Hintergrund
Wahrheit oder Wahnsinn: Wachsen die Füsse in der Schwangerschaft wirklich?
von Katja Fischer
Auf werdende und frischgebackene Eltern prasseln unzählige Baby-Weisheiten ein. Welche sind wahr? Welche nichts als Humbug? Ich stelle die Mythen auf den Prüfstand. In dieser Folge: Schwangerschaftsbäuche und ihr Zusammenhang mit dem Babygeschlecht.
«Dein Bauch liegt tief unten, das ist ganz klar ein Junge!» – Vielleicht hast du diesen Spruch während deiner Schwangerschaft gehört. Oder diesen hier: «Dein Bauch geht in die Breite, das spricht für ein Mädchen!» Na, hat sich die Weisheit am Ende bewahrheitet?
Um die Form des Babybauches ranken sich so einige Mythen. Spitze Bäuche sollen auf einen Jungen hindeuten, heisst es. Tiefer liegende ebenfalls. Breite und höher liegende Bäuche dagegen auf ein Mädchen. Diese Theorien halten sich hartnäckig – und zwar seit Jahrtausenden: Laut der «Süddeutschen Zeitung» haben sie ihren Ursprung in der Antike. Und sie sollen einer interessanten Annahme zugrunde liegen: Damals glaubte man nämlich, dass Jungs auf der rechten Babyseite und Mädchen auf der linken empfangen werden.
Das wäre allerdings eine räumliche Trennung in der Vertikalen – dürfte sich also höchstens seitlich, aber nicht in der Höhe bemerkbar machen. Gut möglich, dass hier das Buschtelefon-Phänomen zugeschlagen hat: Je länger die Übermittlungskette, desto grösser die Abweichungen.
Im Prinzip ist das aber auch irrelevant. Denn egal, welche Bauchform-Theorie: Es ist nichts dran. Darüber sind sich Experten und Expertinnen heute einig.
Wissenschaftler der US-amerikanischen Johns Hopkins University haben den Mythos 1999 in einer Studie widerlegt. 104 schwangere Frauen, die das Geschlecht ihres Babys nicht kannten, sollten es anhand einer traditionellen Methode erraten: anhand von Volksweisheiten wie die der Bauchform, anhand ihrer Träume oder ihrer Vorahnung. In nur 55 Prozent der Fälle lagen sie richtig – sie hätten also genauso gut einfach blind raten können.
Interessant: Träume und Gefühle hatten sogar eine höhere Trefferquote (71 Prozent) – zumindest, wenn die Frauen ein höheres Bildungsniveau haben. Das klingt noch abstruser als das Bauchform-Indiz. Und erklären konnten sich das die Wissenschaftler nicht. «Obwohl die Vorhersagen für die Mittelschichtgruppe statistisch besser waren als der Zufall, sollten Frauen, die sich vor der Geburt über das Geschlecht ihres Babys sicher sind, das Kinderzimmer nicht gleich blau oder rosa streichen», sagte die leitende Studien-Autorin, Janet DiPietro, damals.
Die einzige zuverlässige Methode, das Geschlecht zu bestimmen, ist eine medizinische Untersuchung: mittels Ultraschall ab etwa der 14. Schwangerschaftswoche, invasiver Diagnostik oder Blutuntersuchung.
Die Bauchform allerdings hängt von der Babygrösse, der Fruchtwassermenge sowie der Körperform und Muskulatur der Mutter ab. Und davon, wie das Kind liegt: Liegt es etwa mit dem Kopf nach unten, ergibt das oft eine Ei-Form. «Sitzt» das Kind in der sogenannten Beckenendlage, geht der Bauch eher in die Breite.
Übrigens liefern auch Sodbrennen, Schwangerschaftsgelüste und unreine Haut keine Indizien, ob es ein Mädchen oder Junge wird. Oder anders ausgedrückt: Das äussere Erscheinungsbild hat absolut keinen Zusammenhang mit dem Babygeschlecht. Vermutlich halten sich diese Mythen einfach deshalb so hartnäckig, weil die Chance 50 Prozent beträgt, dass die Prognose zutrifft. Immerhin.
In der Serie «Wahrheit oder Wahnsinn?» gehe ich spannenden Baby-Weisheiten und skurrilen Schwangerschafts-Theorien auf den Grund. Bereits erschienen:
Anna- und Elsa-Mami, Apéro-Expertin, Gruppenfitness-Enthusiastin, Möchtegern-Ballerina und Gossip-Liebhaberin. Oft Hochleistungs-Multitaskerin und Alleshaben-Wollerin, manchmal Schoggi-Chefin und Sofa-Heldin.