Packende Action im Sekundentakt – beim Unihockey bleibt keine Zeit, sich auszuruhen
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Die Saison hat begonnen – das grosse Unihockey-Einmaleins

Es wird Herbst, die Blätter verfärben sich und fallen von den Bäumen. Für viele ein Fluch, für einige – wie beispielsweise mich – aber auch ein Segen. Denn im Herbst beginnen nicht nur neue Staffeln eurer Lieblingsserien, sondern auch die Unihockey-Saison. Uni-was, fragst du dich? Ich erkläre es dir.

Sobald es kühler wird, zieht es die Menschen an die Wärme. Klar, ist ja auch logisch und einer der vielen uns angeborenen Instinkte. Die einen verbringen einen regnerischen Sonntag vor dem prasselnden Kaminfeuer, zusammen mit einer heissen Tasse Tee und dem wärmenden Haustier, während sich andere in Museen, Kinos oder Shoppingzentren vergnügen. Und dann sind da noch die Unihockeyaner.

Highlights aus dem Unihockey-WM-Final zwischen Finnland und Schweden im Dezember 2016.

Englischsprachige Kenner der Szene nennen es «floorball», schwedische sowie norwegische Staatsangehörige sprechen von «innebandy» und die Finnen loben ihre «salibandy»-Stars in den Himmel. Im deutschen Sprachraum heisst es Unihockey. Diese vergleichsweise junge Sportart, die in der Schweiz inzwischen zum zweitbeliebtesten Mannschaftssport geworden ist, beinhaltet Action, Speed und haufenweise Tore. Also alles, was das Sportlerherz begehrt. Weshalb der Unihockey-Boom ungebrochen ist, versuche ich euch – zugegebenermassen ziemlich subjektiv – nachfolgend aus eigener Erfahrung zu schildern.

Der Sport der Studenten?

Fälschlicherweise wird oft behauptet, dass Unihockey eine Wortkombination aus Universität und Hockey sei. Auch, da die Sportart vorerst nur an Schulen praktiziert wurde (da dafür eine Turnhalle notwendig ist). Korrekt ist jedoch, dass es eine Abkürzung von Universalhockey ist. Es gibt viele Neunmalkluge, die behaupten, sie hätten diese Sportart erfunden. Seinen Ursprung aber hat das Unihockey – wie könnte es auch anders sein – in den USA. In den Fünfzigerjahren spielten dort Jugendliche mit Plastikstöcken und einer Plastikscheibe Indoor-Hockey, falls die klimatischen Bedingungen eine sportliche Betätigung an der frischen Luft nicht zuliessen.

Das Objekt der Begierde: ein kleiner, weisser und löchriger Plastikball.

In den frühen Siebzigern bekam auch Europa Wind davon. Die Europäer hatten aber keine grosse Freude an der Plastikscheibe und machten daraus kurzerhand einen Plastikball, den sie zu allem Überfluss auch noch mit Löchern übersäten. Vor allem die Schweden, die heute führende Unihockeynation, kriegten nicht genug von dieser neuen Sportart. Mittlerweile existieren weltweit mehr als 4 000 Vereine mit weit über 300 000 lizenzierten Spielerinnen und Spielern. Nebst Schweden haben auch die Finnen, die Tschechen und wir Schweizer ein Wörtchen mitzureden, wenn es darum geht, den Weltmeister im Unihockey zu küren. Aber auch exotische Nationen wie Singapur, Australien oder Südkorea registrieren einen erheblichen Anstieg an Lizenzierten.

Was brauche ich?

Zusätzlich zum «Standard»-Sportoutfit – sprich Shirt, Shorts und Turnschuhe – brauchst du einen Unihockey-Stock, mindestens sieben Freunde und eine freie Turnhalle. Und natürlich einen Unihockey-Ball. Bei den Stöcken gibt es sogenannte Rechts- und Linksausleger. Linksausleger sind all jene Stöcke, bei welchen die Schaufel, die sich am unteren Ende des Stockes befindet und mit welcher gespielt wird, links vom Spieler benutzt wird. Bei den Rechtsauslegern natürlich vice versa. Die Mehrheit der Unihockeyaner spielt links, eine Prozentzahl zu nennen ist jedoch schwierig – persönlich würde ich eine Ratio von 80% links gegenüber 20% rechts schätzen.

Die Spieler auf der Bank verfolgen gespannt das Geschehen auf dem Spielfeld.

Stöcke sind in unterschiedlichen Längen erhältlich, da die Spieler unterschiedlich gross sind – klingt einleuchtend, ist auch so. Eine Faustregel besagt, dass der Stock bis unter den Bauchnabel reichen sollte. Natürlich kannst du durch Ausprobieren auch noch eine Feinjustierung vornehmen. Denn heutzutage bieten Hersteller beinahe jede Länge an. Das Material ist meist Carbon, die Farben decken das ganze Spektrum ab. Auch teilweise gebogene Stöcke sind möglich. Die Bälle findest du ebenfalls in allen möglichen Farben, sie haben jedoch immer 26 Löcher – also gleich viele, wie die Schweiz Kantone hat. Zufall? Ich glaube nicht. Die Löcher sollen die Flugbahn stabilisieren und gleichzeitig die Aerodynamik verbessern. Aus Polyethylen – im Prinzip Plastik – bestehend, sorgt der kleine Weisse nicht nur für schmerzhafte Abdrücke am ganzen Körper der Gegner, sondern auch für unzählige Glücksmomente beim eigenen Team.

Bälle

Stöcke

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Als Torhüter brauchst du keinen Stock, da du dich vorwiegend auf den Knien bewegst. Damit du keine Knieprobleme kriegst, benötigst du Knieschützer. Ausserdem musst du deine Schienbeine, Oberschenkel, Brust, Arme und den Kopf schützen. Du trägst daher einen Helm, ganz viele Polster und männliche Torhüter zudem einen Tiefschutz. Glaub mir, den brauchst du wirklich! Entweder sind die Polsterungen für Beine, Arme und Brust bereits in den Torhüterhosen und -Shirts eingenäht, oder sie werden – wie beispielsweise bei allen professionellen Goalies – direkt am Körper als zusätzliche Westen oder Schoner getragen. Je nach Goalie-Typ sind auch spezielle Handschuhe gefragt, sogar Unihockey-Torhüterschuhe gibt es zu kaufen. Das ist ganz schön viel Material, denkst du? Richtig. Der Torwart kriegt auch einiges ab.

Ein Unihockeytorhüter in Action und voller Montur.

Wie wird gespielt?

Das Unihockeyreglement ist sehr umfassend. Ich möchte hier deshalb nur auf die wichtigsten Grundregeln eingehen. Soll ja keine Schulstunde oder Vorlesung werden. Ach, übrigens: Im Nachhinein einen gelungenen Semesterstart wünsche ich. Also, zurück zu den Regeln.

Feldgrösse, Anzahl Spieler und Spieldauer

Unihockey wird entweder auf dem Klein- oder Grossfeld ausgeübt. Das Kleinfeld (14 auf 24 Meter) ist in etwa mit der Grösse einer normalen, kleinen Primarschulturnhalle zu vergleichen. Beim Kleinfeld stehen drei Spieler und ein Torhüter auf dem Feld. Okay, die Spieler stehen, der Torhüter kniet, sitzt oder liegt. Das Spiel dauert normalerweise zweimal 20 Minuten, mit einer fünfminütigen Pause dazwischen. Die letzten drei Spielminuten werden effektiv gespielt, d.h. die Uhr wird jedes Mal gestoppt, sobald der Ball das Spielfeld verlässt, ein Tor fällt oder ein Foul gepfiffen wird. Im Pokalmodus werden übrigens dreimal 20 Minuten gespielt – und zwar effektiv, über die volle Distanz.

Der Penalty im Unihockey – eine Wissenschaft für sich und höchst amüsant für Zuschauer.

Das Grossfeld (20 auf 40 Meter) hat nur in einer Dreifachhalle Platz. Auf dem Grossfeld agieren jeweils fünf Spieler und ein Torhüter. Im Gegensatz zum Kleinfeld haben die Feldspieler hier meist ihre fixen Positionen wie Verteidiger, Flügel/Stürmer oder Center. Natürlich können bei eingespielten Teams – beziehungsweise besonderen Fähigkeiten einzelner Spieler – auch auf dem Kleinfeld fixe Positionen gespielt werden. Da sich dort das Geschehen aber auf einer viel kleineren Fläche abspielt, ist es oft so, dass jeder Spieler alle Positionen beherrschen und für den Teamkollegen einspringen muss. Grossfeld-Spiele dauern jeweils dreimal 20 Minuten – in den unteren Ligen sind auch hier nur die letzten drei Minuten effektiv, in den oberen Spielklassen die ganze Spieldauer.

Ligen

In der Schweiz existieren sowohl auf dem Klein- als auch auf dem Grossfeld inzwischen fünf Ligen. Da das Grossfeld international ein höheres Ansehen geniesst, liegt der Fokus auch in den einzelnen Ländern auf dieser Spielfeldgrösse. Daher heisst die oberste Spielklasse auf dem Grossfeld in der Schweiz Nationalliga A, die zweite Liga Nationalliga B. Danach wird die Nummerierung fortgeführt, d.h. es folgt die 3., die 4. und schliesslich noch die 5. Liga. Beim Kleinfeld wird die erste Liga auch als erste Liga bezeichnet, was bis zur untersten 5. Spielklasse durchgezogen wird.

Ausschnitte aus dem dritten Playoff-Spiel zwischen Wiler-Ersigen und Langnau, zwei Schweizer Nationalliga-A-Teams.

Verkürztes Regelwerk

Wie bereits erwähnt, existieren hunderte Regeln und Richtlinien. Aus Zeit- und vor allem Platzgründen gehe ich nachfolgend aber nur auf die wichtigsten «Dos» und «Donts» ein. Während in Turnhallen oft vier Holzbänke in den Ecken als Spielfeldbegrenzung reichen, müssen bei Ligaspielen zwingend offiziell genormte (und etwa kniehohe) Banden zum Einsatz kommen. Verlässt der Ball im Verlaufe des Spiels das Feld, wird mit einem Freischlag – oder auch, wie im Fussball, Freistoss genannt – weitergespielt. Welche Seite den Freistoss ausführt, hängt davon ab, welches Team den Ball als letztes berührt hat.

Das weisse Rund: die Banden. Das Gelbe (vom Ei): der Schiedsrichter. Das Weisse: der Ball. Im Zentrum: das Bully.

Stockschläge, das Anheben des Stockes oder harte Checks wie beispielsweise im Eishockey sind beim Unihockey untersagt. Die Sünder werden, je nach Härte des Vergehens, mit einem Freistoss, einer Zwei-, Fünf- oder gar Zehnminuten-Zeitstrafe belegt. Fällt beim Absitzen der Zeitstrafe ein Tor (gegen das bestrafte Team), darf der Feldspieler wieder zurück aufs Feld. Ansonsten muss die Strafe abgesessen werden, auch über die Pause hinweg. Offside, Einwurf oder Eckball gibt es beim Unihockey nicht. Und der Einzige, der den Ball mit den Händen anfassen darf, ist der Torhüter. Oder natürlich der Schiedsrichter. Übrigens: Beim Anpfiff – oder Bully, wie im Eishockey – ruht der Ball, während je ein Spieler links und rechts davon versucht, nach dem Pfiff des Schiedsrichters das Spielgerät mithilfe der Stockschaufel in die eigenen Reihen zu bugsieren, um den hoffentlich siegbringenden Spielzug vorzubereiten.

Auch das Frauenunihockey ist auf dem Vormarsch. Bis und mit C-Junioren sind Mixed-Teams erlaubt.

Sport, Hobby und Leidenschaft

Als mich meine Mutter im zarten Alter von zehn Jahren ins erste Training des Unihockeyclubs der Urdorf Bulls zerren musste, hatte ich noch keine Vorstellung davon, dass mich dieser Sport nicht mehr loslassen würde. Zwanzig Jahre später bin ich nicht nur selbst als Spieler aktiv, sondern coachte auch bereits diverse Juniorenteams – mit (sau)mässigem Erfolg. Gewinnen ist zum Glück aber nur eine Seite der Medaille. Denn Unihockey fasziniert mich auch wegen des Tempos, des Teamgedankens und der Tatsache, dass nach 40 Minuten Spielzeit fünf Sekunden über Sieg oder Niederlage entscheiden können. Es ist für mich mehr als nur ein Ausgleich zur Arbeit. Mehr als nur ein Hobby, um Kollegen zu treffen und «Seich» reden oder machen zu können. Es ist zur Passion und zu einem Teil von mir geworden.

Zu guter Letzt noch etwas Eigenwerbung: «Meine» Jungs, die Herren III (Kleinfeld, 3. Liga, Gruppe 6) von Unihockey Limmattal.
Titelbild: Packende Action im Sekundentakt – beim Unihockey bleibt keine Zeit, sich auszuruhen

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Wenn ich nicht gerade haufenweise Süsses futtere, triffst du mich in irgendeiner Turnhalle an: Ich spiele und coache leidenschaftlich gerne Unihockey. An Regentagen schraube ich an meinen selbst zusammengestellten PCs, Robotern oder sonstigem Elektro-Spielzeug, wobei die Musik mein stetiger Begleiter ist. Ohne hüglige Cyclocross-Touren und intensive Langlauf-Sessions könnte ich nur schwer leben. 


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