

sun-a-wear im Test: Was der Sensor weiss, macht meine Haut nicht heiss

Mit etwas Technik und einer smarten App versuche ich, Sonnenbrand zu vermeiden. Beim Testen des Gagdets des Schweizer Start-Ups sun-a-wear finde ich ein paar Schwächen. Trotzdem ist es eine dringende Empfehlung für sonnige Tage.
Es ist eine Krux mit dieser UV-Strahlung. Wir brauchen die Sonne auf unserer Haut, damit der Körper das lebenswichtige Vitamin D bilden kann. Aber zu viel Sonne darf es auch nicht sein. Bekommen unsere Zellen zu viele UV-Strahlen ab, versagt irgendwann ihr Reparaturmechanismus, es kommt zu Mutationen – bis hin zu Krebs.
Wir Menschen tendieren dazu, Warnungen zu ignorieren. Besonders die, die bedeuten, dass wir etwas tun müssen, was wir eigentlich nicht wollen. Zu schön ist es doch, die warmen Strahlen auf der Haut zu spüren, zu nervig ist es, sich mit Sonnencreme einzucremen oder Schatten aufzusuchen.
Das Schweizer Start-Up sun-a-wear setzt hier an. Ein kleiner Sensor und eine smarte App sollen dich dazu bringen, Nutzen und Gefahren der Sonne besser einschätzen zu können – und dich möglichst gut zu schützen. Dazu sammelt der Sensor die UV-Belastung über den Tag und leitet daraus Tipps ab, wie du dich schützen kannst und wann Sonnenbrandgefahr herrscht. Ich habe ihre Erfindung ausgiebig getestet.

Der Sensor
Das Plastikgehäuse, in dem die Technik steckt, ist etwa so breit wie eine AAA-Batterie und einen Zentimeter kürzer und dünner. In nüchternen Fakten: 37 Millimeter lang, 17 breit und 10 hoch. Mit einem Gewicht von vier Gramm ist der Sensor extrem leicht.
Ich habe zwei Möglichkeiten, ihn zu befestigen. Entweder schiebe ich ihn auf ein mitgeliefertes Nylon-Armband und trage ihn wie eine Uhr. Oder ich drehe den Sensor in einen Clip ein. Damit kann ich mir den Sensor an ein Kleidungsstück schieben. Leider wirken sowohl Clip als auch Band etwas billig. Besonders der Clip ist dafür erstaunlich stabil; er hat schon ein paar Stürze auf den Boden überstanden, nachdem ich ihn mir zum Beispiel beim Aufstehen versehentlich von der Kleidung gestreift habe.

Quelle: Martin Jungfer
Im Inneren des Gehäuses ist ein Superkondensator als Stromspeicher. Ich erspare dir die chemischen Details zur Funktion dieser Stromspeicher-Technik. Wichtig zu wissen: Es ist kein herkömmlicher Akku, den du aufladen musst. Der Superkondensator von sun-a-wear holt seine Energie aus der Sonne. Viel braucht er nicht, denn für die Signalübertragung zum Smartphone wird Bluetooth Low Energy genutzt.
Sollte dein Smartphone mit der App darauf vorübergehend nicht in Funkreichweite zum Sensor sein, kann der Sensor die gesammelten Daten speichern und dann zur App senden, wenn die Verbindung wieder da ist. Ein typischer Anwendungsfall: Du bist am See oder am Strand, gehst mit Sensor – ja, er ist wasserdicht – schwimmen. Das Handy bleibt in der Zeit am Ufer oder am Strand. Wenn du zurück bist, verbinden sich Sensor und App wieder.
Wann der kleine Superkondensator über die eingebaute Solarzelle Strom erhält und speichert, und wann er ihn abgibt für die Bluetooth-Verbindung oder für das Messen des UV-Lichts, entscheidet situativ ein Mikroprozessor. Die Macher von sun-o-wear haben das hier sehr anschaulich und detailliert aufgeschrieben.

Quelle: Martin Jungfer
Im Alltag bedeutet das für mich, dass ich den Sensor zwar mit auf meine Joggingrunde nehme. Das Smartphone aber bleibt zuhause. Ich laufe alleine mit der Apple Watch. Das bedeutet, dass der Sensor in der Stunde ohne Verbindung zum Smartphone in seinem kleinen Computerhirn speichert, wie viel UV-Strahlung er schon gesammelt hat. Und genau diese Info liefert er dann wieder an die App, sobald ich zurück und wieder in Smartphone-Nähe bin. Ich darf nur nicht vergessen, Sensor und Smartphone möglichst bald wieder zu verbinden. Vergesse ich es, wird die UV-Strahlung meiner Laufrunde nicht auf meine verträgliche Menge angerechnet – und meine Haut wäre in Gefahr.
Weil es gute und schlechte UV-Strahlung gibt, steckt im Sensor noch ein Lichtsensor, der die Strahlungsmenge erfasst. Kühle Rechner werden jetzt sagen, dass die Teile für den Sensor für wenige Dollar, Franken oder Euro zu bekommen sind. Stimmt so nicht ganz, denn Teile, die auf Energiegewinnung aus der Sonne ausgerichtet sind, kosten in der Regel deutlich mehr als solche, die auf Akkus als Speicher setzen. Und auch sun-a-wear dürfte die stark gestiegenen Preise für Prozessoren zu spüren bekommen haben. Bei Kleinserienfertigung sind die Steigerungen überproportional.
Trotzdem, der reine Materialwert alleine rechtfertigt sicher nicht alleine den Preis des Sensors – wie das fast immer und bei allen Produkten generell der Fall ist. Wenn du dir einen sun-a-wear-Sensor kaufst, bekommst du neben der Hardware eine Software, die die Daten aus dem Sensor intelligent aufbereitet.
Die App
Auf den ersten Blick erschlägt mich die App mit all den Informationen, die sie bietet. Es gibt – zusätzlich zu den Einstellungen – fünf verschiedene Screens.
Auf dem «Start»-Screen lächelt mir ein Sensor im Comic-Stil entgegen. Er steht in einem Kreis, der die bisher eingesammelte UV-Belastung des Tages anzeigt. Links darunter gibt es einen Hinweis, ob es Zeit wäre für Sonnencreme und Schatten. Rechts daneben Informationen zur UV-Situation. Hier erfahre ich, wie viel Zeit ich noch in der Sonne verbringen darf. Und dann gibt es unten noch ein Info-Element, das mich aufruft, in der «Knowledge Base» mein Wissen über UV-Strahlung und seine Auswirkungen zu verbessern. Ach, und da wäre rechts oben noch eine Zahl, die die aktuelle UV-Prognose darstellt. Uff, eine ganze Menge!

Quelle: Martin Jungfer
Der zweite Screen heisst «Live» und liefert eine UV-Prognose als Liniendiagramm. Dazu noch einmal eine Information, ob jetzt Schutz vor der Sonne eine gute Sache wäre und welche Art, also Sonnenbrille, T-Shirt, Hut, Schatten oder Sonnencreme.
Der «Analyse»-Screen ist für Fans von Statistiken und Diagrammen. Sieben Info-Kacheln hat sun-a-wear hier hingepackt. Ich kann für einen Tag, eine Woche oder einen Monat die kumulierten Daten betrachten. Wie oft habe ich Sonnencreme benutzt? (Vorausgesetzt, ich habe das der App auch immer mitgeteilt natürlich.) Altert meine Haut langsamer oder schneller als die einer Durchschnittsperson? Wie viel gute und wie viel schlechte UV-Zeit hatte ich? Habe ich genug UV-Licht für die Vitamin-D-Produktion abbekommen? Wie viel Zeit habe ich im Freien verbracht? Es gibt Antworten auf alles. Dazu ermuntert mich die App, den Sensor häufiger zu tragen, wenn ich ihn am ein oder anderen Tage mal vergessen habe. Mit mehr Daten sei die App nützlicher.
Fazit
Ich habe den Ort, an dem ich den Sensor tragen kann, noch nicht gefunden. Bei T-Shirt-Wetter stecke ich das Teil am ehesten einfach an den Kragen. Oder ich benutze das Armband – auch wenn das so in etwa so stylish ist wie das Zeckenhalsband eines Hundes.
Bin ich dagegen mit langen Ärmeln unterwegs, fällt das Armband als Option weg. Rutscht mein Hemd über den Sensor, könnte ich in der Sonne verbrutzeln, ohne dass ich gewarnt werde. Am Hemdkragen wirft zum einen mein Kopf Schatten auf die Sensorzelle, zum anderen muss ich dann ständig erklären, dass ich nicht das Ansteckmikrofon aus dem Studio vergessen habe abzunehmen. Zu oft trage ich den Sensor einfach nicht, statt mir den perfekten Ort für ihn zu überlegen.
Dabei sind es genau die frühen Sommertage, an denen mich sun-a-wear perfekt unterstützen könnte. Die Haut ist noch nicht an die Sonne gewöhnt, ein leichter Wind kann die Kraft der Sonne leicht vergessen machen. Ergebnis: Sonnenbrand.
Der UV-Sensor und die App nehmen dir nicht die Verantwortung für deine Gesundheit ab. Du bekommst «nur» Hinweise, wenn du zu viel schlechte UV-Strahlung erwischt. Du kannst das ignorieren, solltest es aber besser nicht. Ich habe an einem Atlantikstrand Anfang Mai die Erfahrung machen dürfen, dass die App mit ihrer Warnung doch richtig liegt. Weil der Wind kühl blies und ich sogar ein langes T- Shirt anhatte, fühlte ich mich sicher. Doch die Sonne schien stark auf mein lichter werdendes Haupt und auf den Handrücken. Die Folge am Abend: rote Haut, kurz vor einem Sonnenbrand.

Quelle: Martin Jungfer
Nach diesem Erlebnis habe ich den Sensor deutlich häufiger getragen, auch wenn ich immer wieder neu überlegen musste, wohin damit. Die für mich mit Informationen überladene App habe ich nur selten aufgerufen, mich stattdessen auf die Push-Mitteilungen auf dem Smartphone verlassen. Dabei aber immer im Hinterkopf gehabt, dass meine wahre UV-Dosis höher sein könnte als die gemessene, weil der Sensor eben immer das Smartphone in der Nähe braucht. Alternativ kannst du auch deinen Hauttyp ein paar Stufen empfindlicher einstellen; dann warnt dich sun-a-wear etwas früher.
Das sun-a-wear-Produkt hat für mich drei Probleme:
- die unübersichtliche App,
- das billig wirkende Armband und der Clip und
- das Problem, dass der Sensor das Smartphone in der Nähe braucht, um ganz genaue Live-Daten zu liefern.
Trotzdem empfehle ich den Sensor. Er misst die UV-Strahlung genau und berechnet dadurch deine UV-Dosis. Natürlich zeigen dir auch Wetter-Apps an, wie stark die Strahlung ist. Es ist aber etwas anderes, wenn eine App dich darauf hinweist, Sonnencreme zu benutzen oder einen Hut aufzusetzen. Dazu verzichtet sun-a-wear darauf, dich zu einer Registrierung inklusive Datennutzung zu zwingen. Und für die Nutzung der Informationen in der App musst du kein Abo abschliessen; du bezahlst einmal, wenn du den Sensor kaufst – und bekommst alles.
Für rund 80 Franken oder Euro ist das eine Menge an Information und intelligenten Algorithmen, die mich in diesem Sommer sicher dazu animiert, häufiger als sonst Sonnenbrille, Hut und Sonnencreme zu benutzen. Alleine schon, weil ich den kleinen Comic-Sensor in der App lieber lächelnd als traurig sehen möchte.
Hast du Fragen zum sun-a-wear-Sensor? Schreibe gerne einen Kommentar; ich antworte gerne.
Titelfoto: Martin Jungfer

Journalist seit 1997. Stationen in Franken, am Bodensee, in Obwalden und Nidwalden sowie in Zürich. Familienvater seit 2014. Experte für redaktionelle Organisation und Motivation. Thematische Schwerpunkte bei Nachhaltigkeit, Werkzeugen fürs Homeoffice, schönen Sachen im Haushalt, kreativen Spielzeugen und Sportartikeln.