

Dubai-Schokolade: Bei diesem Hit mach ich nicht mit

Sie soll unwiderstehlich knuspern und beim Draufbeissen eine Geschmacksexplosion auslösen: Im Netz wird die Dubai-Schokolade in höchsten Tönen gelobt. Meinen Geschmack trifft die Luxus-Schoggi im Test nicht.
Meine Nase rümpft sich bis zum Anschlag, als ich einer Tiktokerin zuschaue, die in eine Tafel Dubai-Schokolade beisst. Die grüne, klebrige Füllung quillt zwischen ihren Zähnen heraus. Sie seufzt genüsslich – ich angewidert.
Dubai-Schokolade hat auf Social Media in den letzten Monaten einen Riesenhype ausgelöst. Das ist mir ein Rätsel. Denn mich stösst so gut wie alles ab, was diese Schokolade ausmacht:
- Ihre Herkunft: Dubai (da schmerzt mein Schweizer Schoggiherz).
- Ihr Preis: ca. 94 Franken pro Kilo (da schmerzt mein Geldbeutel).
- Ihr Aussehen: schmierige Füllung, kitschige Verzierung (da schmerzt der Anblick).
Doch was habe ich als wohlverzogenes Kind gelernt: «Probieren geht über Studieren.» Vielleicht überzeugen ja ihre inneren Werte. Sofort melde ich mich bei unserer Category, als die Schokolade im Oktober in die Schweiz und auch in unser Sortiment kommt.
Eine eingetütete Kopie
Wenige Tage später liegt die Edel-Schoggi auf meinem Pult, zusammen mit einem Glas Pistaziencrème. Die Aufschrift «Dubai Style Chocolate» verrät mir, dass es sich nicht um das Original der Firma Fix Dessert Chocolatier handelt. Verständlich, denn diese ist ausserhalb Dubais nur schwer aufzutreiben. Deshalb erhält man bei uns Nachahmerprodukte, hauptsächlich aus dem nahen Osten. Mein Testprodukt stammt aus der Türkei.
Als ich die Tafel herausziehe, bin ich erstmal überrascht. Eine Plastikverpackung hätte ich bei einer so kostspieligen Schokolade nicht erwartet. Auch stört mich die gelb-grüne Verzierung. Zu stark erinnert sie mich an mein selbst gebasteltes Geschenkpapier aus dem Kindergarten, das wir mit Farbe auf alten Zahnbürsten bespritzten. Immerhin ist die 200-Gramm-Tafel ähnlich opulent wie der Dubaier Lifestyle.
Der Moment der Wahrheit
Entsprechend viel Kraftaufwand benötige ich, um eine der massiven Schoggi-Reihen abzubrechen. Etwas Pistazienfüllung bleibt dabei an meinen Fingern kleben. Laut Zutatenliste besteht sie zu 35 Prozent aus gehackten Nüssen. Bei genauerer Betrachtung erkenne ich auch dünne, längliche Stückchen. Das sind Kadayif, in Öl gebratene Teigfäden aus Weizenmehl. Sie haben ihren Ursprung im Südosten Europas sowie im östlichen Mittelmeerraum und machen 18 Prozent der Schoggi aus. Ummantelt ist das Ganze mit Vollmilchschokolade (mindestens 30 Prozent Kakao) sowie Dekormasse mit Farbstoff.

Quelle: Darina Schweizer
Dort beisse ich rein. Die intensive Süsse schlägt mir gleich entgegen. 33,4 Gramm Zucker stecken insgesamt in der Schoggi. Für meinen Geschmack ist das ein Tick zu viel. Auch mag ich es lieber, wenn der Schokomantel etwas dünner ist. Angenehm hingegen: Zwischen den Zähnen höre ich es knuspern. Das müssen die Kadayif-Teigfäden sein. Kein Wunder, gibt es zahlreiche ASMR-Videos dazu:
Ein prickelndes Kribbeln empfinde ich, im Unterschied zu zahlreichen anderen Betrachtern, bei den Kaugeräuschen zwar nicht. Doch die Konsistenz der Schokolade sagt mir zu. Sie erinnert mich an Schokolade mit knusprigen Kakaonibs, Nougat- oder Getreide-Stückchen.
War das schon alles?!
Dennoch: Insgesamt hätte ich ein grösseres Knusper- und Geschmacks-Erlebnis erwartet, erst recht bei diesem stolzen Preis. Der Vergleich mit anderen Pistazien-Schokoladen ist schon happig. Für eine Dubai-Schoggi bekommst du:
- Zweieinhalb Lindor-Tafelschokoladen mit Pistazien von Lindt
- Drei dunkle Bio-Fairtrade-Tafelschokoladen mit Pistazien von Coop Naturaplan
- Vier Les-Adorables-Milchschokoladentafeln mit Pralinenfüllung und Pistazien von Chocolat Frey

Anmerken muss ich jedoch, dass die obigen Tafeln nur aus 1,5 bis höchstens 20 Prozent Nüssen bestehen. Möchte ich den 35-prozentigen Pistazienanteil der Dubai-Schokolade erhalten, müsste ich sie schon selbst herstellen. Rezepte gibt es zur Genüge. Doch sparst du so auch tatsächlich Geld?
Mach's dir besser selbst
Rechnen wir kurz: Würde ich für eine 200-Gramm-Tafel die benötigten 70 Gramm Pistazien bei uns im Shop kaufen, kosteten diese rund sechs Franken. 36 Gramm der Kadayif-Teigfäden wären mit rund 70 Rappen sehr günstig. Es blieben noch über 16 Franken für die restlichen Zutaten. Du siehst: Es lohnt sich definitiv, selbst den Backlöffel zu schwingen.
Noch günstiger – und weniger aufwändig – wäre es, 36 Gramm der Kadayif-Teigfäden mit 106 Gramm der bereits fertigen Pistaziencrème zu vermischen. Für die Schoggi könntest du theoretisch über 17 Franken investieren, um preislich mit der Dubai-Schokolade auf Galaxus gleichzuziehen. Eine so teure Leckerei muss erst einmal erfunden werden.

Quelle: Darina Schweizer
So unrealistisch ist das nicht: Tatsächlich hat der Kronprinz und Verteidigungsminister Hamdan bin Mohammed Al Maktoum bereits eine exklusive neue Sorte bei Fix Dessert Chocolatier angekündigt. Ein kluger Schachzug, um Dubais süsses Image weiter zu polieren. Während unter der glänzenden Hülle nach wie vor Menschenrechte missachtet, Meinungsfreiheit eingeschränkt und masslos Ressourcen verbraucht werden.
Fazit
Die Geschmacksexplosion bleibt aus
Pro
- hoher Pistazienanteil
- knusprig
Contra
- zu süss
- zu dicker Schokomantel
- unschöne Verzierung
- Plastikverpackung
- Preis


Ich mag alles, was vier Beine oder Wurzeln hat. Zwischen Buchseiten blicke ich in menschliche Abgründe – und an Berge äusserst ungern: Die verdecken nur die Aussicht aufs Meer. Frische Luft gibt's auch auf Leuchttürmen.