
Ratgeber
Kinderwunsch? Tipps eines Gynäkologen
von Myrtha Brunner
Der Frauenanteil bei den Gynäkologen ist von 5 Prozent auf 80 Prozent gestiegen. Dr. med. Hanspeter Vogt ist Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe und hat diesen Wandel durchlebt. Er erzählt uns, wie sich die Umstände und das Verhalten gegenüber der Schwangerschaft verändert hat.
Die Jahreskontrolle beim Frauenarzt ist für viele Frauen eher ein Trauerspiel als ein Freudentanz. Zumindest habe ich bis heute noch niemand getroffen, der gerne auf diesen Stuhl sitzt und die Beine spreizt. Frau macht es, weil es gemacht werden muss. Ich denke nicht, dass sich an dieser Tatsache in den letzten Jahrzehnten etwas geändert hat. Doch wie es scheint, war es früher normal, dass Frau zum Onkel Doktor ging und nicht zur Tante Doktor. Heute heisst es eher: «Was du gehst zu einem Mann?» Dank der Antwort auf die erste Frage, die ich Dr. med. Hanspeter Vogt gestellt habe, wird mir nun auch der Grund klar. Gerade mal 1/5 aller Frauenärzte sind heutzutage Männer!
Sie sind seit 34 Jahren als Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe FMH tätig. Wie hat sich die Rolle des Mannes in den letzten Jahren oder Jahrzehnten verändert?
Dr. med. Hanspeter Vogt: Als ich 1981 mit der Weiterbildung zum Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe begonnen habe, waren in der Schweiz nur 5 Prozent Frauen als Ärztinnen in diesem Fach tätig. Heute ist der Frauenanteil auf 80 Prozent gestiegen. Die meisten Ärztinnen in unserem Fach sind Mütter und arbeiten Teilzeit. In diesem Kontext hat sich die Rolle des Mannes stark gewandelt. Das Fach insgesamt hat sich verändert und ist einem steten Wandel unterworfen. Die Geschlechterrolle passt sich diesem Wandel an.
Ängste und Sorgen bezüglich einer Schwangerschaft waren früher sicherlich genauso vorhanden wie heute. Aber sind es dieselben oder haben sie sich verändert?
Nein, die Ängste sind gleich geblieben. Aber die Angst, bei der Geburt zu sterben, ist in den Hintergrund getreten. Geändert hat sich die Erwartungshaltung. Unvorhergesehene Ereignisse werden nicht mehr als schicksalhaft wahrgenommen. Bei Komplikationen wird sofort nach einem Schuldigen gesucht. Unsere Haftpflichtprämien sind gerade von 10 auf 20 Millionen angehoben worden. Obgleich ein Arzt nie eine böse Absicht hat, wird ihm bei Komplikationen, die nicht abgewendet werden können, sofort eine kriminelle Handlung unterstellt. Ich bin der Meinung, dass von politischer Seite dafür gesorgt werden sollte, dass wir nicht automatisch strafrechtlich verfolgt werden dürfen. Die Realität ist leider anders. Und es bewegt sich nichts!
«Bei steigendem Alter erhöht sich das Risiko für Komplikationen, insbesondere bei Frauen ab 40, wenn Begleitkrankheiten bestehen oder Risikoverhalten eingegangen werden.»
Die Informationsmöglichkeit ist durch Google und verschiedene Fachseiten immens gestiegen. Beschäftigen sich Paare heutzutage im Vorfeld mehr mit der Schwangerschaft?
Nein, es ist mir nicht besonders aufgefallen, dass es anders geworden ist als früher. Social Media und Apps sind natürlich faszinierende Möglichkeiten und sie werden genutzt.
Viele Frauen scheuen sich davor, mit Familienmitgliedern oder Freunden darüber zu sprechen, wenn eine Schwangerschaft nicht klappt oder eine Fehlgeburt erlitten wurde. Warum ist das oft immer noch ein Tabu-Thema?
Ich denke, dass es etwas Persönliches ist und mit der Intimsphäre zu tun hat, mit wem eine Frau über den unerfüllten Kinderwunsch spricht. Tabu heisst eigentlich, dass man überhaupt nicht darüber spricht. Im Zeitalter von Social Media scheint mir das nicht mehr der Fall zu sein.
Aus diversen Onlineseiten geht hervor, dass Risikoschwangerschaften in den letzten Jahren zugenommen haben. Vor allem, weil Frauen vermehrt zu einem späteren Zeitpunkt Kinder kriegen. Sehen Sie das auch so?
Ja, das ist eine Tatsache. Die Entwicklung in diese Richtung ist ein gesellschaftliches Phänomen und nicht aufhaltbar. Bei steigendem Alter erhöht sich das Risiko für Komplikationen, insbesondere bei Frauen ab 40, wenn Begleitkrankheiten bestehen oder Risikoverhalten eingegangen werden. Mit zunehmendem Alter steigt zusätzlich das Risiko für Fehlgeburten und Missbildungen an. Diese Tatsachen sind den Frauen mit aufgeschobenem Kinderwunsch bewusst. Dennoch wollen sie vor dem Kinderwunsch zuerst Ausbildung, Beruf und Karriere durchleben.
Wie verhält es sich demgegenüber mit der Medizin, passt die sich den Gegebenheiten an oder hinkt sie hinterher?
Die Medizin passt sich den Gegebenheiten immer an. Es ist eine Herausforderung unseres Fachs!
Ältere Frauen haben mir erzählt, dass sie früher während der Schwangerschaft zwischendurch ein Glas Wein getrunken haben. Auch heute gibt es noch Frauen, die nicht ganz auf Alkohol verzichten. Wie ist ihre Meinung bezüglich Alkohol während der Schwangerschaft?
Alkohol ist ein Gift. Ein einmaliger Alkoholkonsum kann die Frucht im Mutterleib schädigen, muss aber nicht. Das ist nicht voraussehbar. Schäden treten immer auf, wenn ein chronischer Alkoholkonsum besteht. Es ist ratsam, während der ganzen Schwangerschaft auf Alkohol zu verzichten.
Wie problematisch ist es, wenn eine Frau in den ersten drei Monaten Alkohol zu sich nimmt, weil sie (noch) nicht weiss, dass sie schwanger ist?
Zum Glück ist die Natur gutmütig. Es kommt selten zu unerwarteten oder unerwünschten Schädigungen. Die Natur entscheidet oft kompromisslos. Sie handelt nach dem «Alles- oder Nichts-Gesetz». Wenn es zur Schädigung kommt, stirbt die Frucht ab, wenn nichts passiert, läuft die Schwangerschaft normal weiter. Sonst wäre die Menschheit wohl längst ausgestorben. Eine Frau, die nicht verhütet, ist auf der sicheren Seite, wenn sie ab Kinderwunsch auf Alkohol verzichtet.
Allen Frauen, die jetzt oder in den nächsten Monaten das Projekt «Baby» starten, empfehle ich meinen letzten Beitrag. Dr. med. Hanspeter Vogt gibt einige Tipps, auf was du achten solltest.
Seit 1985 ist Dr. med. Hanspeter Vogt ein Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe FMH. In seinen ersten Jahren ist er als Oberarzt in der Frauenklinik des Kantonsspital Münsterlingen im Kanton Thurgau tätig. Anschliessend führt er als Chefarzt die Frauenklinik des SRO AG Spital in Langenthal (BE). Auch nach dem Chefarztposten führt er seine Passion weiter. Er eröffnet die Frauenarztkpraxis Talstrasse in Langenthal und ist weiterhin Belegarzt im SRO AG Spital.
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Köchin. Putzfrau. Polizistin. Krankenschwester. Entertainer. Motivator. Autorin. Erzählerin. Beraterin. Organisatorin. Chauffeur. Anwältin. Richterin. .… also einfach gesagt Mami von zwei Töchtern und somit nicht nur (Content) Manager im Beruf, sondern auch im Privatleben.