Die Hunde und Musher bilden eine verschworene Einheit – eine überlebenswichtige Symbiose für das Iditarod
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Iditarod – das härteste Schlittenrennen der Welt

Kein Sportanlass der Welt kennt härtere Bedingungen als das berühmte Schlittenhunderennen in Alaska. 1 800 Kilometer müssen bei minus 50 Grad Celsius möglichst schnell zurückgelegt werden. Das heisst Schneestürme, Eiseskälte und bis zu zwei Wochen ohne Schlaf. Dieses Rennen fordert Mensch und Tier alles ab.

Ein unfassbarer Kraftakt für alle Beteiligten – das härteste Schlittenhunderennen der Welt.

Bei einem Windchill von unter -70 Grad, dem angsteinflössenden Whiteout und arktischen Temperaturen kämpfen sich die Musher – so heissen die Lenker der Hundeschlittengespanne – mit ihren Schlittenhunden quer durch Alaska. Da brauchen nicht nur die Tiere ein dickes Fell, sondern auch deren Besitzer. Warum die Strecke immer weiter nach Norden verlegt wird und was du sonst noch über das Iditarod wissen musst, erfährst du hier.

Alleine auf weisser Flur – ein Musher auf seinem von 16 Hunden gezogenen Schlitten.

Idita...was?

Diese Frage stellt sich in Alaska nicht – dies hat seine Gründe. Als 1925 eine schlimme Diphterieepidemie die Kinder der Ureinwohner aus Nome bedrohte, transportierten 20 Musher die lebensrettende Medizin mit über 150 Schlittenhunden in fast sechs Tagen quer durch Alaska, um die Krankheit zu besiegen und die Menschen zu heilen. Die Hunde wurden zu Helden, die Strecke weltberühmt und das Iditarod war geboren. Das erste Rennen fand dann tatsächlich erst 1973 statt. Der Name stammt übrigens vom gleichnamigen Ort mitten in Alaska.

Schon vor beinahe 100 Jahren waren die Bewohner von Nome auf die Schlittenhunde angewiesen.

Auf die Zeremonie folgt das Rennen

Bevor das berüchtigte Schlittenhunderennen jeweils offiziell beginnt, wird traditionell in Anchorage und mit einer Zeremonie gestartet – für die Zuschauer, die Medien und die Bekanntheit. Hierfür wird – wenn es denn sein muss und dem Klimawandel sei Dank – tonnenweise Schnee mit Lastwagen herangekarrt und eine Spur für die Schlitten auf den Strassen ausgelegt. So erleben die Zuschauer die Gespanne für kurze Zeit auf ungefähr 30 Kilometern live und hautnah, bevor diese zwei Tage später beim regulären Start in die eisigen Weiten von Alaska verschwinden.

Ein Musher lässt sich vor dem Start für und mit Fans fotografieren.

Einmal Norden, einmal Süden

In ungeraden Jahren führt die offizielle Strecke über eine südliche Route, während es in den geraden Jahren den Norden zu bewältigen gilt. Aufgrund des Klimawandels und der Erderwärmung werden jährlich sowohl die südliche als auch die nördliche Strecke etwas weiter in den Norden verschoben. Gezwungenermassen, denn auch der Antarktis geht langsam aber sicher der Schnee aus. Im letzten halben Jahrhundert sorgte die Klimaerwärmung dafür, dass die Temperatur in Alaska im Durchschnitt um drei Grad gestiegen ist – mehr als doppelt so viel wie in den restlichen Staaten.

Sogar in Anchorage muss mittlerweile der Schnee tonnenweise mit Lastwagen herangeschleppt werden.

Besser als jedes Schneemobil

In den schneebedeckten Feldern und unberührten Wäldern von Alaska gibt es kein vernünftigeres Transportmittel als die Schlittenhunde. Die Kälte lässt sogar das Benzin gefrieren und sorgt dafür, dass sich die Menschen komplett auf die Hunde verlassen müssen. Ausserdem sind die Vierbeiner auch kostengünstiger als jede motorisierte Transportmöglichkeit – alles, was sie brauchen, ist Futter, ein Zuhause und ein paar Streicheleinheiten. Noch viel wichtiger aber ist die Tatsache, dass die Schlittenhunde beim Iditarod beispielsweise verdeckte Wasserlöcher oder zugeschneite Eisspalten geschickt umlaufen. Oder zumindest den Schlitten des Mushers davor zum Stehen bringen. Das kann kein Schneemobil.

Hunde und Schlitten sind bei Schnee und Eis in Alaska das beste Fortbewegungsmittel – dies gilt auch für das Iditarod.

Sechs Stunden Rennen, sechs Stunden Pause

Erholung für die Hunde ist genauso wichtig wie für den Menschen. Denn das Bild, dass vorne die Hunde rennen und hinten die Musher auf ihren Schlitten die Landschaft bestaunen können, ist falsch. Mindestens die Hälfte der beinahe 2 000 Kilometer läuft der Musher mit oder schiebt den Schlitten gar selbst. Während der Ruhephasen werden die Hunde gefüttert, die Pfoten und das Fell kontrolliert, es wird auch gestreichelt und geschmust. Schnee schmelzen, damit die Vierbeiner trinken können, und ihren Körper massieren sind ebenfalls Aufgaben eines Mushers. Nachdem der Schlitten kontrolliert und etwas gegessen wurde, ist es Zeit für etwas Schlaf. Wenn ein Musher eine Stunde Schlaf kriegt, kann er sich glücklich schätzen.

Die Originalstrecke aus 1925, inklusive der Ortschaft Iditarod, die als Namensgeber für das Rennen fungiert.

Unbekannte Helden

Hierzulande kennen nur eingefleischte Iditarod-Fans einige der Musher – beispielsweise Vater Mitch und Sohn Dallas Seavey, von denen zwischen 2012 und 2017 jeweils einer der beiden das Rennen gewann. Dieses Jahr wird nur der Vater am Start sein. Die Teilnehmer kommen vorwiegend aus Alaska, aber auch Musher aus schneeaversen Regionen wie Texas oder Australien sind vertreten. Längst sind auch Frauen auf den Geschmack gekommen, 2018 starten 17 Damen. Eine davon, Marcelle Fressineau, wurde in der Schweiz geboren, ist 63 Jahre alt und gibt als Hobbys Outdoor-Aktivitäten sowie Bücher schreiben an.

Die wahren Helden

Nebst all den involvierten Personen, den zahlreichen Sponsoren und all der Publicity gehen die echten Helden gerne vergessen: die Hunde. Die wichtigste Position ist diejenige der beiden Leithunde zuvorderst im Gespann. Guinness und Diesel, Digger und Nugget, Reece und Hero oder Mattie und Granite werden in Alaska gefeiert wie Neymar und Messi, Ronaldo und Bale oder Müller und Lewandowski in Europa. Ohne das Gespür, die Erfahrung und die Ruhe der Schlittenhunde ist selbst der beste Musher chancenlos. Nicht zuletzt sollte auch die Chemie, Harmonie und Psychologie zwischen Tier und Mensch stimmen, um siegreich – oder überhaupt – in Nome anzukommen.

«Wenn die Hunde nicht gut sind, bleib zu Hause!»
William Kleedehn, Musher aus Kanada

Alles für den Hund

Dass der beste Freund des Menschen nicht nur als Motor missbraucht wird, zeigen die zahlreichen Vorschriften: Es gibt Zwangspausen, Tierärzte kontrollieren regelmässig die Gesundheit der Tiere, Stroh als Unterlage sorgt dafür, dass die Hunde nicht auf dem kalten Schnee schlafen müssen, ihnen werden spezielle Schuhe und Mäntel angezogen und sie erhalten ihr Essen stets vor dem Musher. Dass es bei solchen Rennen nicht immer ohne Verletzungen oder Schlimmeres funktioniert, ist zwar traurig, aber auch nachvollziehbar. Was aber ebenfalls erwähnt werden muss, ist die Tatsache, dass teilweise – und vor allem verbotenerweise – nach wie vor zu langsame Hunde erschossen, Pausen für die Tiere nicht eingehalten und die Vierbeiner nicht artgerecht gehalten werden. Die Organisatoren arbeiten jedoch eifrig daran, um zusammen mit Tierschützern solche Aktionen rigoros bestrafen und vom Wettkampf fernhalten zu können.

Ohne sie läuft gar nichts: Das Hundegespann ist die zentrale Einheit beim Schlittenhunderennen.
Titelbild: Die Hunde und Musher bilden eine verschworene Einheit – eine überlebenswichtige Symbiose für das Iditarod

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Wenn ich nicht gerade haufenweise Süsses futtere, triffst du mich in irgendeiner Turnhalle an: Ich spiele und coache leidenschaftlich gerne Unihockey. An Regentagen schraube ich an meinen selbst zusammengestellten PCs, Robotern oder sonstigem Elektro-Spielzeug, wobei die Musik mein stetiger Begleiter ist. Ohne hüglige Cyclocross-Touren und intensive Langlauf-Sessions könnte ich nur schwer leben. 


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