
Hintergrund
Ein Schluck Plastik: Das Problem mit billigen Sporttrinkflaschen
von Michael Restin
Zum Preis einer Trinkflasche von Keego bekommst du locker fünf billige. Trotzdem ist sie eine Überlegung wert, denn sie löst ein Problem: Ihre elastische Titanschicht hält das Wasser frisch und Plastikgeschmack fern.
«Kennst du Keego?» – «Probier doch mal Keego.» – «Bei Keego hast du das Problem nicht.» Nachdem ich vor ein paar Wochen über den grauenhaften Plastikgeschmack des Wassers aus diversen Gratis-Trinkflaschen geschrieben habe, erreichte mich eine Flut von Nachrichten, die sich so zusammenfassen lassen: «Keego». Der Markenname des österreichischen Unternehmens steht für «Keep Going» und scheint allen ausser mir ein Begriff zu sein. Aus der TV-Show «Höhle der Löwen», von Crowdfunding-Kampagnen, woher auch immer. Ich habe nicht aktiv nach einer Trinkflasche gesucht. Sondern nur den Status Quo beklagt, da die weit verbreiteten Billigflaschen allem Anschein nach jede Menge Kunststoffverbindungen ins Wasser entlassen.
Trotzdem sind sie überall. Weil sie praktisch sind. Leicht, quetsch- und unkaputtbar finden sie am Bike oder in der Sporttasche Platz. Allen Nachhaltigkeitsbemühungen und Gesundheitsbedenken zum Trotz.
Keego will die Vorzüge von Metall und Kunststoffflaschen vereinen. Das funktioniert so: Mit dem Wasser kommt nur die elastische Titanschicht in Kontakt, mit der die Flasche ausgekleidet ist. Diese Entwicklung ist das Hauptargument für die Marke. Die BPA-freie Aussenhülle aus recyceltem Kunststoff hält die Flasche leicht und flexibel. Ich bekomme zwei Produktmuster der aktuellen Generation geschickt, an denen ich selbst regelmässig nuckle und die ich meinen Kindern mit zum Sport gebe. Die grosse fasst 750, die kleinere 500ml. Mein erster Eindruck: unscheinbar im positiven Sinne. Kein Claim, keine knalligen Logos. Nur ein «Keego» in Flaschenfarbe und ein K am Deckel, ansonsten soll sie mit inneren Werten glänzen. Mit ihren Rillen und der nicht ganz runden Form erinnert mich die 750ml-Flasche an etwas, das ich schon im Kühlschrank habe.
Allerdings besteht die Verwechslungsgefahr nur, wenn ich das rote Mundstück einsetze. Die Trinknoppen aus Silikon können ausgekocht und ausgetauscht werden. Unter Druck öffnet sich der X-Cut in diesem Mundstück, du musst nicht gross daran saugen. Aktiv verschliessen lässt er sich nicht, doch es gibt eine separat erhältliche Schutzkappe gegen herumfliegenden Schmutz, der dir auf dem Bike ansonsten doch den Geschmack verderben könnte.
Die Flasche ist in erster Linie für den Radsport und den Flaschenhalter entworfen. In der Sporttasche herrscht dagegen latente Auslaufgefahr, doch am Rucksack findet sie sicher einen Platz. Ansonsten macht sie alles mit und reagiert auch nur mit einem lässigen «Pfffff» und einer Wasserfontäne, als mein Sohn versehentlich einmal auf sie tritt. Mit Druck kann die Flasche umgehen, obwohl sie mit 86 Gramm ein Leichtgewicht ist. Äusserlich reiht sie sich in das Heer der Kunststoffflaschen ein. Und damit komme ich zur Geschmacksfrage.
Fünfmal pro Woche befülle ich meinen Kindern Trinkflaschen, an denen sie beim Training bestenfalls zu nippen scheinen. Zumindest lief es bisher so. Ich sage bewusst nicht viel zu den Testflaschen und warte ab, was ihnen auffällt. Tatsächlich sagen beide sofort, dass das Wasser daraus besser schmeckt. Mich überzeugt vor allem, dass die Flaschen sehr viel leerer nach Hause gebracht werden. Und selbst wenn ich sie erst ein oder zwei Tage später ausspüle, muss ich dabei nicht die Nase rümpfen. Der Geruch bleibt neutral und scheint zu bestätigen, was der Hersteller verspricht: Schützt vor Mikroplastik und verhindert Schimmel.
Deshalb komme ich gar nicht in Versuchung, sie in die Spülmaschine zu packen. Das wird nicht empfohlen, obwohl es in der Regel keine Probleme verursachen sollte. Kratzige Schwämme und Bürsten oder aggressive Reinigungsmittel sind schon eher Keegos Kryptonit. Die Titanschicht könnte dadurch beschädigt werden. Auch alle weiteren Warnungen sind mit etwas gesundem Menschenverstand selbstverständlich: Die Flasche gehört weder ins Gefrierfach noch in die Mikrowelle, Heissgetränke einfüllen ist keine gute Idee und Kohlensäure führt zu Überdruck, der aus dem Mundstück entweicht. Ich gebe maximal eine Magnesiumtablette ins Wasser, woraufhin die Keego wie eine Kaffeekanne zischt. Das wirkt alles genauso unspektakulär wie ein Blick in die Flasche, aber die Wirkung dieser grauen Beschichtung ist es eben doch. Sie vereint die Vorzüge von Kunststoff- und Metallflaschen.
Ich mag es, wenn sich jemand eines Problems annimmt, das alle anderen einfach hinnehmen. Und Keego löst es: Das Getränk schmeckt neutral, die Flasche macht einen robusten Eindruck und ist einfach zu reinigen. In der Regel genügt es, sie mit warmem Wasser auszuspülen und gut trocknen zu lassen. Das Mundstück lässt sich bei Bedarf auskochen und wechseln. Eine saubere Sache, die nur ein Problem nicht löst: Mein Sohn ist ein Meister darin, seine Flaschen zu verlegen und zu vergessen. Das käme mich in diesem Fall teuer zu stehen. Da das Produkt in Österreich entwickelt wurde, eine Prise Innovation enthält und in Deutschland hergestellt wird, muss ich beim Preis schon etwas schlucken. Doch er rentiert sich, denn diese Flasche ist wirklich geschmacklos.
Einfacher Schreiber, zweifacher Papi. Ist gerne in Bewegung, hangelt sich durch den Familienalltag, jongliert mit mehreren Bällen und lässt ab und zu etwas fallen. Einen Ball. Oder eine Bemerkung. Oder beides.