

Tauben brauchen kein Mitleid (im Sommer)

Sie gelten als Ratten der Lüfte – und doch hatte ich an diesem hitzigen Wochenende Mitleid mit den Tauben. Unnötigerweise, wie ich herausfand.
«Die Ärmsten!» Mitleidig zeige ich meinem Freund die Tauben, die am Samstagmittag auf dem Blechdach unserer Stadtwohnung sitzen. Zurzeit ist es dort über 50 Grad heiss. Kein Witz, das haben Bauarbeiter gemessen. Träge blicken die Tauben ins Leere. Für mich steht fest: Die Vögel leiden. Sie brauchen Wasser. Soll ich ihnen eine Schale «Hahnenburger» aufs Fensterbrett stellen? Oder habe ich jetzt einen Vogel?
Im seichten Wasser lauert Gefahr
Ich frage bei Sandra Schenk nach. Die Taubenwartin der Stadt Winterthur weiss, dass man beim Wassergeben einiges verschlimmbessern kann. Aber warum sollte man Tauben nichts zu trinken geben? «Weil sich die Flüssigkeit schnell erwärmt», so Sandra Schenk. «Die Gefahr, verkeimtes Wasser aufzunehmen, ist für Tauben gross.»
Wie kann ich dann helfen?
Temperaturen weit über 30 Grad machen Tauben nichts aus.
Am besten gar nicht, erfahre ich. Temperaturen weit über 30 Grad machen Tauben nichts aus. Im Gegenteil. Die Vögel ziehen den brütend (wie passend) heissen Sommer dem Winter sogar vor.
Stadt nimmt Tauben unter ihre Fittiche
Ich bin überrascht. Und doch frage ich mich, wie die Tauben genügend Wasser bekommen. Sandra Schenk erklärt mir, dass die Stadt Winterthur dafür sorgt. Zwar ist es im Kanton Zürich seit Anfang 2023 verboten, Wildtiere – und damit auch Tauben – zu füttern. Doch die Stadt hat eine Ausnahmebewilligung, um die Tiere täglich zu betreuen. Und zwar in zwei Taubenschlägen. Ganz in der Nähe steht auch Wasser zur Verfügung.
Tauben sind Wildtiere. Lassen wir sie doch einfach leben.
Wieder habe ich was gelernt: Tauben sollte man genauso wenig tränken wie füttern. Sandra Schenk bringt es auf den Punkt: «Tauben sind Wildtiere. Lassen wir sie doch einfach leben.»
Das werde ich, denke ich mir, als ich nochmals aufs Blechdach schaue. Dort sind nur noch ein paar zurückgebliebene Kotflecken. Die Tauben sind verschwunden. Mein Mitleid auch.

Quelle: Shutterstock
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Ich mag alles, was vier Beine oder Wurzeln hat. Zwischen Buchseiten blicke ich in menschliche Abgründe – und an Berge äusserst ungern: Die verdecken nur die Aussicht aufs Meer. Frische Luft gibt's auch auf Leuchttürmen.