Produkttest

Warum die Nacht im Baumzelt auf dem Boden endete

Siri Schubert
13.9.2023

Im Baumzelt schlafen – das klingt wunderbar romantisch. Nach Abenteuer und Kindheitstraum. Doch meine Versuche, in luftigen Höhen zu nächtigen, holen mich schnell auf den unbequemen Boden der Realität zurück.

Ich liebe es, in ungewöhnlichen Schlafzimmern zu übernachten. In der Hängematte auf schwedischen Inseln, im Wald unter einer Plane oder auf dem Stand-Up-Paddelboard im Bajao-Zelt.

  • Hintergrund

    Eine Nacht auf dem Wasser: Das Bajao SUP-Zelt macht’s möglich

    von Siri Schubert

Am Tentsile Connect Baumzelt reizt mich – neben dem Abenteuer-Appeal – die Tatsache, dass ich wie in einer Hängematte, geschützt vor Ameisen und Schnecken, in der Luft baumle. Und, dass ich auch bei unebenem oder steinigem Untergrund ein gemütliches Plätzchen zum Schlafen finden werde. Glaube ich zumindest.

Tentsile Connect (Baumzelt, 9.50 kg, 2 Personen)
Zelt

Tentsile Connect

Baumzelt, 9.50 kg, 2 Personen

Für meinen ersten Versuch habe ich einen kleinen Campingplatz an einem See ausgesucht. Google Maps zeigt einige Baumgruppen an. Sicherheitshalber telefoniere ich, bevor es losgeht, mit dem Campingplatzbesitzer und frage, ob Zelten zwischen Bäumen dort möglich sei. Alles scheint perfekt und ich mache mich auf den Weg. Eine lange Wanderung habe ich nicht eingeplant, schliesslich wiegt das Tentsile Connect Baumzelt stolze 9,5 Kilogramm und mit Schlafsack, Campingkocher und Geschirr plus persönlichen Sachen wird das Ganze schnell zur Schlepperei. Als Trekkingzelt ist das Baumzelt somit nicht geeignet.

Die kleine und kompakte Tasche, in der sich das Zelt befindet, gefällt mir. Sie bietet Platz für Innen- und Aussenzelt, das Gestänge sowie die Spannsets mit Ratschen und Gurten. Wer das Zelt nur kurze Distanzen in der Tasche transportiert, wird die Tragemöglichkeit schätzen. Bei längeren Strecken über einen ausgedehnten Zeitraum hinweg zeigen die Nähte und der Taschenstoff allerdings erste Schwachstellen.

Kompakt verpackt: Das Baumzelt passt in diese Tasche, ist aber mit 9,5 Kilogramm recht schwer.
Kompakt verpackt: Das Baumzelt passt in diese Tasche, ist aber mit 9,5 Kilogramm recht schwer.
Quelle: Siri Schubert

Nicht im Zelt-Paket dabei sind Leiter und Baumschoner. Gerade Baumschoner finde ich wichtig, um durch die Spanngurte keinen Schaden an der Rinde zu verursachen. Deshalb nehme ich sie separat in einer Tasche mit, in der auch eine kleine Strickleiter Platz findet, mit deren Hilfe ich ins Zelt krabbeln will.

Um durch die Spanngurte keinen Schaden an der Rinde anzurichten, empfehle ich Baumschoner.
Um durch die Spanngurte keinen Schaden an der Rinde anzurichten, empfehle ich Baumschoner.
Quelle: Siri Schubert

Versuch Nummer eins: Die Suche nach dem perfekten Standort

Am Campingplatz angekommen, suche ich drei Bäume, die vier bis sechs Meter voneinander entfernt in einem spitzwinkligen Dreieck stehen. Solch eine Baumgruppe zu finden, ist viel schwieriger als erwartet. Die drei Bäume, die ich im Vorfeld über Google Maps identifiziert hatte, stehen in einem dichten Gestrüpp aus Brombeerranken und Brennnesseln. Keine Chance, dort irgendetwas aufzuhängen.

Also gehe ich zu einer anderen kleinen Baumgruppe. Zwei Bäume stehen perfekt, aber der dritte ist so klein und dünn, dass ich ihm das Zelt plus mein Gewicht nicht zumuten möchte. Der Mindestumfang der Bäume sollte für das Zelt 40 Zentimeter betragen. Das hat der kleinste in dieser Dreiergruppe sicher nicht. So geht es weiter. Immer wieder versuche ich, ein geeignetes Trio zu finden. Vergeblich. Zwischendurch möchte ich mir in den Hintern treten, dass ich keine Hängematte mitgenommen habe. Zwei Bäume im richtigen Abstand gibt es jede Menge.

Statt Luftschloss nur Mückenstiche und schlechte Laune

Zweimal habe ich das Zelt schon an zwei Bäumen befestigt und merke dann, dass der dritte Baum zu nah oder im falschen Winkel steht und das Konstrukt nicht hält. Eine Seite zu spannen, gelingt mir gerade noch, aber die zweite schlabbert nutzlos herum. So kann ich leider nicht schlafen.

Während um mich herum die Grills angefeuert werden und mir der Duft von Campingessen in die Nase steigt, habe ich immer noch keinen Schlafplatz. Dafür Mückenstiche und zunehmend Hunger und schlechte Laune. So hatte ich mir den gemütlichen Nachmittag im Hochbett nicht vorgestellt. Schliesslich verliere ich die Geduld und gebe auf. Ich stelle das Innenzelt am Boden auf, koche mir ein Reisgericht auf dem Campingkocher und gehe schlafen. Da es sternenklar und bis auf die Luftfeuchtigkeit am See trocken aussieht, verzichte ich auf das Aussenzelt, zumal ich keine Heringe dabei habe, um es zu spannen. Schade nur, dass ich die aufblasbare Isomatte zu Hause gelassen habe, weil ich dachte, ich schlafe sanft und weich im Baumzelt. Zumindest die Therm-a-Rest Z-Lite Sol habe ich aber dabei, damit ich nicht direkt auf hartem Grund schlafen muss.

Das Traumschiff ist gelandet: Bodenhaftung statt luftige Höhen.
Das Traumschiff ist gelandet: Bodenhaftung statt luftige Höhen.
Quelle: Siri Schubert

Versuch Nummer zwei: Wird es mir gelingen, im Baumzelt zu schlafen?

Nach einer nicht ganz so angenehmen Nacht wache ich auf und bin fast bereit, das Experiment abzublasen. Aber so schnell gebe ich dann doch nicht auf. Also erkundige ich mich, wem der Wald auf der anderen Seeseite gehört. Es wäre ja gelacht, wenn ich dort keine passenden Bäume finden würde. Nachdem ich die Erlaubnis des Waldbesitzers eingeholt habe, der bei meiner Frage ein bisschen schmunzeln muss, mache ich mich auf die Suche. Und erlebe ein Déjà-vu. Wo stehen bloss die perfekt angeordneten Bäume?

Nach mehreren Versuchen sehe ich dann doch eine Baumgruppe, die direkt am Wasser steht und den richtigen Abstand zwischen den Bäumen hat. Der eine Baum ist etwas dünn, doch da ich allein im Zelt schlafen werde und sehr weit von den maximal erlaubten 440 Kilogramm entfernt bin, lasse ich es darauf ankommen. Der Aufbau ist eigentlich sehr einfach und die Konstruktion clever gemacht. Höher als auf Brust- bis Schulterhöhe kann ich es allerdings nicht aufbauen. Das entspricht auch etwa den Herstellerangaben, der empfiehlt, das Zelt etwa 1,20 Meter über dem Boden aufzuhängen. Mit Spanngurten und Ratschen hängt das Zelt in wenigen Minuten. Wie das geht, siehst du hier im Zeitraffer-Video:

Endlich! Geschafft. Jetzt freue ich mich auf das entspannte Schläfchen im Baumzelt mit Blick auf den See. Das feinmaschige Innenzelt stellt sicher, dass mir die Mücken, die am Wasser durch die Luft surren, nichts anhaben können. Doch sobald ich im Zelt liege, merke ich, dass etwas nicht stimmt. Ich hatte zwar versucht, alle drei Spanngurte auf gleicher Höhe zu befestigen, aber da ich (natürlich!) an Kopf und Rumpf schwerer bin als an den Beinen, senkt sich das Zelt nach vorne ab. Ich versuche, es zu justieren, aber alleine ist das dann doch ziemlich schwierig. Auch am Rücken hängt das Zelt durch, was das Liegen nicht gerade angenehm macht. Anders als bei einer Hängematte gibt der Stoff durch die Dreiecksform an verschiedenen Stellen unterschiedlich nach. Ich empfinde das als ausgesprochen unkomfortabel. Von der, wie es der Hersteller nennt, «bequemsten Nachtruhe, die du je in einem Zelt oder in einer Hängematte hattest», keine Spur. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie es ist, mit diesem Zelt nachts im Dunkeln irgendwo anzukommen und einen Platz suchen zu müssen. Ich jedenfalls habe vorerst genug und breche mein Zelt noch vor dem Dunkelwerden ab. Genau wie das Aufbauen geht das schnell und einfach.

Versuch Nummer drei: Werde ich es diesmal schaffen?

Vielleicht hatte ich nur den falschen Ort ausgewählt, dachte ich. Also auf zum nächsten Versuch. Ein luftiger Wald auf einer Ebene. Hier muss es klappen. Doch wieder ist die Suche nach einer Baumgruppe mit den passenden Massen schwierig. Brombeerranken und Brennnesseln sind ein Hindernis. Junge Bäume, die genau in der Mitte eines andernfalls perfekten Dreiecks wachsen, ein anderes.

Nach etwa einer halben Stunde finde ich dann doch einen geeigneten Platz. Und wieder bin ich begeistert, wie leicht sich das Zelt aufspannen lässt. Es hängt innert Minuten. Das Polyurethan-beschichtete Aussenzelt aus 70D Polyester macht einen robusten Eindruck und lässt sich ebenfalls mit Gummizügen schnell anbringen.

Das Aussenzelt als Schutz vor Wind, Regen und neugierigen Blicken lässt sich einfach anbringen.
Das Aussenzelt als Schutz vor Wind, Regen und neugierigen Blicken lässt sich einfach anbringen.
Quelle: Siri Schubert

Auch wenn ich jetzt von Anfang an die beiden Spanngurte am Kopfende höher ansetze und das Zelt insgesamt straff spanne, hängt der Stoff beim Probeliegen am Oberkörper durch. Schon nach kurzer Zeit fühle ich mich verspannt und es wird richtig unbequem. Ich resigniere: Mit mir und dem Zelt wird es auch in dieser Nacht nichts. Ich hänge einfach zu stark durch.

Bequem ist das nicht: Der Stoff hängt durch und ich finde die Liegeposition nicht optimal.
Bequem ist das nicht: Der Stoff hängt durch und ich finde die Liegeposition nicht optimal.
Quelle: Siri Schubert

Fazit: Das Baumzelt fordert viel und bietet vergleichsweise wenig

Das Zelt hat definitiv seine Pluspunkte. Es ist gut verarbeitet, robust und einfach auf- und abzubauen, abgesehen von der Schwierigkeit, es alleine gerade und ohne Gefälle am Kopfteil zu spannen. Im Innenraum bietet es ausreichend Platz für mich, mein Gepäck und die Fotoausrüstung. Ich habe das Zelt nur alleine getestet, auch wenn es für zwei Personen geeignet ist. Mit einem Spanngurt in der Mitte können zwei Liegebuchten geschaffen werden, so dass nicht beide Schlafenden in die Mitte rollen. Durch die Dreiecksform im Fussbereich könnte es zu zweit aber recht eng werden.

Trotz der Vorteile: Ich werde das Zelt nicht weiter nutzen. Zum Trekking ist es zu schwer und das Suchen nach einem geeigneten Platz zu mühsam. Bequem finde ich es nicht und für die Grösse, die es letztlich bietet, braucht es sehr viel Platz. Da gibt es bessere Alternativen – Hängematten zum Beispiel, die auch einen Hauch von Abenteuer vermitteln, längst aber nicht so viel Zeit für die Standortsuche erfordern und gefühlt auch viel bequemer sind.

Eine Erfahrung war's sicher, aber das Baumzelt werde ich nicht mehr mitnehmen.
Eine Erfahrung war's sicher, aber das Baumzelt werde ich nicht mehr mitnehmen.
Quelle: Siri Schubert

Nach meinen Erfahrungen habe ich mich umgehört, wie andere das Zelt nutzen, da ich wissen wollte, ob ich einfach nur die falschen Orte ausgewählt habe. Eine Zeltbesitzerin sagte, sie hätten es im Innenhof für die Kinder aufgespannt. Das kann ich mir sehr gut vorstellen. Für Kinder ist es sicher ein tolles Erlebnis, in einem Baumzelt zu schlafen. Um dem Durchhängen entgegenzuwirken, hätte sie viele Decken und Kissen in das Zelt gelegt. Auch für Camperinnen und Camper, die einen gut erreichbaren Platz mit wenig Dornengestrüpp und weit genug auseinander stehenden Bäumen kennen, kann es eine gute Wahl sein. Es gibt auch einige Campingplätze in der Schweiz, auf denen Baumzelte zumindest saisonal installiert sind. Dort ist sichergestellt, dass die Bäume im richtigen Abstand stehen und die Zelte deshalb auch optimal gespannt sind. Wer also einmal selbst ausprobieren möchte, wie es ist, im Baumzelt zu schlafen, kann es dort versuchen und spart sich die lange Suche nach einem guten Ort.

Titelfoto: Siri Schubert

45 Personen gefällt dieser Artikel


User Avatar
User Avatar

Forschungstaucherin, Outdoor-Guide und SUP-Instruktorin – Seen, Flüsse und Meere sind meine Spielplätze. Gern wechsel ich auch mal die Perspektive und schaue mir beim Trailrunning und Drohnenfliegen die Welt von oben an.


Outdoor
Folge Themen und erhalte Updates zu deinen Interessen

Diese Beiträge könnten dich auch interessieren

  • Ratgeber

    So packst du richtig für deine Kajaktour

    von Siri Schubert

  • Meinung

    «Bei meinen Outdoor-Abenteuern esse ich lieber Süsses statt Insekten»

    von Siri Schubert

  • Produkttest

    Abwehr gegen Wind: «Aenergy»-Laufweste von Mammut überzeugt im Test

    von Martin Jungfer

9 Kommentare

Avatar
later