
Ratgeber
Strandboot, Schlauchboot, SUP und die Regelflut beim Wassersport
von Michael Restin
Mit dem OneUP im Gepäck bist du für Notfälle im Wasser gewappnet. Aus der kompakten Rolle wird sekundenschnell ein Rettungsring. Ein grosser Wurf? Bei euch hat er Fragen aufgeworfen.
Probieren geht über Studieren. Also ins Wasser mit dem OneUP. Er besitzt eine Klettverschlusshülle, in der der aufgerollte Rettungsring steckt. Etwa zwei Sekunden nach Wasserkontakt hat sich eine Salztablette aufgelöst, was den Auslösemechanismus in Gang setzt. Aus einer CO2-Kartusche strömt Gas in den Ring. Wobei Ring nicht ganz korrekt ist. Hufeisenförmig, prall und gelb treibt er auf dem Wasser. In Zeitlupe sieht der Prozess so aus.
Ein grosser Vorteil des handlichen Teils ist, dass es sich weit und gezielt werfen lässt. Mit seinen 370 Gramm liegt es gut in der Hand und bietet dem Wind wenig Angriffsfläche, bevor es sich im Wasser entfaltet. Die Auftriebskraft des OneUP beträgt 110 Newton. Damit qualifiziert er sich eigentlich als Begleiter für die Schlauchboot-Tour auf dem Fluss, bei der seit diesem Jahr das Mitführen eines Rettungsmittels pro Person vorgeschrieben ist.
Wie gesagt: eigentlich. Der OneUP fällt als selbstaufblasendes Gerät momentan noch durchs rechtliche Raster, schreibt mir Oliver Wyss von der OneUP Rescue AG.
Gestützt auf die Binnenschifffahrtsverordnung (Art. 134), werden auf dem Schlauchboot als Einzelrettungsmittel nur aufblasbare Rettungswesten mit Kragen oder 'klassische Rettungsringe' anerkannt, sofern Sie der SN EN ISO-Zertifizierung entsprechen. Aufblasbare Rettungsringe mit automatischer oder manueller Auslösung sind im Gesetz jedoch nicht aufgeführt.
Er ersetzt in dieser Form auch nicht das auf Booten mit einer Antriebsleistung von mehr als 30 kW oder über 15 Quadratmetern Segelfläche vorgeschriebene Rettungswurfgerät. Dafür fehlt die mindestens zehn Meter lange schwimmfähige Leine. Das ändert sich mit dem bald erhältlichen Modell OneUP PRO, welches die entsprechende Leine und eine Zulassung durch die Vereinigung der Schifffahrtsämter haben wird.
Die rechtliche Lage ist das eine, der praktische Nutzen ein anderes Thema. Zertifizierung hin oder her – der OneUP verleiht reichlich Auftrieb und hält dicht, wenn er einmal aufgeblasen wurde. Auch 48 Stunden nach dem Einsatz war er bei mir noch so prall gefüllt wie zu Beginn. Seine Stärke ist, dass er immer und überall dabei sein kann, um im Ernstfall gross rauszukommen. Beim Camping am nächstbesten See, auf grossen Reisen und im ganz kleinen Gepäck.
Den OneUP kannst du mit einem Karabiner befestigt bei dir tragen, um anderen oder dir selbst zu helfen. Dann läufst du allerdings Gefahr, dass es dir wie Masus004 geht, der in seiner Produktbewertung schreibt: «Leider unbeabsichtigt durch Spritzwasser ausgelöst bei Aareböötle.» Damit so etwas nicht passiert, wird eine transparente Schutzhülle mitgeliefert, deren Zipper misstrauisch macht.
Ich habe den OneUP darin verpackt mehrmals unter Wasser gedrückt, ohne dass ein Tropfen eingedrungen ist. Der Hersteller schreibt dazu: «Im Praxistest hat OneUP in der Schutzhülle nach 30 Minuten weder bei Starkregen noch im Wasser ausgelöst.» Schade finde ich, dass sich an der Hülle keine Befestigungsmöglichkeit für den Karabinerhaken befindet. Damit liesse er sich einfacher am Mann oder an der Frau haben, ohne ein versehentliches Auslösen zu riskieren.
Wer mit dem OneUP auf Flugreisen gehen will, sollte die CO2-Patrone getrennt transportieren und vorab bei der Fluggesellschaft anmelden. Nach den gültigen Bestimmungen der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation ist die Mitnahme erlaubt, schlussendlich entscheidet jedoch die Airline.
Wie bei allen Rettungsgeräten, die über einen automatischen Auslösemechanismus verfügen, stellt sich die Frage der Haltbarkeit.
Spätestens zwei Jahre nach dem Kauf oder wenn sich die entsprechende Anzeige rot gefärbt hat, muss die Tablette ausgetauscht werden. Nach vier Jahren solltest du den OneUP ersetzen, schreibt der Hersteller. Funktionieren wird er vermutlich sehr viel länger, sofern du auf den Auslösemechanismus acht gibst. Hast du ihn über Jahre nicht genutzt, solltest du zumindest einen Funktionstest machen. Den OneUP auszulösen, bedeutet nicht, dass du ihn danach entsorgen musst. Er lässt sich mit Ersatzteilen bestückt wieder verpacken.
Das erfordert etwas Geduld und es ist nicht ganz einfach, ihn komplett zu leeren. Während du mit einem spitzen Gegenstand das Ventil offen hältst, presst du das Gas möglichst vollständig aus dem Ring. Nachdem die Sicherungsschraube wieder angebracht ist, kannst du die Salztablette und die CO2-Kartusche austauschen. Korrekt gefaltet und zusammengerollt, lässt er sich nun wieder in seine Hülle drehen und ist für den nächsten Einsatz bereit.
Für den OneUP findet sich Platz im Gepäck und das beste Rettungsmittel ist im Ernstfall das, was du gerade griffbereit hast. Der Formfaktor ermöglicht gezielte Würfe über eine grössere Distanz, als sie mit einem normalen Rettungsring möglich sind. So kannst du anderen helfen oder dir selbst zusätzliche Sicherheit am und auf dem Wasser verschaffen. Fehlende Zertifizierungen sind momentan noch ein Wermutstropfen für Wassersportler. So ist das manchmal bei Innovationen.
Die spanische Seenotrettungsorganisation SASEMAR setzt den OneUP ein und seine Entwickler arbeiten mit weiteren Partnern zusammen, um die Gewässer sicherer zu machen. Sei es mit solarbetriebenen Notfallsäulen am Strand, die automatisch Rettungskräfte alarmieren, sobald jemand zu den dort gelagerten OneUPs greift. Oder mit der Idee, das Rettungsmittel per Drohne am Einsatzort abzuwerfen. Der OneUP funktioniert in Salz- und Süsswasser und ist auf lange Sicht ein sinnvolles Gadget. Ein grosser Wurf im Kleinformat – und vielleicht irgendwann die Rettung.
Einfacher Schreiber, zweifacher Papi. Ist gerne in Bewegung, hangelt sich durch den Familienalltag, jongliert mit mehreren Bällen und lässt ab und zu etwas fallen. Einen Ball. Oder eine Bemerkung. Oder beides.