

Das Leben mit dem Easy Scooter ist nicht einfach

Eine Woche habe ich mit dem VMAX Easy Scooter T20 verbracht und festgestellt: Er ist nicht für mein Leben gemacht. Aber ich habe auch Menschen getroffen, die Gefallen an ihm finden. Sie dürfen ihn nur nicht fahren.
E-Mobilität ist Alltag geworden. Es hoovert, surrt und summt überall. Und nicht bei allen Geräten ist direkt klar: Ist das jetzt Spielzeug oder ernst gemeint? Der VMAX Easy Scooter T20 ist ernst gemeint, obwohl eigentlich schon der Name ein Witz ist. Oder besser gesagt eine Anmassung. Vmax steht für die Höchstgeschwindigkeit. Yamaha baut einen 200-PS-Töff mit diesen Namen. Und VMAX E-Mobility-Produkte wie diesen kleinen Scooter, der es maximal auf 20 km/h bringt. Daran ändert auch sein neongrünes Sportdesign nichts. Er darf als leichtes Motorfahrzeug ab 14 Jahren mit Töffliausweis und ab 16 Jahren ohne Führerausweis gefahren werden. Auch auf Strassen und Velowegen. Darin unterscheidet er sich von vielen anderen kleinen Elektroflitzern. Mehr zur Strassenzulassung erfährst du hier.
Die technischen Daten
• Leistung: 300 W
• Akku: Samsung Li-Ion 48V
• Reichweite: 25 bis 30 Kilometer
• Ladezeit: zwei Stunden
• Gewicht: 22 Kilo
• Max. Fahrergewicht 150 Kilo (das will ich sehen!)
Der erste Eindruck: klein und schräg
«Das Teil ist ziemlich klein geraten» ist mein erster Gedanke, als Category Marketing Specialist Daniel Feucht auf dem Easy Scooter durchs Büro gefahren kommt. Praktisch, um sich zwischen den Drehstühlen durchzuschlängeln, das ja. Aber auf der Strasse? Ich bin skeptisch. Immerhin: Zur Not lässt sich das Ding zusammenfalten und ins Tram verfrachten. Will ich aber nicht. Ich will damit fahren und mache mich mit der Bedienung vertraut.



Einmal mit dem rechten Daumen auf den roten Startknopf drücken und die Bremse ziehen, schon kann es losgehen. Einen Schlüssel gibt es nicht, den kann ich also auch nicht vergessen. Dafür muss ich immer an ein Schloss denken, wenn ich den Easy Scooter in der Öffentlichkeit abstellen will. Absurd wird es beim Licht, denn da reicht ein Tastendruck nicht. Zwar gibt es einen Schalter, der auch im Display das entsprechende Symbol aufleuchten lässt, aber Vorder- und Rücklicht muss ich danach trotzdem noch von Hand einschalten. Ein Druck auf die Lampe vorne, ein Druck auf die LED-Reihe unter dem Sitz. Es werde Licht. Endlich.
Was ist sonst noch wichtig, wenn man mit 20 km/h durch die Gegend prescht? Na klar, die Hupe! Die gibt einen humorvollen Ton von sich und falls das nicht reicht, kann ich zusätzlich noch mit einer Veloglocke Lärm machen. Der Lenker ist per Schnellspanner höhenverstellbar, der Sattel leider nicht. Ich fahre zwangsweise tiefergelegt.
Die erste Fahrt: Bring mich nach Hause, Easy Scooter!
Meine erste Tour führt vom Büro nach Hause. Normalerweise bin ich mit dem Velo unterwegs, heute ziehe ich am Hang im Schneckentempo an den langsameren Velofahrern vorbei und werde von den schnelleren überholt. Ich spüre ihre Blicke und schäme mich ein wenig. So tief bin ich gesunken. Kauere knapp über dem Asphalt auf einem Mini-Scooter und drehe den Gasgriff auf Anschlag, trotzdem geht es nicht richtig vorwärts.
In der Ebene mache ich den Beschleunigungstest: Von 0 auf 19,8 km/h in 7,15 Sekunden. Dann ist Schluss, weil Schluss sein muss. Aber am Berg komme ich nicht einmal in die Nähe der magischen 20er-Marke. Kurz vor meinem Ziel wird es noch mal steil. Als die Geschwindigkeitsanzeige unter 8 km/h sinkt und der Scooter zu stottern beginnt, nehme ich die Beine zur Hilfe und laufe auf meiner Elektro-Draisine nach Hause. Immerhin weiss ich jetzt, warum der Sattel so tief ist.


Meine Erkenntnisse:
- Für steile Steigungen ist der Easy Scooter nicht gemacht.
- Gefedert wird mit den Bandscheiben, die kleinen Räder reichen Schläge gerne weiter.
- Das Display ist bei Sonnenlicht nur schwer abzulesen, aber auch nicht wirklich nötig. Zu schnell fahren geht ja nicht.
- Die Scheibenbremsen greifen gut und bergab brauche ich sie auch, denn ungebremst wird der Scooter richtig schnell – und das macht völlig ungefedert nur bedingt Spass.
Ein anderes Umfeld muss her
Nach einem weiteren Kurztrip zum Einkaufen mit anschliessendem Draisinen-Bergauflaufen frage ich mich: Wo kann ich bloss mit dem Scooter punkten? Ich fahre damit zum Schulpicknick. Kaum habe ich das Gelände erreicht, bin ich schon von 10 bis 12-jährigen Jungs umringt.
«Sie, Sie, Sie! Geil! Fährt das schnell?»
«Nein, nur 20 km/h.»
«Siiiiieee! Darf ich auch mal fahren?»
«Leider nein, erst mit Töffliausweis.»
«Können Sie damit die Treppen runterfahren?»
«NEIN!?!»



König auf dem Schulhof
Auf den Strassen wurde ich belächelt, auf dem Schulhof bin ich König. Immer wieder muss ich erklären, was der Easy Scooter kann, wer wo damit fahren darf und warum alles Betteln einer Horde 12-Jähriger nichts daran ändert. In weiser Voraussicht habe ich ein Schloss mitgenommen. Später am Abend, als niemand nach Hause will, entdecke ich ein weiteres Feature des Easy Scooter: Er hat einen nach vorne gerichteten Lautsprecher unterhalb des Displays. Per Bluetooth verbinde ich mein Handy, suche eine Polizeisirene auf YouTube und löse die Veranstaltung lärmend auf. Das klappt wunderbar, ich treibe einen lachenden Pulk Kinder über den Sportplatz in Richtung Ausgang.
Zusammengeklappt und eingepackt
Nach seinem grossen Auftritt bekommt der Easy Scooter die Chance, sich als Wochenendbegleiter zu beweisen. Zusammengeklappt lässt er sich gut im Kofferraum verstauen. Mit einklappbaren Fussrasten und ohne Kette oder andere schmierige Teile geht das kompakt und sauber. Ich entführe ihn… in die Berge, ausgerechnet.


Einerseits gehört er da wirklich nicht hin. Anderseits könnte er ein praktisches und abgasfreies Gepäckshuttle sein. Nach und nach fahre ich mit Taschen und Rucksäcken bepackt durch die Natur die letzten paar hundert Meter zur Hütte. Etwas schräg, aber in diesem Fall doch ganz hilfreich. Und die Kühe fühlen sich auch nicht gross gestört.
Fazit
Insgesamt bin ich mit dem VMAX Easy Scooter T20 knapp 10 Kilometer gefahren. In der Stadt, auf dem Land, in der Ebene, am Berg. Dass es nicht mehr wurde, liegt daran, dass längere Strecken einfach keinen Spass machen und das Teil an Steigungen schon mit meinen 70 Kilo schwer zu kämpfen hat. Die grössten Fans des Fahrzeugs waren alle zu jung, um damit unterwegs sein zu dürfen. Wenn du eine 200 Meter lange Lagerhalle besitzt oder Freude daran hast, auf dem Campingplatz kurz damit zum Brötchen holen zu flitzen, ist der Easy Scooter vielleicht was für dich. Je enger der Raum, desto grösser der Spass und der Nutzen so eines wendigen Mini-Scooters. Auf die Strassenzulassung könnte ich verzichten – genau wie auf den ganzen Easy Scooter. Zu meinem Leben passt er nicht.



Einfacher Schreiber, zweifacher Papi. Ist gerne in Bewegung, hangelt sich durch den Familienalltag, jongliert mit mehreren Bällen und lässt ab und zu etwas fallen. Einen Ball. Oder eine Bemerkung. Oder beides.