
Hintergrund
7 erfolgreiche Produkte, die von Kindern erfunden wurden
von Michael Restin
Das Turnier im All England Tennis Club in Wimbledon zieht Spielerinnen und Zuschauer gleichermassen in seinen Bann: Der Mix aus Geschichte, Tradition und Weltklasse-Tennis sucht seinesgleichen. Am Wochenende schlagen die Tennis-Cracks zum Titelgewinn auf. Ich liefere dir paar Facts und Kuriositäten rund um das älteste Tennisturnier der Welt.
Egal ob auf Sand, Hartplatz, Gras oder in der Halle, egal ob kleine, mittlere oder grosse Turniere – ich schaue mir Tennismatches gerne und oft an. Die vier grossen Turniere, die Grand Slams, sind für mich die Höhepunkte im Tennisjahr.
Das dritte Grand Slam des Jahres ist Wimbledon. Meiner Meinung nach das Speziellste aller Tennisturniere. Warum? Der schnelle Untergrund begünstigt attraktives Angriffstennis. Die Spielerinnen und Spieler bewegen sich elegant auf dem (ab und zu) rutschigen Grün. Das faire und fachkundige Publikum sorgt für eine tolle Atmosphäre. Und die vielen Traditionen und Kuriositäten machen das Turnier noch spezieller. Von Letzteren gebe ich euch eine kleine Kostprobe: Sechs Facts zu Wimbledon, die wohl auch eingefleischte Tennisfans nicht alle kennen.
Das Tennisturnier von Wimbledon fand im Juli 1877 zum ersten Mal statt – unter dem Namen «Lawn Tennis Championships». Nicht wie heute an der Church Road, sondern an der Worple Road in Wimbledon.
Der Legende nach musste der All England Croquet Club – damals wurde im Club Croquet und noch nicht Tennis gespielt –
eine Rasenwalze reparieren lassen. Um die Kosten dafür einzutreiben, entschied man sich kurzerhand, ein Tennisturnier zu veranstalten und dafür ein Eintrittsgeld zu verlangen.
Fürs Turnier waren zuerst nur Männer zugelassen. Das Turnier zählte damals 22 Teilnehmer, die jeweils ein Startgeld von einer Guinee bezahlen mussten. Dies entsprach einem Pfund und einem Schilling. Der Sieger erhielt 12 Guinees sowie einen Pokal im Wert von 25 Guinees. Sieben Jahre später, im Jahr 1884, schwangen auch die Damen die Holzschläger auf dem heiligen Rasen.
Erst 1922 wurde das Tennisturnier an die Church Road verlegt. Dort wurde eine neue Tennisanlage eingeweiht. Sie bot rund 15'000 Zuschauerinnen und Zuschauern Platz.1937 wurden die Championships erstmals im Fernsehen übertragen – und die Popularität von Wimbledon wurde grösser und grösser.
Ja, den gibt es. Tradition wird grossgeschrieben an der Church Road. Seit jeher spielen Damen und Herren in Wimbledon in weiss. Dieser Dresscode gilt noch heute: Mindestens 90 Prozent der Tennis-Kleidung muss in Wimbledon weiss sein, die restlichen 10 Prozent sollen in unauffälligen Pastellfarben gehalten werden.
Die «Kleiderpolizei» überprüft die Einhaltung der Vorschriften akribisch: Roger Federer wurde 2013 nach seinem Auftaktsieg aufgefordert, seine Schuhe für das nächste Spiel zu wechseln. Der Grund: farbige Sohlen.
Aber auch in Wimbledon gibt es Änderungen: Die Damen dürfen seit diesem Jahr zum ersten Mal in farbiger Unterwäsche spielen. Spielerinnen monierten, sich während ihrer Periode auf dem Platz nicht wohlzufühlen in weisser Unterwäsche. Auch Demonstrantinnen und Demonstranten setzten sich während der letztjährigen Turnieraustragung medienwirksam für die Anpassung des rigiden Kleider-Kodex ein.
Tradition gilt auch beim Essen: Zum Dessert – oder auch als Snack zwischendurch – gibt’s Erdbeeren mit Schlagsahne. Seit wann ist nicht zu 100% klar: Seit der ersten Austragung 1877, 1881 oder erst 1893 – die Quellen sind sich uneinig. Jedenfalls schon eine ganze Weile lang.
Umso klarer ist, wie die Beeren serviert werden: In sogenannten «Punnets» sind mindestens zehn Früchte plus Sahne drin. Jede Frucht wiegt zwischen 12 und 13 Gramm, streng reglementiert. In den beiden Turnierwochen gehen rund 150'000 Schalen davon über die Ladentheke.
Und warum Erdbeeren? Angeblich kam ein gewisser Kardinal Wosley als erster auf die Idee, Erdbeeren mit Sahne zu mischen. Er servierte diese leckere Kombo an einem Bankett im Jahre 1509.
Insgesamt verteilt das Tennisturnier von Wimbledon 2023 44,7 Millionen Pfund, das sind über 50 Millionen Franken. Die Siegerin und der Sieger im Einzel erhalten 2,35 Millionen Pfund.
Im Vergleich zum Vorjahr wurden die Preisgelder erhöht, vor allem für die Qualifikation sowie die ersten Runden des Hauptturniers. Das Geld für die Qualifikation habe man um 14,5 Prozent erhöht, das Erstrunden-Preisgeld um 10 Prozent. Verliert man in der ersten Quali-Runde, erhält der Spieler oder die Spielerin immerhin noch 12'750 Pfund, in der ersten Runde des Hauptbewerbs 55'000 Pfund. Ein schöner Zahltag.
Gleiche Preisgelder für Männer und Frauen gibt es übrigens erst seit 2007: Der All England Tennis Club verkündete vor 15 Jahren die Angleichung der Gelder beim berühmtesten Tennisturnier der Welt. Wimbledon führte die finanzielle Angleichung als letztes der vier Grand-Slam-Turniere ein.
Die Herren spielen um einen Pokal, den eine goldene Ananas ziert. Dieser heisst – nicht sehr kreativ – Gentlemen's Singles Trophy. Die siegreiche Dame stemmt zu Turnierende einen überdimensional grossen Teller in die Höhe, «Venus Rosewater Dish» genannt. Mehr dazu unter Punkt sechs.
Aber was hat eine tropische Frucht mit einem Tennisturnier in England zu tun? Das wissen auch Tennisexpertinnen und Historiker nicht ganz genau. Ein Sprecher des Wimbledon Museums teilt seine Theorie: «Im 17. Jahrhundert konnten Ananas im Vereinigten Königreich nicht angebaut werden und mussten importiert werden, so dass es als grosses Kompliment angesehen wurde, wenn man bei einem Festessen eine Ananas überreicht bekam.» Okay, deshalb gibt’s neben dem Sieger-Scheck auch noch einen Pokal samt Ananas obendrauf.
Im Damen-Einzel gibt’s den «Venus Rosewater Dish» zu gewinnen. Dieser Teller hat nichts mit der bekannten US-Tennisspielerin Venus Williams zu tun. Vielmehr nimmt man an, dass die Schale in deren Stil und Eleganz eine Hommage an die Göttin Venus sei.
Und Rosenwasser war ein sehr beliebtes Parfum im 16. Jahrhundert. Vor allem die gesellschaftliche Elite verwendete es gerne – nicht nur als Parfum, sondern auch in Speisen.
Die Rosenwasserschale galt als Statussymbol: An opulenten Dinnerpartys hielten die Gäste ihre Hände über die Schale und die Bediensteten gossen das edle Rosenwasser darüber. Edler als sich die Hände mit einer Serviette zu säubern.
Wimbledon hat ein Tauben-Problem. Die Vögel mögen die Stadioninfrastruktur. Vor allem das Dach über dem Center Court ist ein beliebter Nistplatz. Die Tauben tummeln sich auch gerne auf dem schön gepflegten Rasen oder den Zuschauertribünen. Die Veranstalter sind darüber not amused.
Aus diesem Grund kreist der Wüstenbussard Rufus seit 2007 jeden Morgen über die Tennisplätze und vertreibt die ungebetenen Gäste. Und es funktioniert: Wenn die Tauben den Greifvogel sehen, machen sie sich aus dem Staub.
Schaust du dir die Finalspiele am Wochenende an? Wer holt sich die begehrten Trophäen? Teilst du die Faszination Wimbledon oder kannst du nicht mit dem Tennissport anfangen? Diskutiere mit in der Kommentarspalte.
Studien behaupten, wir hätten eine kürzere Aufmerksamkeitsspanne als ein Goldfisch. Autsch. Mein Job ist es, deine Aufmerksamkeit so oft und so lange wie möglich zu bekommen. Mit Inhalten, die dich interessieren. Ausserhalb vom Büro verbringe ich gerne Zeit auf dem Tennisplatz, beim Lesen und Netflixen oder auf Reisen.