

Grünabfall: Diese Beutel sind Müll

Grünabfall sammeln lohnt sich. Doch es kommt darauf an, worin. Denn einige Beutel, die du kaufen kannst, zersetzen sich gar nicht richtig.
Wie konnte ich nur?! In meiner ersten Wohnung warf ich Rüstabfälle anfangs in den herkömmlichen Abfall. Bis ich herausfand, dass es auch mitten in der Altstadt eine öffentliche Grünabfallentsorgung gibt. Seither gab mir das grüne Kesselchen in der Küche ein gutes Gefühl – erst recht mit seinem biologisch abbaubaren Säckchen.
Naja, das war einmal. Denn kürzlich bin ich auf einen Beitrag gestossen, der darüber aufklärt, dass sich nicht alle Grünabfallsäcke zersetzen. Auch einige, die als «biologisch abbaubar» angepriesen werden, nicht. Das stinkt gewaltig, finde ich – und will herausfinden, ob das auch für die Schweiz gilt.
An der Realität gescheitert
Die traurige Gewissheit kommt bald. Romy Tebib, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK), teilt mir mit: «Es gibt auch bei uns das Problem mit den Grünabfallsäcken.» Der Grund: Ihre Abbaubarkeit wurde nicht auf einer Vergärungs- oder Kompostierungsanlage getestet, sondern im Labor. Dort bleibt den Grünabfallsäcken bei erhöhter Temperatur oft bis zu sechs Monate Zeit, sich zu zersetzen. Das Label «biologisch abbaubar» erhalten sie häufig bereits, wenn sie noch nicht zu 100 Prozent abgebaut sind.

Quelle: Urban Roots/Scarlet Allen
Auf den Anlagen hingegen herrschen keine Optimalbedingungen. Betriebe können Grünabfallsäcke viel weniger lang liegen lassen. Plastik, der so zurückbleibt und von dem nicht sicher ist, ob er abbaubar ist, müssen die Mitarbeitenden in mühsamer Handarbeit aussortieren. Und, wie mir Isolde Erny von der Baudirektion des Amts für Abfall, Wasser, Energie und Luft (AWEL) des Kantons Zürich verrät: Wenn Kunststoff nicht zweifelsfrei als biologisch abbaubar identifiziert werden kann, muss der Abfall zurückgewiesen werden. Sprich: Er kommt in die Kehrichtverbrennung. Die Kosten trägt der Abgeber, meist die Gemeinde – und letztlich auch die Umwelt.
Gitterdruck und Label als Erkennungszeichen
Worauf also solltest du achten, wenn du Grünabfallsäcke kaufst? Romy Tebib wie auch Isolde Erny nennen das Zertifizierungslabel EN 13432, oft in Kombination mit einem Keimling- oder OK-compost-Logo und meist erkennbar durch den Gitterdruck. Gemeint sind die feinen, weissen Linien, die sich über die Säcke ziehen.

Quelle: Darina Schweizer
«Es gibt zwar auch da keine hundertprozentige Garantie, dass sie sich auf allen Anlagen komplett zersetzen. Und es gibt auch zertifizierte Säcke ohne Gitterdruck. Nichtsdestotrotz befürworten wir die Verwendung von Säcken mit Gitterdruck, da sie leicht als zertifiziert erkennbar sind und nicht aussortiert werden müssen», sagt Romy Tebib.
Bei uns im Shop sind das beispielsweise folgende Produkte:
Auch diese Produkte sind zertifiziert, jedoch nicht durch den Gitterdruck erkennbar und deshalb bedingt zu empfehlen:
Auf den Entsorgungsanlagen aussortiert würde dieser Sack, von dem abzuraten ist:
Falls du dir unsicher bist, informierst du dich am besten bei deiner Wohngemeinde. Laut Isolde Erny sollte diese wissen, ob und welche Beutel du verwenden darfst.
Das kommt mir nicht in die Tüte
Ein Blick in meinen Grünabfallkessel erleichtert mich: Ich verwende zertifizierte Grünabfallsäcke mit Gitterdruck. Trotzdem muss ich zugeben, dass ich mit ihnen auf Kriegsfuss stehe. Denn meist dann, wenn ich am Sack ziehe, reisst er irgendwo ein. Im Sommer zersetzt er sich teilweise auch schon im Kessel. Eigentlich ein Zeichen, dass ich ihn zu selten leere er abbaubar ist, doch vor allem ärgerlich. Und irgendwie auch unnötig: Denn ich gehe ohnehin mit dem Kessel zur Grüntonne und kippe erst dort den Inhalt rein.
Braucht es also überhaupt einen Sack? Ich für mich habe entschieden: nein. Schliesslich ist das die einzige 100-prozentige Garantie, dass kein Plastik in der Kompostierungsanlage zurückbleibt. Sobald die aktuelle Rolle aufgebraucht ist, werde ich den Grünabfall direkt in den Kessel werfen – als Versuch. Ausspülen muss ich ihn ja sowieso. Und, ich fühle mich zwar alt, wenn ich das sage, aber: Früher hat man das auch so gemacht.

Quelle: Darina Schweizer
Was ich laut Romy Tebib nicht tun sollte, ist: Den Kesselboden mit Zeitungen, (Küchen)papier oder Pappe auslegen, damit sich der Grünabfall besser löst. «Bei diesen Produkten kann man nicht zu 100 Prozent sicher sein, dass sie abbaubar und frei von Schadstoffen sind. Wir empfehlen: entweder zertifizierte Gitterdrucksäcke oder gar keine», so die wissenschaftliche Mitarbeiterin des UVEK. Dann versuche ich es also ohne Grünabfallsack. Bleibt zu hoffen, dass mein Experiment nicht für die Tonne ist.
Grünabfall
Worin sammelst du Grünabfall?
- Gar nicht.18%
- In einem Beutel ohne Gitterdruck.8%
- In einem Beutel mit Gitterdruck.34%
- Direkt im Kessel.41%
Der Wettbewerb ist inzwischen beendet.


Ich mag alles, was vier Beine oder Wurzeln hat. Zwischen Buchseiten blicke ich in menschliche Abgründe – und an Berge äusserst ungern: Die verdecken nur die Aussicht aufs Meer. Frische Luft gibt's auch auf Leuchttürmen.