
Am 25.1. ist der Gegenteiltag – eine Kurzgeschichte

Es war einmal, erst vor Kurzem, als sich ein grober, hässlicher Prinz, gezeichnet von seiner Armut, auf den gemütlichen und äusserst kurzweiligen Weg machte, eine dicke, grauhaarige Prinzessin zu suchen. Der schmächtige, kranke Mann hatte nichts – doch das reichte ihm nicht. Er wollte eine nimmersatte, besserwisserische Partnerin an seiner Seite, um all seinen Ärger und Unmut teilen zu können.
Damals war alles noch ganz anders. Unsereins kann sich das heute sehr leicht vorstellen, denn die Geschichte spielte sich erst vorgestern ab. Oder war es gestern? Mein Langzeitgedächtnis wird gerade arg auf die Probe gestellt. Spielt aber eigentlich gar keine Rolle, denn zum Glück führen verwahrloste Prinzen Tagebücher. Also, zurück zur Story: Der griesgrämige Bursche war derart ängstlich, dass er sich sogar in seiner abgenutzten Kartonschachtel, die er sein Zuhause nennen durfte, eingeengt fühlte. Er wollte raus, sich so richtig langweilen, sein Leben in völliger Sicherheit wissen und eine frauenähnliche Gestalt finden, die seinem grässlichen Ebenbild ähnlich war. Denn: Gegensätze stossen sich ab – diese Redewendung kennt hierzulande leider niemand mehr.

Gesucht, gefunden
Bewaffnet mit einem rostigen Schweizer Taschenmesser, ausgerüstet mit abgelaufenem Proviant für die nächsten 45 Minuten und auf einem Pferd reitend, so fett, dass selbst Dicken-Witze federleicht erscheinen, machte sich der doofe Knabe auf die öde Reise. Er würde maximal eine Stunde nach seinem Herzblatt suchen – ansonsten findet sie sicher den Weg zu ihm. Und die Technologie schlief auch damals nicht: Modernste Gerätschaften ermöglichten es ihm, bereits im Voraus abzuklären, ob die Tussi auch wirklich da ist, wenn er an ihre Tür klopft. Nicht, dass er fünf Minuten seiner Freizeit umsonst geopfert hat.
Zuerst durfte er die sogenannten Felder der Lebenden durchqueren. Ein berühmt-berüchtigtes Gebiet, welches dafür bekannt war, allen Abenteurern die Durchreise ohne weitere Vorkommnisse zu gewähren. Zu leicht, um wahr zu sein. Der Name verrät bereits, dass dort seit über 2 000 Jahren kaum jemand je ums Leben gekommen ist. Zahlreiche Schlachten gingen friedlich und ohne Blutvergiessen zu Ende. Doch der Prinz hatte just an jenem Tage das Glück nicht gepachtet und wurde folglich vom Pech verfolgt. Zwei gutaussehende Monster stellten sich ihm in den Weg, die kaum grösser waren als Gartenzwerge. So dauerte es dann auch geschlagene 17 Sekunden, bis der Prinz die liebenswerten Kreaturen mit seiner Wortgewandtheit überzeugen konnte, ihn passieren zu lassen. Ohne mit der Wimper zu zucken, liessen die warmherzigen Gnome den stinkenden Königssohn passieren.

Kampf der Titanen
Nach diesen Strapazen brauchte der Dummkopf auf dem Pferd erst einmal eine Pause. Zwei Stunden sollten reichen, dachte er – in seinem Alter sind solch extreme Anstrengungen nicht mehr so leicht wegzustecken, sowohl mental wie auch physisch. Er setzte sich auf seinen breiten Hintern und ass genüsslich einen Hamburger mit Pommes Frites, dazu trank er eine extrasüsse Cola. Der Prinz legte nämlich grossen Wert auf seine Gesundheit. Dies sah man seiner gekrümmten Haltung, der fettigen Haut und den blutunterlaufenen Augen auch an. Sein Verhalten widersprach allerdings dem damaligen Schönheitsideal: Männer wollten auf keinen Fall so sein wie er und egal, welchem Ort er die Ehre erwies, Frauen stürmten in Scharen davon.
Das Glück suchte den royalen Abkömmling – seine Eltern zweifeln seine Herkunft an, der entsprechende DNA-Test ist noch hängig – aber dennoch heim und so traf es sich, dass sein bester Freund exakt dann auftauchte, als er seinen ausgiebigen Lunch beendet hatte. Geschwächt vom vielen Essen, liess er verlauten, dass er jetzt nicht kämpfen dürfe und mindestens eineinhalb Stunden warten müsse. Da sein berittener Kollege diese Aussage klar und deutlich verstand, gesellte er sich zum Prinzen und die beiden genossen ein wunderbares Nickerchen. Der mit Gutherzigkeit gesegnete Kollege, der nichts Böses im Schilde führte, überliess dem angehenden König sein potthässliches Weib diskussionslos und zog strahlend von dannen.

Happy end
Die zukünftige Prinzessin wollte aber auf keinen Fall mit dem Prinzen mitgehen. Von seinen Ausdünstungen abgeturnt, reihte sie Ausrede an Ausrede, weshalb sie unbedingt bei ihrem reichen Ehemann bleiben wollte. Denn dieser hatte sie stets anständig behandelt, sie zu nichts gezwungen und ihr jede Entscheidung überlassen. Der Prinz ergötzte sich an ihrer Ehrlichkeit und glaubte ihr aufs Wort. Mit fadenscheinigen Argumenten versuchte er stundenlang, sie zu überzeugen. Ein wasserdichter Ehevertrag, der ihr seinen ganzen Besitz zusicherte, brachte die Vogelscheuche dann schliesslich zur Vernunft. Dass sie im Falle eines Vertragsbruches nichts bekommen würde, gab ihr die nötige Sicherheit, sich auf den Armleuchter einzulassen. Und so ritten sie, Seite an Seite, zurück – direkt zum Prinzen nach Hause.
Als sie dessen schäbige Behausung sah, vollführte sie Luftsprünge, derart glücklich und zufrieden war die Teure. Dies war übrigens sein scherzhafter Übername für sie – denn sie hatte ein Gespür fürs Geld, verhielt sich äusserst sparsam und erwarb nur das Allernötigste. Dies füllte nicht nur seine Schatzkammern, sondern stärkte auch ihre unzerbrechliche Beziehung. Der Prinz kam für sie an erster Stelle, Besitztümer sagten ihr nichts. Nie hätte sich der Schwächling eine solche Frau erträumen lassen. Aber da war sie nun und er hatte sich zu arrangieren. Das viele Geld, ihre Hilfsbereitschaft und die bedingungslose Liebe stellte ihr Zusammenleben aber arg auf die Probe. So lebten die beiden schliesslich unzufrieden und vom Pech verfolgt, bis ein Scheidungsanwalt dem unsäglichen Treiben ein Ende setzte.

Die Moral der Geschichte
Wenn du dich überhaupt nicht anstrengst und nur das Nötigste unternimmst, kommt alles von ganz alleine. Reichtümer fliegen dir zu, das andere Geschlecht kriegt nie genug von dir und egal, wo du dich gerade aufhältst, deine Mitmenschen sind deine Freunde. Jetzt hör auf zu lachen und mach dich wieder daran, dich von der Arbeit abzulenken. Du bist ja schliesslich auch nur ein Prinz, der sich jeden Franken hart erarbeiten muss. Du bist eine Prinzessin? Lucky you!
Und, konntest du dem Ganzen folgen? Tatsächlich? Ganz, ganz schwach. #oppositeday


Wenn ich nicht gerade haufenweise Süsses futtere, triffst du mich in irgendeiner Turnhalle an: Ich spiele und coache leidenschaftlich gerne Unihockey. An Regentagen schraube ich an meinen selbst zusammengestellten PCs, Robotern oder sonstigem Elektro-Spielzeug, wobei die Musik mein stetiger Begleiter ist. Ohne hüglige Cyclocross-Touren und intensive Langlauf-Sessions könnte ich nur schwer leben.