch den Herzfrequenzverlauf sowie das subjektive Belastungsempfinden (Borgskala) zur Beurteilung hinzunehmen. Und selbst Laktatmessungen sind mit etwas Knowhow und einem Laktatmessgerät möglich.

Nach dem Leistungstest: Füsse hoch und entspannen. Lesestoff von mir gibt's hier. Einfach meinem Autorenprofil folgen.

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Vom Radiojournalisten zum Produkttester und Geschichtenerzähler. Vom Jogger zum Gravelbike-Novizen und Fitness-Enthusiasten mit Lang- und Kurzhantel. Bin gespannt, wohin die Reise noch führt.


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