Produkttest

Wolle und Daunen im Schlafsack: Kann der Mix mich überzeugen?

Siri Schubert
19.9.2023

Wolle und Daunen – diese Worte rufen fast automatisch ein Gefühl von warmer Behaglichkeit hervor. Doch eignet sich dieser Materialmix als Schlafsackfüllung? Nach einem ersten Test finde ich: auf jeden Fall.

«Ist der denn nicht schwer?» Das war die erste Frage, die mir meine Zeltnachbarin auf dem Campingplatz stellte, als ich ihr sagte, dass ich in einem Schlafsack aus Wolle und Daunen nächtigen würde. «Nein, gar nicht», antwortete ich. Denn mit rund 950 Gramm Eigengewicht plus knapp 90 Gramm für den Packsack (laut Küchenwaage) kommt der Schlafsack auf etwas über ein Kilogramm Gewicht. Das ist nicht ultraleicht, aber durchaus vergleichbar mit anderen Drei-Jahreszeiten-Schlafsäcken.

Doch die kuschelige Schlummerhülle nur auf harte Fakten wie Temperatur, Gewicht und Packmass zu reduzieren, würde ihr unrecht tun. Denn der «Biopod Downwool Subzero 175» von Grüezi Bag bietet einen unglaublichen Schlafkomfort. So etwas schreibe ich nicht leichtfertig. Als Outdoor Guide verbringe ich viele Nächte im Freien und lege entsprechend grossen Wert auf gutes Material. Bisher hielt ich meinen Daunenschlafsack mit wasserabweisenden Daunen für richtig gut. Das stimmt natürlich immer noch. Aber im Daunen-Woll-Schlafsack von Grüezi Bag habe ich einfach noch besser, trockener und komfortabler geschlafen.

Die Mischung macht’s

Die Schlafsäcke der Marke Grüezi Bag sind meines Wissens die einzigen, die ein Gemisch aus Wolle und Daunen verarbeiten. Die Idee kam Firmengründer Markus Wiesböck, den ich auf der Messe Outdoor by ISPO in München traf, weil er sich beim Wandern in Shirts aus Merinowolle immer besonders wohl fühlte. Auch zu Hause im Bett schlief er viel besser, seit er Wollunterbetten und Wollbettwäsche verwendete. Warum also nicht einen Schlafsack mit Wolle füllen, dachte sich der Firmengründer, der zuvor schon Erfahrung bei der Entwicklung von Synthetik- und Daunenschlafsäcken gesammelt hatte.

Da Wolle beim Schlafen angenehm warm hält, wollte Firmengründer Markus Wiesböck sie auch in einem Schlafsack verarbeiten.
Da Wolle beim Schlafen angenehm warm hält, wollte Firmengründer Markus Wiesböck sie auch in einem Schlafsack verarbeiten.
Quelle: Siri Schubert

Von der Idee bis zum Produkt war es ein langer Weg und die Frusterlebnisse schwingen immer noch leicht in Markus Stimme mit, wenn er – mit einem Augenzwinkern – vom Entwicklungsprozess erzählt. Denn es brauchte 80 bis 90 Versuche, einen Wollschlafsack herzustellen. Ganz deutlich in Markus' Stimme zu hören ist aber auch der Stolz, dass es trotz aller Widrigkeiten geklappt hat. Als ich mit Markus sprach, gewann ich den Eindruck: Hier ist jemand, der für seine Ideen kämpft und den Willen hat, gute Produkte immer noch weiterzuentwickeln.

Der Wollschlafsack war nur die Initialzündung für eine weitere Idee: einen Schlafsack aus einem Daunen-Wolle-Gemisch. Wolle allein isoliert sehr gut, aber ab dem Gefrierpunkt braucht es Daune, um das Gewicht des Schlafsacks niedrig zu halten und gleichzeitig eine gute Wärmedämmung zu erzielen. Wolle und Daunen zu vermischen, brachte aber ganz neue Herausforderungen. Nach dem Waschen eines Schlafsack-Prototypen befand sich die Wolle auf der einen Seite des Schlafsacks und die Daunen auf der anderen. Bis Markus in eine Maschine investierte, die – vereinfacht ausgedrückt – die Wolle wie ein Geschenkband aufrollt, sodass sie sich mit der Daune ganz eng verknüpfen kann. Das Ergebnis dieser Mühen, Tests und Innovationen waren Schlafsäcke aus einem Wolle-Daunen-Gemisch, die jede Menge Preise vom ISPO Award 2019 bis zum European Product Design Award einheimsten. Prämiert mit dem Outdoor Industry Award wurde auch der «Biopod Downwool Subzero 175».

Kein Schwitzen oder Frieren auch bei Feuchtigkeit

Drei Nächte habe ich bisher im Grüezi Bag aus Oberbayern geschlummert. Richtig kalt war es jahreszeitlich bedingt noch nicht, aber mit nächtlichen Temperaturen von 15° bis 8° Celsius decken meine Versuche schon eine Bandbreite ab, die für viele Camper relevant ist. Mir war es jedesmal angenehm warm. Weder schwitzte ich in lauen Nächten, noch fror ich bei frischeren Temperaturen. Bei 15°C habe ich allerdings zu Anfang den praktischen 2-Wege-Reissverschluss am Fussende genutzt, um die Temperatur zu regulieren und meine Füsse in die Abendluft zu strecken. Da der Schlafsack einen Komfortbereich bis 2°C und ein Limit von minus 4°C (nach Norm EN 23537) hat, will ich ihn auch bei kälteren Temperaturen noch testen.

Da ich oft im Freien schlafe, lege ich Wert auf einen hochwertigen Schlafsack.
Da ich oft im Freien schlafe, lege ich Wert auf einen hochwertigen Schlafsack.
Quelle: Siri Schubert

Was mir besonders wichtig ist: Der Schlafsack hält auch bei Feuchtigkeit schön warm. Das liegt an der Wolle, die bis zu 30 Prozent ihres Eigengewichts an Nässe aufnehmen und dabei immer noch isolieren kann. Bei Daunen – selbst bei solchen mit wasserabweisender Beschichtung – ist bei hoher Luftfeuchtigkeit irgendwann das Limit erreicht und die Daunen verklumpen. Die Folge: Die Isolierleistung nimmt ab und in den frühen Morgenstunden wird es zuweilen etwas kühl. Bei Daunen mit wasserabweisender Beschichtung geschieht das viel später als bei unbehandelten Daunen und die beschichteten Daunen wärmen auch im feuchten Zustand noch bis zu einem gewissen Grad. Allerdings nach meiner Erfahrung nicht so gut wie das Daunen-Wolle-Gemisch.

Denn hier punktet der Grüezi Bag Schlafsack: Die Füllung besteht aus 70 Prozent Entendaune und 30 Prozent Wolle. Sie isoliert auch noch, wenn sich Kondenswasser und Tau auf der leichten Nylonhülle gesammelt haben. Ich habe eine besonders feuchte Nacht unter einem Moskitonetz direkt am See verbracht und zwei weitere unter einem Tarp auf einer Wiese, die am Morgen auch von Tau durchnässt war. An beiden Orten blieb ich die ganze Nacht über trocken und kuschelig warm. Als ich den Schlafsack am Morgen zum Trocknen in die Sonne hängte, sah ich, wie die Feuchtigkeit als Dampf entwich.

Trotz Tau und Kondenswasser hat mich der Schlafsack die Nacht über warm gehalten.
Trotz Tau und Kondenswasser hat mich der Schlafsack die Nacht über warm gehalten.
Quelle: Siri Schubert

Zertifizierte Daunen und mulesingfreie Wolle

Gruezi Bag Gründer Markus legt Wert darauf, dass die europäische Almwolle, die er in den Schlafsäcken verwendet, den höchsten Tierschutzstandards in Europa entspricht. Mulesing, das viel kritisierte Abschneiden von überschüssiger Haut am Hintern der Lämmer, wird in Europa nicht angewandt, da die Fliegenlarven, vor denen das Mulesing schützen soll, in Europa nicht vorkommen.

Die Daunen sind nach dem Responsible Down Standard (RDS CU 859743) zertifiziert. Die Textilien – wie das recycelte Nylon – wurden nach dem Standard 100 von Oeko-Tex getestet. Auch bei den Farben legt Grüezi Bag Wert auf Nachhaltigkeit. Sie erfüllen den Bluedesign Standard. Die Imprägnierung wird nach Angaben von Grüezi Bag mit biobasierten Rohstoffen erzielt.

Praktische Details

Wichtig ist mir beim Schlafsack in erster Linie, dass ich gut und warm schlafe. Wenn der Schlafsack aber zusätzlich mit durchdachten Details ausgestattet ist, freut es mich umso mehr. Als erstes fiel mir der weisse Reissverschluss auf, der aufgrund seiner hellen Farbe nachts gut zu finden ist, wenn man mal raus muss, und der mit einem Klemmschutz versehen ist. Da er am Fussende eine Biegung macht, kann man die Füsse einfach rausstrecken, wenn es zu warm wird, ohne den ganzen Schlafsack aufzuschlagen.

Wenn es zu warm wird, können die Füsse dank des gebogenen Reissverschlusses einfach gelüftet werden.
Wenn es zu warm wird, können die Füsse dank des gebogenen Reissverschlusses einfach gelüftet werden.
Quelle: Grüezi Bag

Kleine Reissverschlusstaschen gibt es innen wie aussen am Schlafsack: Die Innentasche ist ideal für Smartphones und andere elektrische Geräte, deren Akku in kälteren Temperaturen geschont werden sollen. In die Aussentasche passen Stirnlampe, Portemonnaie, Schlüssel und andere Dinge, die möglichst in der Nähe bleiben sollen.

Taschen und der weisse Reissverschluss sind auf die Bedürfnisse von Campern ausgelegt.
Taschen und der weisse Reissverschluss sind auf die Bedürfnisse von Campern ausgelegt.
Quelle: Siri Schubert

Clever finde ich die in die Kapuze integrierte Kopfkissentasche. Sie bietet Platz für eine Daunen- oder Fleecejacke, die dann als unverrutschbares Kopfkissen dient. Ich hatte ein sehr bequemes Kopfkissen von Cocoon dabei und habe diese Funktion bisher nicht genutzt.

Materialien und technische Details

**– Füllung: 446 Gramm DownWool aus 70 Prozent Entendaune (650+ cuin) und 30 Prozent veredelter Wolle

**– Grösse 200 x 77 x 50 cm

**– Packmass 18 x 31 cm, komprimiert 19 x 20 cm

**– Packvolumen 8 Liter, komprimiert 5,5 Liter

Fazit: Ein kuschelig warmer Schlafsack auch für Reisen am Wasser

Die Kombination von Daunen und Wolle für Wärme und Trockenheit auch bei Nächten an Flüssen oder Seen überzeugt mich. Der Schlafsack bleibt bauschig, auch wenn die Aussenhaut feucht wird. Dass Grüezi Bag bei der Herstellung auf umwelt- und tierfreundliche Rohstoffe setzt, gefällt mir ebenfalls. Durch den grosszügigen Schnitt des Schlafsacks kann ich mich drehen und bewegen, ohne jedes Mal den Schlafsack wieder zurecht ziehen zu müssen. Muss der Schlafsack nach vielen Nächten einmal gereinigt werden, geht das in der Waschmaschine im Wollprogramm bei 30° Celsius. Alles in allem ist der «Biopod Downwool Subzero 175» ein qualitativ sehr guter Schlafsack für alle, die im Frühjahr und Herbst unterwegs sind und auch bei hoher Luftfeuchtigkeit an Seen oder Flüssen warm und bequem schlafen wollen.

Titelfoto: Siri Schubert

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Forschungstaucherin, Outdoor-Guide und SUP-Instruktorin – Seen, Flüsse und Meere sind meine Spielplätze. Gern wechsel ich auch mal die Perspektive und schaue mir beim Trailrunning und Drohnenfliegen die Welt von oben an.


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