Hintergrund

10 Fragen an die Sonnenschutz-Expertin

Was bedeutet das Plus bei der 50er-Creme? Und was hat es eigentlich mit dem Lichtschutzfaktor 100 auf sich? Beim Thema Sonnenschutz häufen sich die Fragezeichen schnell mal. Die Expertin klärt auf.

Halbwissen kann gefährlich sein. Besonders bei einem Gesundheitsthema wie dem Sonnenschutz. Umso wichtiger, dass offene Fragen von jenen geklärt werden, die was von der Materie verstehen. Ich habe meine Fragen Nathalie Berclaz gestellt, der Wissenschaftlichen Direktorin bei L’Oréal Schweiz.

Was muss eine Sonnencreme mitbringen, damit du sie kaufst?
Nathalie Berclaz: Das wichtigste Kriterium ist der Schutz. Grundsätzlich kaufe ich nur Sonnenschutzprodukte mit einem Lichtschutzfaktor (LSF) von 50+ , die zusätzlich einen hohen Schutz vor UVA-Strahlung aufweisen. Weiter ist mir die Galenik, also die Textur sehr wichtig. Fürs Gesicht heisst das ein nicht-fettendes, leichtes Fluid, das sich einfach verteilen lässt. Eine Sonnencreme ist nämlich nur dann gut, wenn ich sie gerne und häufig verwende – schliesslich ist das Eincremen Teil meiner täglichen Morgenroutine, so wie das Zähneputzen.

Wofür steht das Pluszeichen beim LSF 50+?
50+ bedeutet, dass das Produkt mindestens einen Lichtschutzfaktor von 60 aufweist.

Wie gross ist der Unterschied zwischen einer 30er- und einer 50er-Creme?
Unter standardisierten Laborbedingungen absorbiert ein LSF 30 etwa 96,7% der UV-Strahlung und ein LSF 50 circa 98%. Das scheint auf den ersten Blick fast gleich viel zu sein, ist aber ein Trugschluss. Für unsere Haut ist nicht relevant, wie viel Strahlung absorbiert wird, sondern wie viel UV-Strahlung tatsächlich bis in die Haut gelangt. Beim LSF 30 sind das 3,3% und bei einem LSF 50 2% der Strahlung. Im Verhältnis bedeutet das, dass die Haut mit einem LSF 30 65% mehr Strahlung abbekommt als mit einer 50er-Creme.

Weshalb sehen wir den LSF 100 so selten, obwohl es ihn zu kaufen gibt?
Sonnenschutzprodukte mit Lichtschutzfaktor 100 dürften im EU-Raum sowie in der Schweiz nicht mehr vermarktet werden. Im Jahr 2006 hat die EU Kommission die Empfehlung abgegeben, dass bei Sonnenschutzprodukten höchstens ein Lichtschutzfaktor von 50+ ausgelobt werden soll. Das entspricht der Kategorie «sehr hoher Schutz». Diese Empfehlungen geben den Herstellern und Konsument:innen so standardisierte Rahmenbedingungen. Dazu gehört auch, dass die Vielfalt der Lichtschutzfaktoren, die auf der Verpackung abgedruckt werden dürfen, eingeschränkt wurden. So wird Verbraucher:innen der Vergleich unterschiedlicher Produkte erleichtert. Generell sind Sonnenschutzprodukte streng reguliert. Mittlerweile müssen sie neben dem UVB-Schutz (Lichtschutzfaktor) auch das eingekreiste UVA-Logo tragen. Das bedeutet, dass der UVA-Schutz mindestens einem Drittel des auf dem Produkt angegebenen Lichtschutzfaktors entspricht.

Welches sind die häufigsten Fehler, die wir Konsument:innen in Sachen Sonnenschutz begehen?
Nicht genügend Sonnencreme auftragen, das Nachcremen vergessen und sich an bewölkten Tagen nicht einzucremen, obwohl wir den Tag draussen verbringen.

  • Ratgeber

    Wie viel Sonnencreme braucht dein Gesicht?

    von Natalie Hemengül

Welche Körperstellen gehen beim Eincremen am häufigsten vergessen?
Ohren, Lippen, Füsse und Zehen. Zudem vergessen wir oft, dass unsere Hände der Sonnenstrahlung immer ausgesetzt sind und eigentlich besondere Aufmerksamkeit brauchen.

Gibt es spezifische Formen von Sonnenschutzprodukten, wie zum Beispiel Sprays, Sticks, Öle etc., denen du kritisch gegenüberstehst?
Nein. Ich finde es wichtig, dass es eine breite Palette an Sonnenschutzprodukten gibt, damit jeder sein Lieblingsprodukt findet. Jede Form hat ihre Vorteile. Ich zum Beispiel packe beim Skifahren immer einen Sonnenstick in meine Jacke und in die meiner Kinder. Die Dinger sind extrem praktisch: klein, können nicht auslaufen und Lippen sowie Nase sind auf dem Skilift schnell nachgecremt.

Was hältst du von Make-up-Produkten mit Lichtschutzfaktor?
Meine Meinung dazu: Why not? Ich sehe es dann jedoch nicht als Sonnenschutzprodukt, sondern mehr als ein Extra, das Tüpfli auf dem i. Zusätzlich enthalten Foundations ohnehin Pigmente, die gegen Sonnenstrahlung einen gewissen Schutz bieten, selbst wenn kein Lichtschutzfaktor angegeben wird. Auf eine richtige Sonnencreme darunter sollte man deswegen aber nicht verzichten.

Was wolltest du Menschen, die Kokosöl oder andere vermeintliche Alternativen als «Sonnenschutz» anpreisen, schon immer mal sagen?
Kokosöl schützt nicht vor UV-Strahlen. Eure Haut wird es euch spätestens in ein paar Jahren danken, wenn ihr ein konventionelles Sonnenschutzprodukt mit mindestens einem mittleren Schutz verwendet. Tragt das Kokosöl lieber am Abend auf, um die Haut zu pflegen.

Welche Sonnenschutz-Trends werden wir in Zukunft sehen?
Ich glaube, dass es immer mehr Produkte geben wird, die für den täglichen Gebrauch bestimmt sind. Denn dank moderner UV-Filter können wir uns noch besser gegen UVA und sehr langwellige UVA-Strahlen schützen, die unsere Haut vorzeitig altern lassen und denen wir täglich ausgesetzt sind. Sonnenschutz ist nun mal das beste präventive Anti-Aging-Produkt. Auch der ökologische Aspekt in Sachen Verpackung und umweltfreundlicherer Formeln (z.B. biologische Abbaubarkeit) wird wichtiger.

Nathalie Berclaz ist ausgebildete Chemikerin und arbeitet seit bald 19 Jahren als Wissenschaftliche Direktorin bei L'Oréal Schweiz. Dort stellt sie als verlängerter Arm der Forschung und Innovation sicher, dass die Produkte, die L’Oréal Schweiz auf den Markt bringt, gesetzeskonform sind. Ausserdem unterstützt und berät sie andere Abteilungen in Sachen Inhaltsstoffen, Technologie und Produktkommunikation.

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Als Disney-Fan trage ich nonstop die rosarote Brille, verehre Serien aus den 90ern und zähle Meerjungfrauen zu meiner Religion. Wenn ich mal nicht gerade im Glitzerregen tanze, findet man mich auf Pyjama-Partys oder an meinem Schminktisch. PS: Mit Speck fängt man nicht nur Mäuse, sondern auch mich. 


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