

Tier im Recht: Fremde Katzen füttern – ist das erlaubt?

Stillt deine Katze ihren Hunger lieber in der Nachbarschaft als bei dir? Oder fragst du dich, ob du das Tier deines Nachbars füttern darfst? Dann liefert dir die zweite Folge von «Tier im Recht» Antworten.
Das tut weh. Wenn deine Katze nur noch bei der Nachbarin herumhängt und deren Futter bevorzugt, kann sich das wie Betrug anfühlen. Vielleicht lebt dein Stubentiger nach dem Motto: «A lion would never cheat on you. A Tiger Wood(s).» Auf Deutsch: «Ein Löwe würde dich nie betrügen. Ein Tiger Woods würde.»
Ähnlich ärgerlich kann auch ungerechtfertigte Bereicherung in der Katzenwelt sein: Zum Beispiel, wenn du an deinem Fütterungsplatz ständig die Nachbarskatze antriffst. Caroline Mulle, rechtswissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Stiftung für das Tier im Recht, weiss, was in beiden Fällen zu tun ist.
Caroline Mulle, darf ich der Katze meiner Nachbarin Futter geben?
Solange Nachbarskatzen nur gelegentlich und mit unschädlichem Futter gefüttert werden, hat die fütternde Person keine rechtlichen Konsequenzen zu befürchten. Werden fremde Heimtiere aber regelmässig oder systematisch angefüttert, kann das durchaus rechtliche Folgen haben.
Darauf gehen wir später noch genauer ein. Zuerst einmal: Warum sind rechtliche Konsequenzen überhaupt möglich?
Das Fernbleiben des Tieres bedeutet einen wesentlichen Eingriff in die Gefühlswelt und Privatsphäre der Halterin oder des Halters. Gleichzeitig aber auch in die Stellung als Eigentümerin oder Eigentümer. Dazu gehört das Recht, möglichst viel Zeit mit dem Tier zu verbringen.
Welche Möglichkeiten habe ich, wenn mein Nachbar regelmässig meine Katze füttert?
Falls ein klärendes Gespräch nicht fruchtet, raten wir, den Nachbarn mit eingeschriebenem Brief anzuhalten, die Fütterung zu unterlassen. Darin lohnt es sich anzumerken, dass ansonsten rechtliche Schritte eingeleitet werden.
Und wenn ich auch damit keinen Erfolg habe?
Dann kann der Katzenhalter oder die Katzenhalterin eine Zivilklage am Wohnort des Nachbarn einreichen. So lässt sich die Fremdfütterung gerichtlich verbieten. Kehrt die Katze nicht mehr zurück, kann zudem Strafanzeige wegen Sachentziehung beziehungsweise unrechtmässiger Aneignung bei der Polizei eingereicht werden. Mögliche Folgen können eine Freiheits- oder Geldstrafe sein.
Wie hoch könnten diese ausfallen?
Das lässt sich nur im Einzelfall beantworten. Die Maximaldauer der Gefängnisstrafe beträgt theoretisch bis drei Jahre. Diese würde aber kaum tatsächlich ausgesprochen.
Kann ich meine Katze auch herausverlangen?
Ja, weil sie zum Eigentum des Tierhalters gehört, ist das jederzeit möglich. Weigert sich der betreffende Nachbar, die Katze herauszugeben, kann ebenfalls die Polizei eingeschaltet werden.

Quelle: Shutterstock/V2505
Wie gehe ich vor, wenn meine Katze das herumstehende Futter meiner Nachbarin frisst?
Auch hier ist zuerst ein klärendes Gespräch zu suchen. Allenfalls könnten bestimmte Freilaufzeiten vereinbart werden. Während diesen könnte die Nachbarin die Zugänge zum Futter verschlossen halten. Auch haben sich Katzentürchen mit Chiperkennung, die nur die eigenen Katzen ins Haus lassen, als sehr wirkungsvoll erwiesen. Falls keines vorhanden ist, könnten chipaktivierte Futterschalen eine Lösung sein.
Kann ein Nachbar von mir verlangen, dass ich ans Futter zahle, das meine Katze bei ihm vertilgt?
Nein. Ein Tierhalter haftet zwar grundsätzlich für einen von seinem Tier angerichteten Sach- oder Personenschaden. Bei Katzen unterliegt diese aber einigen Einschränkungen. Denn sie sind kaum durch ihre Halter kontrollier- und erziehbar. Daher müssen Katzenbesitzerinnen und -besitzer rechtlich gesehen in der Regel nicht für Schäden ihrer Katzen einstehen.
Das scheint für den Nachbarn etwas unbefriedigend zu sein.
Ja. Um Streitigkeiten zu vermeiden, empfehlen wir Halterinnen und Haltern von freilaufenden Katzen daher, die Kosten wenigstens teilweise zu übernehmen. Oder eine Privathaftpflichtversicherung abzuschliessen, die Schäden bis zu einem gewissen Betrag auch dann deckt, wenn sie gar nicht haftbar wären. Aus Kulanz könnte man sich beispielsweise an den Kosten eines chipgesteuerten Katzentörchens oder an Futterkosten beteiligen.
Wie kann ich verhindern, dass sich meine Katze überall verköstigt?
Weshalb Katzen lieber bei den Nachbarn fressen, kann viele Gründe haben. Man muss sich also auf Spurensuche begeben. Wird die Katze nicht vorsätzlich angefüttert, frisst aber trotzdem selten zu Hause, lohnt es sich allenfalls, ein anderes Futter auszuprobieren. Auch kann sich die Katze durch veränderte Umstände – zum Beispiel einen anderen Futterplatz oder ein neues Familienmitglied – gestört fühlen und deshalb anderswo fressen. Schliesslich sind und bleiben Katzen aber autonome Lebewesen. Es lässt sich nicht in jedem Fall verhindern, dass sie bei den Nachbarn ab und zu einen Happen essen.
In den USA artete ein Streit unter Nachbarn aus, weil Katze Mercury mehr Zeit nebenan als zu Hause verbrachte:
Hast auch du eine Frage, der ich in der Serie «Tier im Recht» nachgehen kann? Schreibe sie mir in die Kommentare.


Ich mag alles, was vier Beine oder Wurzeln hat. Zwischen Buchseiten blicke ich in menschliche Abgründe – und an Berge äusserst ungern: Die verdecken nur die Aussicht aufs Meer. Frische Luft gibt's auch auf Leuchttürmen.