

Reisekalender: Wann ist es wo in Europa am schönsten?

2023 wird ein tolles Reisejahr – wenn du weißt, wo es wann in Europa am schönsten ist. Hier kommen Inspirationen für jeden Geschmack.
Reisen ist auch die Kunst des richtigen Zeitpunkts: Relaxen im Frühling, Action im Herbst oder Plätze, mit denen sich der Sommer verlängern lässt – aber wo genau eigentlich? Dank der Expertise von «Lonley Planet» lässt sich das leicht herausfinden. Noch ist es nicht auf dem Markt, aber im April 2023 ist es soweit. Dann erscheint die lang ersehnte, noch umfangreichere Fortsetzung von «Wann am besten wohin». Bereits 2020 hatten die Reise-Expertinnen und Experten von «Lonley Planet» veröffentlicht, was alle wissen sollten, die zu neuen Ufern aufbrechen.
Im neuen umfangreichen Bildband durfte ich vorab blättern, um Tipps zur optimalen Planung des nächsten Urlaubs zu sammeln. Denn derselbe Ort kann zu unterschiedlichen Zeiten vollkommen anders wirken: St. Moritz etwa beherbergt im Winter die hektische High-Society – und lädt dafür im August mit seinen Blumenwiesen und idyllischen Seen zum Erholen ein.

Ebenso sollten Naturbeobachtungen vorab durchdacht sein: Eine Polarlichterjagd macht nur von September bis April Sinn, ab Mai ist das Schauspiel nicht mehr zu sehen (natürlich nicht in St. Moritz, sondern z.B. im nördlichen Teil Norwegens).
Etwaigen Enttäuschungen kann man nun aber ohne großen Recherche-Aufwand entgehen: Mit Hilfe eines Entscheidungsbaumes im Buch lässt sich die passende Destination für den jeweiligen Monat mit den individuellen Wünschen in Einklang bringen. Wiederkehrende Veranstaltungen, das Preis-Leistungs-Verhältnis sowie die Familienfreundlichkeit der Ziele werden außerdem dargestellt – allerdings nimmt die Redaktion von «Lonley Planet» keine große Rücksicht auf gesetzlich verankerte Schulferien. Was durchaus verständlich ist, denn die beste Reisezeit für gewisse Destinationen geht nun mal eben nicht immer mit dem Familien-Kalender konform.
«Manchmal kann es Sinn machen, gerade den sonnigsten Tagen oder den berühmtesten Events aus dem Weg zu gehen, denn einen Wald erkundet man am besten nach einem starken Regen, und in der Festivalsaison steigen die Preise ins Astronomische,» so die Herausgebenden Sarah Baxter und Paul Bloomfield: «Viele Orte sind in den Sommermonaten zum Bersten voll, weshalb es sich lohnt, über den Tellerrand zu schauen – oder zumindest über den Rand der Hochsaison.»
Aber auch das Wie, also die Art der Fortbewegung, kann ein unvergesslicher Teil einer Reise sein. Besonders, wenn man statt einer schnellen Flugreise eine Co2-sparsame Variante wählt, vielleicht eine idyllische Bahn- oder Flussfahrt oder sogar eine Bike-Tour. Hier kommen meine Favoriten für die Reisesaison 2023 ab Frühjahr – in den beiden Büchern von «Lonley Planet» gibt es dann noch viele weitere tolle Tipps für unvergleichliche Trips.
Reisemonat April: Mehr Meer oder unter die Erde?
Die Dordogne bietet ein «Best of Frankreich»: malerische Landschaften, eine reiche Geschichte, Märkte mit lokalen Produkten und wundervolle Weinberge. Zu den Höhepunkten gehören die Höhle von Lascaux, das unterirdische System von Rouffignac Font-de-Gaume, wo vielfarbige Höhlenmalereien zu sehen sind, und Cougnac, wo man Tausende von Stalaktiten und Stalagmiten finden kann. Wenn im milden April die Wildblumen blühen, sind die Menschenmassen noch nicht da.
Gusto auf Meer? Im April ist der Peloponnes ein echtes Highlight: Der sonnige Frühling ist die beste Zeit, um bei angenehmen Temperaturen Olympia, Mykene oder Epidaurus zu besichtigen und die griechische Küche zu genießen.
Vor Regen sicher ist jetzt das sonst sehr nasse Irland: Dort ist der April einer der trockensten Monate. Das macht ihn zu einer guten Zeit, um mit dem Zug zu reisen – eine grüne Option für eine grüne Insel. Außerdem ist es nach dem St. Patrick’s Day und vor der Hauptsaison ziemlich ruhig.
Reisemonat Mai: Mit dem Radl durch Europa
Velofahrerinnen und -fahrer aufgepasst: Den Kontinent mit dem Rad durchqueren und dabei Geschichte hautnah erleben – das kann man am «Iron Curtain Trail». Der Eiserne Vorhang teilte nach dem Zweiten Weltkrieg Europa fast 50 Jahre lang in Ost und West und verlief vom Schwarzen Meer bis zur Barentssee. Der 9950 km lange EuroVelo 13-Radweg – er führt insgesamt durch 20 Länder von Bulgarien über den Balkan durch Österreich, Tschechien und Deutschland, weiter entlang der Ostsee bis zur und entlang der finnisch-russischen Grenze – zeichnet diese Teilung nach. Die angenehmsten Temperaturen herrschen im Mai, zu den interessanten kürzeren Abschnitten gehören die 18 insgesamt 700 km langen Österreich-Etappen, die historisch besonders interessant sind. Eine dieser Teilstrecken führt die gesamte burgenländische Ostgrenze entlang, heute eine der größten zusammenhängenden Naturlandschaften mit vielen seltenen Arten aus Flora und Fauna. Besonders schön im Mai: Der duftende Kirschblüten-Radweg am westlichen Ufer des Neusiedler Sees.
Egal, ob mit dem Bike oder zu Fuß: Jetzt ist auch Prag eine Reise wert. Ab 12. Mai lockt das große «Prague Spring Festival». Die größte Musikveranstaltung der Tschechischen Republik ist seit über 70 Jahren ein Highlight für Klassik-Fans.
Reisemonat Juni: Zeit für Amore
Sizilien ist als größte Mittelmeerinsel seit jeher ein Kreuzungspunkt der Kulturen. Kolonisatoren und Besucherinnen und Besucher aus aller Herren Länder haben hier ihre Spuren hinterlassen. Das reiche Erbe zeigt sich in den außergewöhnlichen historischen Stätten: die Denkmäler von Agrigent, Syrakus und Taormina, der normannische Palast von Palermo und die nahe gelegene Kathedrale von Monreale – allesamt vor der Hochsaison im Juli und August weniger überlaufen.

Quelle: Oliver Fischer
Wer gleich in Italien bleiben will: Die historische «Regata Rionale di San Ranieri» ist ein atemberaubendes Ereignis, das zu Ehren des Schutzpatrons von Pisa am 17. Juni gefeiert wird.
Wasserreich geht es nun auch in Deutschland zu: Wie wäre es mit einer Flussfahrt am Rhein vorbei an mittelalterlichen Dörfern? Man ist im Juni nicht allein im Rheintal, aber das ist verkraftbar, wenn die Sonne auf dem Wasser glitzert und man ein Glas Riesling in der Hand hat.
Reisemonat Juli: Nordisch by nature
Du willst erleben, was nur wenige bereits erlebt haben? Dann ab nach Finnland, die Heimat der Skurrilitäten. Am 4. und 5. Juli trifft man sich zur «Weltmeisterschaft im Frauentragen» in Sonkajärvi. Mitten im Land der 1000 Seen geht es auf etwas mehr als 250 Metern um die Ehre – der Weltrekord für die Bewältigung des Abenteuers liegt bei 55,5 Sekunden.
Auch Dänemark sollte auf jeder Bucket-Liste stehen. In Aarhus, der zweitgrößten Stadt des Landes, wird gefeiert: Im Hochsommer findet immer irgendwo ein Festival statt, auf dem Blumen, Jazz oder dem Erbe der Wikinger gehuldigt werden. Außerdem lockt die nordisch-zarte Sonne (bis zu 20 ºC) nun das lang ersehnte Ostsee-Beachfeeling hervor: «Permanente» in der Nähe des Zentrums, «Bellevue» im Norden und die herrlich leeren Strände der «Ökoinsel» Samsø, die mit der Fähre easy zu erreichen ist. Sie ist ein Vorzeigeprojekt für Klimaschützende und gilt als beinahe energieautonom.

Quelle: Oliver Fischer
Reisemonat August: Der Hitze entfliehen
Spaß für die ganze Familie ist im spanischen Buñol garantiert. Am letzten Mittwoch im August findet hier das legendäre «La Tomatina»-Festival statt. Diese Veranstaltung lockt jedes Jahr Gäste aus der ganzen Welt an, also alle, die bereit sind, sich fröhlich mit Tomaten zu bewerfen. Buñol liegt nur 39 Kilometer von Valencia entfernt in einem bergigen Gebiet nahe der Küste und ist damit vor Affenhitze gefeit – nur die Kleidung ist also in Gefahr.
Trotzdem zu heiß? Abkühlung gibt es im August in Schweden: Das dortige «allemansrät» garantiert, dass jeder das Recht hat, sich frei in der Landschaft zu bewegen, jeden Strand zu besuchen, in jedem See zu schwimmen, überall an der Küste zu angeln, auf (fast) jedem Fleckchen Erde ein Zelt aufzuschlagen und überall auf Nahrungssuche zu gehen. Und in einem Land mit so viel wunderbarer Wildnis sind die Möglichkeiten endlos – selbst im August gibt es genug Platz für alle. Außerdem ist es ein großartiger Monat, um im Skuleskogen-Nationalpark nach Pilzen und Beeren zu suchen.

Quelle: Oliver Fischer
Noch mehr Ruhe im Hochsommer findet man höchstens noch auf den Färöer-Inseln. Hier gibt es mehr Schafe als Menschen, doch es ist der unabhängige Spirit der Einheimischen, der einen Besuch so unvergesslich macht – vor allem im trockenen August, wenn das Tageslicht ewig zu dauern scheint.
Reisemonat September: Das Abenteuer ruft
Obwohl Barcelona oft als Synonym für «overtourism» gilt, steht seine Umgebung beispielhaft für nachhaltiges Reisen: Katalonien wurde mit dem Zertifikat für verantwortungsvollen Tourismus ausgezeichnet. Die Region zwischen Mittelmeer und Pyrenäen hat im angenehmen September (durchschnittliche Höchsttemperatur 25 °C) jede Menge zu bieten: Wasserratten zieht es in die Schlucht von Mont-Rebei, Birdwatcher ins vogelreiche Ebro-Delta (jetzt sieht man hier Herbstzugvögel) und Abenteuerlustige auf den wilden Fluss Noguera Pallaresa. Pro-Tipp: Die 2021 eingeführte «Grand Tour de Catalunya» verbindet spannenden Outdoor-Aktivitäten mit kulturellen Höhepunkten.
Außergewöhnliches bietet auch Schottland: In der Region Great Glen, die sich von Küste zu Küste zieht liegen die höchsten Berge des Vereinigten Königreichs und mystische Seen, darunter die Heimat von Nessie. In den milden Tagen des Septembers geht es ruhiger zu als im Sommer – das gilt auch für die Stechmücken. Der «Great Glen Trail» ist 125 Kilometer lang, die du in etwa sechs Tagen mit dem Kanu oder zu Fuß und in zwei Tagen mit dem Rad bewältigen kannst.
Apropos Rad: Die «Bike Slovenia Green» ist eine 250 km lange Radroute von Kranjska Gora nach Koper und verbindet Reiseziele, die mit dem slowenischen Green-Zertifikat für nachhaltigen Tourismus ausgezeichnet wurden. Sie endet an der Adria, wo man im September noch ein erfrischendes Bad nehmen kann.
Reisemonat Oktober: Den Sommer verlängern.
Du willst nach den Sternen greifen? Das «Dark Skies Festival» im britischen Exmoor bietet im Oktober mehre Wochen ein volles Programm aus Astronomievorträgen, Filmen, Musik und Sternenbeobachtung. Und das geht auch aktiv: Der «Dark Sky Discovery Trail» ist eine zwei Meilen lange Route durch offenes Moorland, die zu einigen der besten Orte führt, um den Himmel funkeln zu sehen.
Wer lieber die Früchte der Erde mag: Trüffeln, Wein und anderen Köstlichkeiten ist man in den italienischen Marken auf der Spur (die Marken gelten noch immer als Geheimtipp Italiens). Der Herbst bietet angenehme Temperaturen, um die mittelalterlichen Städte zu bereisen und im Nationalpark Monti Sibillini zu wandern. Oder man schlemmt in Acqualagna und Apecchio, wo im September viele Trüffelmessen abgehalten werden.
Noch mehr Sonne gibt es jetzt auf Menorca – und zwar im balearischen Winterfrühling. In den ersten Wochen des Herbstes, genannt «primavera l’hivern», sind die touristischen Einrichtungen noch geöffnet und das Mittelmeer warm.
Reisemonat November: Eisige Wellen oder sanfte Strände
Das «Iceland Airwaves Musikfestival» ist das nördlichste Musik- und Industriefestival der Welt und findet auf halbem Weg zwischen Nordamerika und Europa statt: in Islands Hauptstadt Reykjavik. Aufstrebende Musiktalente, zukunftsorientierte internationale Acts und jede Menge Partys kann man dieses Jahr von 3. bis 5. November erleben – und dann zum Roadtrip durch das Land der Elfen starten. Zum Glück warten immer wieder heiße Quellen auf Reisende, in denen man sich aufwärmen kann.
Deutlich wärmer ist es jetzt im südlichen Andalusien. Das sanfte T-Shirt-Wetter ist perfekt für Sightseeing ohne Menschenmassen und für ein oder zwei Gläschen Sherry. Auch das kleine Malta ist in diesem Monat noch eine große Attraktion. Das mediterrane Klima sorgt bis in den November hinein für Badespaß bei um die 21 Grad.
Reisemonat Dezember: Und es werde Licht
Keinen Bock auf klassische Weihnachtsbeleuchtung? Am 12. Dezember, dem Tag des heiligen Spiridon, ist Korfu mit Lichtern übersät, in den Kirchen wird Ingwerbier und Ouzo ausgeschenkt.
Das funkelt euch nicht hell genug? Ab in die schwedische Arktis: In Jukkasjärvi, einen Breitengrad nördlich des Polarkreises, geht die Sonne in den letzten drei Wochen des Jahres nie auf. Bessere Voraussetzungen, um die Nordlichter der Aurora borealis am Himmel zu beobachten, gibt es nicht. In Jukkasjärvi kann man auch langlaufen, Hundeschlitten und Schneemobil fahren, Rentiere streicheln und die traditionelle samische Kultur kennenlernen – ein magischer Ort für Kinder und Erwachsene gleichermaßen.
Günstiger und näher ist der deutsche Schwarzwald: Er zählt zu den romantischsten Regionen Deutschlands, vor allem im Dezember, wenn die Hügel schon mit Schnee überzuckert sind und es überall weihnachtet.


Lebe lieber ungewöhnlich: Ob Gesundheit, Sexualität, Sport oder Nachhaltigkeit, jedes Thema will entspannt, aber aufmerksam entdeckt werden. Mit einer gehörigen Portion Selbstironie und niemals ohne Augenzwinkern.