

Burg Himeji von Mould King im Test: Was kann die Lego-Alternative?

Deutlich günstiger, aber auf den ersten Blick nicht weniger anspruchsvoll – so präsentieren sich die Sets von Mould King. Wie gut ist die Alternative zu Lego? Ziemlich gut.
Ich gehöre zur Generation Lego. Ich bin so alt, dass es bei uns früher nur zwei Spielzeug-Alternativen gab: Playmobil oder Lego. Die Exoten, die mit Fischertechnik spielten oder sich eine Modelleisenbahn leisten konnten, lasse ich aussen vor. Lego prägte meine Kindheit – von der Polizeistation über den Flughafen bis zum Piratenschiff. Mit einem Lego-Set zu Weihnachten konnten meine Eltern nicht viel verkehrt machen.
Das Patent auf die Steine ist mittlerweile abgelaufen. Klemmbausteine dürfen heute auch andere herstellen und verkaufen. Galaxus tut’s, zum Beispiel jene von Mould King aus China. Das Kind im Manne ist mir geblieben. Und so habe ich kürzlich ein Mould-King-Set aufgebaut, und zwar das «Japanese Castle», Seriennummer 22006, 3086 Teile, geeignet ab 14 Jahren.

Macht der Konkurrent genauso viel Spass wie das Original? Nachfolgend meine Erkenntnisse.
1. Verpackung und Aufmachung
Der Karton ist überraschend schwer, als er bei mir ankommt. Es sind über fünf Kilogramm Baumaterial, verpackt in zehn Zipbeutel aus Plastik. Bevor ich loslege, schaue ich mir den Karton noch etwas genauer an. Mein Chinesisch ist etwas eingerostet, ehrlich gesagt nicht vorhanden. So bleiben mir die Schriftzeichen ein Rätsel. Auf der Front des Kartons ist links unten ein transparenter Baustein zu sehen mit irgendeiner Art von Erläuterung. Google Translate sagt: «Star Chess King Zhao Huan Sie von Ziegelei». Hilft nur so mittelmässig weiter. Gibt es woanders mehr Infos zum Set? Auf der Seite ist ein QR-Code aufgedruckt. IPhone gezückt, gescannt – Pech gehabt. Damit kann ich Kontakt zu Mould King herstellen, hätte ich den das China-Whatsapp «WeChat» als App installiert. Ich verzichte.

Auffällig ist, dass das Set zwar als «Burg Himeji» beschrieben wird bei uns im Shop, aber Mould King den Bausatz auf der Verpackung nie als solchen bezeichnet. Vielleicht liegt es daran, dass China und Japan jetzt nicht unbedingt die am besten befreundeten Nationen sind. Ich will mich nicht zu weit aufs Glatteis bewegen, aber wir fänden es in der Schweiz auch nicht so toll, wenn ein Städtchen in Österreich «unsere» Kapellbrücke nachbauen und die dann in Tourismus-Magazinen als «Schweizer Brücke» bewerben würde.
2. Anleitung und Aufbau
Mehr als die Verpackung interessiert mich der Inhalt. So wie Kollege Kevin an seinen Mausmatten schnüffelt, mache auch ich den Geruchstest. Ein Odeur von Plastik mit einem Hauch Karton umweht meine Nase, nichts weiter auffällig oder gar schlimm.
Im dicht gepackten Karton finde ich neben den Tüten mit Material auch das Anleitungsbuch im DIN-A4-Querformat, 164 Seiten dick. Und auf der Titelseite den Begriff «Himeji Castle». Also doch. Das im 17. Jahrhundert errichtete Bauwerk gehört zum Weltkulturerbe. Ist also schon in Ordnung, wenn die Verwendung des Namens über heutigen Streitigkeiten zwischen Ländern steht.
Die Burg Himeji ist ein Set aus der Architektur-Reihe von Mould King. Hier wurde viel Wert gelegt auf die möglichst originalgetreue Interpretation des Baus der Shogun-Dynastie. Entsprechend sind etwa 90 Prozent der Bausteine in nur drei Farben im Set. Also sortiere ich erst einmal weisse, graue und schwarze Bausteine auseinander. Einige braune Elemente sorgen für Abwechslung. Im allerletzten Schritt wird es mit dem blühenden Kirschbaum und seinen grünen und rosafarbenen Elementen richtig wild.

Der Bau geht auf der Grundplatte mit 48 x 48 Noppen los. Es wird keine Noppe verschwendet, die Grundmauern stehen genau am Rand. Etwa 140 dieser angeschrägten Mauerelemente habe ich bis zur Mitte der Anleitung verbaut und damit das Fundament geschaffen für eine sich immer weiter auftürmende Burg. Die hat am Ende eine Höhe von beachtlichen 41 Zentimetern. Fünf Stockwerke inklusive Dachgeschoss mit eleganten Vordächern habe ich dafür gebaut. Spätestens nach dem dritten war die Logik erkennbar und der Bau eine repetitive Angelegenheit, fast schon kontemplativ.

Nur am Ende durfte ich meiner Kreativität etwas freien Lauf lassen. Die Anleitung hätte mir zwar auch beim Kirschbaum die exakte Position jeder Blüte vorgeschrieben, aber ich habe mich nur noch ungefähr daran gehalten. Hat auch funktioniert.

3. Qualität und Preis
Steine von Lego sind aus Plastik, die von Mould King auch. Beide werden aus erwärmtem Kunststoff gepresst. Das Verfahren ist so bekannt und bewährt, dass das Ergebnis keinen grossen Unterschied macht, egal ob auf den Noppen jetzt klein «LEGO» zu lesen ist oder nichts wie bei den Mould-King-Steinen. Die klemmen genauso wie die, die meine Tochter von Lego hat. Manchmal sogar ein bisschen zu fest.
Auf einigen wenigen weissen Steinen des Himeji-Sets sind jedoch dunkle Flecken, die sich auch nicht abwischen lassen. Das zu kritisieren ist aber in etwa so wie die Kritik von Auto-Journalisten, die von Audi, Mercedes und Co. in sonnige Gefilde und Luxushotels zum Testen neuer Modelle eingeladen werden, und in ihren Testberichten dann die diffuse Ausleuchtung eines Handschuhfachs als Kritikpunkt finden.

Mould King liefert alles in allem sauber verarbeitetes Material mit einer Anleitung, die keine Fragen offen lässt. Design und Konzept der Burg sind durchdacht. Das Teil steht am Ende äussert stabil und sieht gut aus.
Mich stört eher, dass der Bau der japanischen Burg etwas freudlos war. Mir fehlten die Überraschungen und der ein oder andere Aha-Moment, die Liebe zum Detail. Natürlich ist die Himeji-Burg in Wirklichkeit jetzt auch kein üppig ausgestattetes Schloss. Aber müssen die Räume bis auf die Leiter zum nächsten Stockwerk wirklich so leer sein, als hätte Marie Kondo hier einen Anfall gehabt? Hätte man den Innenhof nicht etwas liebevoller gestalten können?

Das ist Jammern auf hohem Niveau. Du bekommst für etwa 135 Franken (Stand: Januar 2022) ein Set mit über 3000 Steinen. Bei Lego gibt’s fürs gleiche Geld oft deutlich weniger. Zum Beispiel halb so viele Steine beim White House aus der Architektur-Reihe. Immerhin aber ist hier der Listenpreis von 129 Franken nur noch Lego-Fantasie.
4. Alternative Verwendung
Den Test des Mould-King-Sets hat meine siebenjährige Tochter aufmerksam verfolgt. Warum, habe ich erfahren, als ich die fotografische Dokumentation des Ergebnisses abgeschlossen hatte. Ihr Vorschlag: «Papa, auf der Platte könnte ich doch auch etwas Eigenes bauen, oder?» Ja, durfte sie, denn welcher Vater kann dem treuherzigen Blick seiner Tochter schon widerstehen. So entsteht derzeit eine Alternative zum architektonischen Meisterwerk. Und die Klemmbausteine des dänischen Originals mischen sich unter die des Konkurrenten. Kindern ist so etwas egal, wen sie nicht der Generation Lego angehören.



Journalist seit 1997. Stationen in Franken, am Bodensee, in Obwalden und Nidwalden sowie in Zürich. Familienvater seit 2014. Experte für redaktionelle Organisation und Motivation. Thematische Schwerpunkte bei Nachhaltigkeit, Werkzeugen fürs Homeoffice, schönen Sachen im Haushalt, kreativen Spielzeugen und Sportartikeln.