Produkttest

Sechs Wochen bis zum Halbmarathon: Jetzt gibt’s Wellness für die Beine

Siri Schubert
31.8.2023

Zwölf Wochen hatte ich eingeplant, um mich auf einen Halbmarathon vorzubereiten. Nach sechs Wochen mache ich eine kurze Halbzeitpause. Und teste, wie sich die Blackroll Compression Boots auf meine Regeneration auswirken.

Vor eineinhalb Monaten habe ich mit dem Training für den Hallwilersee Halbmarathon am 14. Oktober begonnen. Nach der ersten Grundlagenphase standen Tempoläufe und Sprint-Intervalle auf dem Trainingsplan. Dabei bin ich richtig aufgeblüht. Die längeren Läufe, vor allem der Lauf in den Bergen, waren meine Favoriten. Weil es so viel Spass machte, bin ich immer wieder länger, schneller oder häufiger gelaufen, als im Trainingsplan vorgesehen. Frei nach dem Motto: Anything worth doing is worth overdoing (Alles, was sich lohnt zu tun, lohnt sich auch zu übertreiben).

Erholung ist ein Teil des Erfolgs

Damit ich aber vor lauter Trainingseifer in sechs Wochen nicht müde und mit schweren Beinen an der Startlinie stehe, mache ich mir zunehmend Gedanken über meine Regeneration. Denn die Trainingserfolge werden nicht während des Trainings erzielt, sondern in den Erholungsphasen dazwischen. Die Muskeln ermüden beim Training und die Leistung sinkt. Idealerweise erholt sich der Körper dann in der Ruhephase. Mikroverletzungen werden repariert und die Strukturen gestärkt, sodass der Körper beim nächsten Training oder Wettkampf besser auf die Belastung vorbereitet ist und höhere Leistungen erzielen kann.

Dieser Prozess ist als Superkompensation bekannt. Wenn das Training aber zu hart war und eine angemessene Erholung ausbleibt, gerät der Körper in eine Abwärtsspirale. Statt Leistungssteigerung folgen Müdigkeit, Verletzungen, Schwäche und eine verminderte Immunabwehr. Also nichts mit Kompensation – und mit super erst recht nicht.

Anzeichen für zu hohe Belastung

Tatsächlich bin ich in einer Phase, in der meine Muskeln nicht optimal erholt sind. Das spüre ich durch schwere Beine, die ein bisschen ziehen. Noch aussagekräftiger sind die Ergebnisse der Bioelektrischen Impedanzanalyse (BIA), bei der die Körperzusammensetzung mithilfe von Elektroden über den Wechselstromwiderstand des Körpers gemessen wird.

Über die Elektroden an meinen Füssen wird die Körperzusammensetzung gemessen, die Rückschlüsse auf den Erholungszustand zulässt.
Über die Elektroden an meinen Füssen wird die Körperzusammensetzung gemessen, die Rückschlüsse auf den Erholungszustand zulässt.
Quelle: Oliver Fischer

Meine BIA-Ergebnisse besagen, dass ich zu viel Wasser im Körper und vor allem in den Beinen habe. Das weist auf eine unvollständige Erholung hin. Da bereits drei Messungen in Folge dieses Ergebnis brachten, will ich das Thema Regeneration ab jetzt ernster nehmen. Denn die häufigen Läufe aus Spass und Übermut waren nicht gerade smart – und jetzt habe ich die Quittung erhalten.

Ganz wichtig für eine ausreichende Erholung sind genügend Schlaf und Ruhephasen. Gutes und ausreichendes Essen (dazu werde ich mich noch professionell beraten lassen) gehören auch dazu. Und Massagen. Da mir der Aufwand für regelmässige Sportmassagen dann aber doch zu hoch ist, habe ich die Blackroll Compression Boots als Massage-Ersatz getestet.

Was sind Compression Boots?

Die Boots sind Kompressionsmanschetten für die Beine, die mithilfe von Luftpolstern mehr oder weniger starken Druck auf Muskeln und Gewebe ausüben. Die Manschetten sind an eine im Stiefel integrierte elektrische Pumpe angeschlossen. Nach einem vorher eingestellten Rhythmus bläst die Pumpe die Luftkammern in den Manschetten auf und entleert sie wieder. Dadurch werden die Beine vom Fuss her gedrückt und wieder entlastet. So kann das Blut besser aus den Füssen und Beinen zurückfliessen. Bei der aktiven Erholung ist ein ähnlicher Mechanismus am Werk. Durch Bewegung wird die Durchblutung der müden Muskulatur angeregt und Stoffwechselabfallprodukte werden abtransportiert.

Da ich meine Muskeln durch das Training schon stark belastet habe, ist weitere Bewegung vorerst nicht angesagt. Stattdessen kann ich mich bequem aufs Sofa oder in den Liegestuhl legen und die Kompressionsboots arbeiten lassen. Ich lese derweil, lausche einem Podcast oder schaue eine Serie. Sehr entspannend.

Die Kompressionsmanschetten für die Beine sind gut verarbeitet und gleichzeitig leicht.
Die Kompressionsmanschetten für die Beine sind gut verarbeitet und gleichzeitig leicht.
Quelle: Stefan Munsch

Wie bei der aktiven Erholung durch Bewegung soll der wechselnde Druck der Kompressionsstiefel die Durchblutung fördern, Muskelkater lindern und schwere Beine entlasten, schreibt Blackroll. Zudem sollen durch den Prozess Stoffwechselabfälle aus den Muskeln gespült und der Erholungsprozess beschleunigt werden.

Tatsächlich sind Kompressionsstiefel an sich nichts Neues: So gibt es von Hyperice die Normatec 3.0 Leg Recovery Boots oder von Therabody die Recovery Air Jet Boots, die mein Kollege Patrick Bardelli bereits getestet hat. Nun hat auch der deutsche Recovery-Spezialist Blackroll Kompressionsstiefel auf den Markt gebracht, die günstiger sind als die Modelle von Hyperice und Therabody.

Ein erster Eindruck

Die Blackroll Compression Boots sind gut verarbeitet und dank des durchgehenden Reissverschlusses einfach an- und auszuziehen. Gemäss Grössentabelle des Herstellers entschied ich mich für Grösse S, die bei meiner Beinlänge auch perfekt passte. Sehr gut gefällt mir, dass die Boots (1160 Gramm pro Stiefel inklusive Akku) leicht und kompakt sind und in der mitgelieferten Tasche gut transportiert werden können. Für die Mitnahme zu Wettkämpfen, in Trainingslager oder zu Etappenrennen ist das sicher ein Plus. Natürlich ist auch der Akku-Betrieb von Vorteil, denn so kann ich auch abseits von Steckdosen, beispielsweise im Garten, entspannen. Eine Akkuladung hält bei mir für zwei 30-minütige Sessions auf höchster Stufe. Das reicht im Normalfall, denn ich erwarte nicht, dass ich die Boots je für mehrtägige Ausflüge fernab der Zivilisation und ohne Zugang zu Steckdosen mitnehmen werde. Falls doch, können Ersatzakkus separat dazu gekauft werden.

Die Boots verfügen über fünf Luftkammern, die einen Druckaufbau von 40-120 mmHG rund ums Bein ermöglichen. Der obere Wert entspricht dem systolischen (höheren) Wert des normalen menschlichen Blutdrucks.

Angenehme und erholsame Massage

Die Bedienung der Boots über die Steuerungseinheit ist intuitiv und einfach. Nach dem Einschalten verbinden sich die Steuerungseinheiten der beiden Beine automatisch, so dass die Massage rechts und links synchron abläuft. Es gibt drei verschiedene Massagearten:

**–Im Modus 1, der durch ein blaues Licht angezeigt wird, füllen sich die Kammern von Fuss bis Schenkel mit Luft und lassen sie in umgekehrter Reihenfolge wieder ab. Diese Art der Massage eignet sich laut Anleitung von Blackroll besonders gut für den Abtransport von Flüssigkeit und Laktat nach dem Sport.

**–Im grünen Modus werden die Luftkammern pulsierend gefüllt und wieder geleert. Diese Art der Massage fördert nach Herstellerangaben die Durchblutung vor und nach dem Sport.

**–Der gelbe Modus kombiniert beide Arten der Kompression, er ist vielseitig einsetzbar.

In jedem Modus gibt es fünf Intensitätsstufen, die ganz einfach per Knopfdruck eingestellt werden können.

Nach einem längeren Lauf am Wochenende (knapp 22 Kilometer) habe ich die Boots im blauen Modus auf der höchsten Stufe angewendet. Ich empfand die Kompression als sehr angenehm und erholsam. Am nächsten Tag hatte ich keinen Muskelkater.

Die Steuerungseinheit ist klein, kompakt und einfach zu bedienen.
Die Steuerungseinheit ist klein, kompakt und einfach zu bedienen.
Quelle: Stefan Munsch

Mein Eindruck nach rund zehn Anwendungen der Boots ist sehr gut. Die Stiefel massieren meine Beine auf sehr angenehme Art und ohne dass ich die Wohnung verlassen muss. Da ich laut BIA-Messung zu viel Wasser in den Beinen habe, finde ich es besonders hilfreich, dass die Kompression beim Abtransport der Flüssigkeit helfen soll. Dass der Pumpmechanismus relativ leise ist, gefällt mir auch. Ich werde die Boots auf jeden Fall als Regenerations-Tool in meine Halbmarathon-Vorbereitung einbauen.

Und was sagt die Wissenschaft?

Für mich waren die Sessions in den Boots angenehm und entspannend. Und das allein hat zu meiner Regeneration beigetragen. Inwieweit die Kompressionsmanschetten die Erholung tatsächlich beschleunigen und zu besseren sportlichen Leistungen beitragen, ist wissenschaftlich nicht eindeutig geklärt.

Während eine Studie mit 56 Ultramarathonläufern darauf hinweist, dass die Kompressionsmassage zu weniger Muskelschmerzen und Muskelermüdung führte, schlussfolgerte eine andere Studie mit zehn Langstreckenläufern, dass die luftdruckgesteuerte Kompression keine Verbesserungen bei der Erholung brachte. Eine weitere Studie mit zwölf Teilnehmenden kommt zu dem Schluss, dass die luftdruckgesteuerte Kompression in der Erholungsphase die Durchblutung und damit möglicherweise auch den Abtransport von Stoffwechselprodukten verbessert. Ein Review, der allerdings nur drei Studien analysierte, resümierte, dass Kompressionsboots zwar kurzfristig subjektiv den Muskelkater reduzieren können, aber durch Sport bedingte Muskelverletzungen längerfristig nicht linderten.

Was das heisst? Die bisherigen Studien haben gezeigt, dass einige physiologische Faktoren wie die Durchblutung verbessert werden und das subjektive Empfinden der Sportler sich ebenfalls positiv verändert. Was die Kompression mit den Boots für die sportliche Leistung bringt, muss dagegen noch weiter untersucht werden.

Was bedeutet das jetzt für mich? Subjektiv finde ich die Massagen sehr angenehm und sie tun mir gut. Die Boots helfen mir, nach einem Lauf zu entspannen und ruhig liegen zu bleiben. Meine Beine fühlen sich nach den Massagen in den aufblasbaren Beinlingen entspannter und weniger müde an. Und da auch subjektive, mentale Faktoren beim Training und bei der Erholung eine grosse Rolle spielen, sehe ich in ihnen auf jeden Fall einen Mehrwert. Ich zumindest freue mich auf die nächste Session mit den gigantischen Moonboots.

Titelfoto: Stefan Munsch

16 Personen gefällt dieser Artikel


User Avatar
User Avatar

Forschungstaucherin, Outdoor-Guide und SUP-Instruktorin – Seen, Flüsse und Meere sind meine Spielplätze. Gern wechsel ich auch mal die Perspektive und schaue mir beim Trailrunning und Drohnenfliegen die Welt von oben an.


Sport
Folge Themen und erhalte Updates zu deinen Interessen

Fitness
Folge Themen und erhalte Updates zu deinen Interessen

Outdoor
Folge Themen und erhalte Updates zu deinen Interessen

Running
Folge Themen und erhalte Updates zu deinen Interessen

Diese Beiträge könnten dich auch interessieren

  • Produkttest

    Nie mehr Muskelkater dank Kompressions-Boots?

    von Patrick Bardelli

  • Produkttest

    Wenn die Blackroll brummt

    von Michael Restin

  • Produkttest

    Drei Fussmassagegeräte im Vergleichstest

    von Natalie Hemengül

8 Kommentare

Avatar
later