

Pipieinfach? Das kann die mobile Toilette fürs Handschuhfach
Drückt die Kinderblase, muss es schnell gehen. Vor unserer langen Autofahrt in Richtung Süden habe ich mich deshalb mit einer Notfall-Toilette für Kinder ausgerüstet. Die hat aber ihre Tücken.
Es ist eine der meistgestellten Fragen von Eltern, wenn sie mit ihren Kindern das Haus verlassen: «Warst du noch auf der Toilette?» Wohlweislich. Denn wenn der Nachwuchs mal muss, muss es vor allem eins: blitzschnell gehen. Sprüche wie «Wir sind gleich da» oder «Verklemm’s dir noch kurz» machen es nur noch schlimmer.
Für solche brenzligen Momente hat ein findiger Unternehmer Minimus entwickelt – falls Mini mal muss, aber keine Toilette da ist. Es ist quasi ein zusammenfaltbares Einweg-WC, das du nach dem kleinen Geschäft verschliessen und im Müll entsorgen kannst. Falls dir das Produkt bekannt vorkommt: 2014 wurde es in der deutschen Startup-TV-Show «Die Höhle der Löwen» gepitcht. Die ursprüngliche Herstellerfirma ging kürzlich insolvent, eine Auffanggesellschaft produziert die Notfall-Toilette aber weiterhin mit einer leicht abgeänderten Verpackung.

«Gott sei Dank. Kein Anhalten nötig»
Minimus ist also nicht neu. Aber scheinbar perfekt für unsere Reise an die Adria. Es soll nämlich äusserst praktisch für lange Autofahrten mit Kindern sein. Zwei im Stau steckende Autos zieren die Verpackung. Mit Koffern auf dem Dach und Kindern auf dem Rücksitz. Auf der Webseite des Schweizer Vertriebs lese ich zudem folgende Story – ob real oder fiktiv bleibt offen:
«Zwei Stunden Autobahn, 10 km Fahrtstrecke – langsam nervt es. Bis jetzt verhält sich die Rückbank ruhig. Doch nach der ersten Limonade ist es mit der Ruhe vorbei. Immer lauter klingelt der Ruf nach Erleichterung in meinen Ohren: ‹Paaaapa … ich muss mal!?!› Rasthof? Nicht in Sicht. Was tun? Da fällt mir aus dem Handschuhfach das Minimus-Pack in die Hände. Gott sei Dank. Kein Anhalten nötig, kein Geschrei mehr und noch drei übrig.»
Klingt pipileicht, oder? Über das Prozedere auf der Rückbank erfahre ich leider nichts. Bevor wir nach Italien in die Sommerferien losfuhren, wollte ich deshalb noch testen, ob und wie das Taschen-Örtchen für Kinder funktioniert. Wenn Mini muss, muss ich mich auf Minimus verlassen können.
Damit es klar ist: Ich habe eine Trockenübung gemacht – ich habe das Produkt nicht unter realen Bedingungen getestet. Kurz vor unserer Autofahrt in Richtung Süden wollte ich nicht noch die Rückbank besudeln, sollte etwas daneben gehen. Stattdessen probierten wir Minimus im sicheren Hafen aus, zu Hause im Bad. Wir, das sind meine Siebenjährige und ich. Bei der Vierjährigen weiss ich auch ohne Feldexperiment, dass sie es koordinativ noch nicht alleine hinkriegen würde.
Nasse Trockenübung offenbart Manko
Um das blaue Minimus-Päckchen zu öffnen, lösen wir erst den Aufkleber und rollen dann ein Schlauch-ähnliches, rund 36 Zentimeter langes Plastiksäckchen mit runder Öffnung aus.

Quelle: Katja Fischer
Jungs könnten jetzt direkt in den Ring oben pullern. Oder wie es der Hersteller schreibt: «Kleine Helden, grosser Druck – ab jetzt einfach laufen lassen!»

Quelle: Katja Fischer
Nicht ganz so einfach ist es für Mädchen. Für meine Tochter schiebe zusätzlich eine Art Kartontrichter oben in den Beutel. «Pippi Lissi», wie der Aufsatz heisst.

Quelle: Katja Fischer
Minimus und Pippi-Lissi müssen nun gut festgehalten werden, um das kleine Geschäft zu verrichten. Die Vorrichtung hält nicht von selbst zusammen. Für meine Tochter ist sie zu instabil: Ich muss unterstützen – beziehungsweise das Teil festhalten. Ohne fremde Hilfe schafft sie es nicht. Und ohne Stehen sowieso nicht.
Ganz ehrlich, wie soll das im fahrenden oder rollenden Auto sitzend auf der Rückbank klappen? Ein Junge kriegt’s im Notfall vielleicht hin. Aber ein Mädchen? Ich kann’s mir nicht vorstellen. Interessant: Auf der Minimus-Webseite steht bei «Mädchen und Frauen» zwar explizit, dass es «in der Hocke oder im Sitzen» funktionieren solle. Auf dem Kartontrichter prangt hingegen der Slogan «Mit Pippi Lissi kann Frau im Stehen».
Fürs Auto okay, für Ausflüge noch viel besser
Wie auch immer. Mit meiner Unterstützung klappt es jedenfalls einwandfrei, stehend wie in der Hocke. Kein Tropfen geht daneben oder auf die Hände. Ich kann Minimus anschliessend sogar drehen, ohne dass die Flüssigkeit auslief – ein so genannter Superabsorber verwandelt bis zu 750 Milliliter Urin in wenigen Sekunden zu einem Gel und hemmt zusätzlich den Geruch.
Nach verrichteten Dingen falte ich den Beutel zu einem Päckchen zusammen, klebe ihn wieder zu und entsorge ihn. Theoretisch könnte ich ihn auch in die Handtasche packen, wenn nicht gleich ein Mülleimer zur Stelle wäre. Oder ins Handschuhfach.
Minimus ist also durchaus für die Autofahrt geeignet – aber halt nur, wenn ihr die Möglichkeit habt, kurz auszusteigen. Je nachdem könnt ihr die Notdurft dann aber auch gleich in der Natur verrichten, statt den Plastiksack zu brauchen. Am besten fahrt ihr immer noch mit der Strategie, regelmässig an Raststätten einen Pipi-Stop einzulegen, damit es gar nicht erst zu einer brenzligen Situation kommt.
Für zahlreiche andere Einsatzgebiete ist das Taschen-Örtchen aber durchaus geeignet: für den Strand, für den Spielplatz oder Ausflüge wie City-Trips. Überall dort, wo kein oder kein sauberes WC zur Verfügung ist. Jungs und Mädchen, Männer und Frauen – alle können den Minimus problemlos nutzen.
Fazit: praktisch, aber hoffentlich nie vonnöten
Habe ich Minimus nun mit in unsere Sommerferien genommen? Ja! Aber nicht im Handschuhfach. Ich habe je ein Päckchen in meine Hip Pack, in die Strandtasche und den Rucksack gepackt. Und das werde ich auch für künftige Ausflüge tun, dafür ist das Ding wirklich praktisch. Mit 5.20 Franken pro Stück – oder 3.50 Franken bei einem Einkauf von vier (Stand 17. August) – aber auch kostspielig. Selbst das öffentliche Hochglanz-WC am Hauptbahnhof Zürich ist da preiswerter.
Sind die teuren Dinger am Ende überhaupt zum Einsatz gekommen? Nein! Und das ist gut so. Der Minimus gehört sowieso in die Kategorie «gut zu haben, aber hoffentlich nie nötig».

Quelle: Katja Fischer
Anna- und Elsa-Mami, Apéro-Expertin, Gruppenfitness-Enthusiastin, Möchtegern-Ballerina und Gossip-Liebhaberin. Oft Hochleistungs-Multitaskerin und Alleshaben-Wollerin, manchmal Schoggi-Chefin und Sofa-Heldin.