

Eine Waffe als Spielzeug – muss das sein?

Der Gel Blaster verschiesst kleine Gelkugeln. Der Mix aus Wasserpistole und Paintball ist nicht ganz ungefährlich. Im Test bringt mich das in einen moralischen Zwiespalt.
Ich habe als Kind gerne mit Waffen gespielt. Zu jedem Fasnachtskostüm gehörte eine Spielzeugpistole, die dann natürlich das ganze Jahr genutzt wurde. Geschossen wurde dabei in der Fantasie und lautmalerisch. Oder höchstens mit selbstgebastelten Pfeilbogen.
Heute als Erwachsener sehe ich das Thema kritischer. Ich weiss, Krieg ist kein Spass und nichts Erstrebenswertes. Und Menschen mit Waffen sorgen auch in Friedenszeiten für schreckliche Tragödien.
Faszination Spielzeugwaffe – aber mit Grenzen
Bei Themen wie Spielzeugwaffen oder Ballergames kann ich aber die Faszination vieler Kinder und Jugendlicher (meist männlichen Geschlechts) nachvollziehen. Und ich bin mir auch bewusst, dass Verbote den Reiz erhöhen.
Aber für mich als Vater ist auch klar: Erwachsene müssen dies nicht noch aktiv fördern.
Intensiv mit dem Thema beschäftigt habe ich mich, weil mir ein Hersteller mir die neueste Errungenschaft im Bereich Spielzeugwaffen zugeschickt hat – ein Trend aus den USA. Für Kinder ist das Gadget gar nicht gedacht, denn der Gel Blaster Surge ist ab 14 Jahren empfohlen. Aber wie immer bei Empfehlungen: Die Wahrscheinlichkeit, dass jüngere Geschwister den Blaster in die Hände kriegen, ist wohl ziemlich hoch.

Der Blaster wird über USB-C geladen und verschiesst kleine Gelkugeln. Diese kannte ich bisher nur aus dem Dekobereich. Sie sind in der Urform nur so gross wie eine Stecknadel. Wenn du sie in Wasser einlegst, gehen sie auf die Grösse einer Murmel auf und sind leicht schwabbelig. Von der Konsistenz her so ähnlich wie die Bubbles in einem Bubble Tea.

Quelle: Lorenz Keller
Technisch gesehen ist der Gel Blaster überzeugend. 800 Schuss fasst das aufschraubbare Magazin. Über einen Schalter können einzelne Schüsse oder Dauerfeuer gewählt werden. Bis 20 Meter weit fliegen die Geschosse problemlos. Und das durchaus gezielt.
Ganz so harmlos sind die Gelkugeln nicht
Die Gelkugeln zerplatzen beim Aufprall und lösen sich dann auf. Laut Hersteller sind sie nicht giftig, zersetzen sich vollständig und hinterlassen auch keine Spuren. Tatsächlich gibt’s einen kleinen feuchten Abdruck, der aber bald schon nicht mehr zu sehen ist.
Ganz kurz ist die kindliche Faszination wieder da, als ich die ersten Schüsse auf einen Baum abgebe. Doch das Lachen vergeht mir, als meine Tochter zum Test auf meine Beine zielt. Aus drei Metern Entfernung fitzen die Treffer ganz schön heftig. Der Hersteller beschreibt es auf der Webseite recht gut: «Ein Treffer zwickt gerade genug, um es aufregend zu machen – vergleichbar mit einem Zwick von einem Gummmiband.»

Quelle: Lorenz Keller
Natürlich nicht schlimm, ausser du stellst das Serienfeuer ein, dann schiesst der Blaster zwei Gelkugeln pro Sekunde. Das ist dann weniger lustig auf nackter Haut. Aus gutem Grund liefert der Hersteller auch eine Schutzbrille mit. Die Kugeln haben so viel Wucht, dass ein lustiges Spiel schnell ins Auge gehen kann.
Zu viele Mängel bei der Sicherheit
Abgesehen von den ganz grundsätzlichen Bedenken hat der Gel Blaster bei der Sicherheit zusätzliche Schwächen. Der Schalter ist nicht gesichert, sodass du den Blaster aus Versehen scharf stellen kannst – sogar auf Schnellfeuer. Eigentlich wäre eine richtige Sicherung elementar.
Eigentlich vorbildlich bietet der Hersteller die Möglichkeit, einen zweiten Lauf mit weniger Schussgeschwindigkeit zu nutzen. Vorinstalliert ist aber der Lauf mit hoher Schussgeschwindigkeit. Auch das ist genau falsch. Wie ernst es der Hersteller mit der Sicherheit nimmt, zeigt sich auch bei den Action-Fotos auf der Webseite: Nur auf zwei von sechs Bildern werden Schutzbrillen getragen.

Quelle: Lorenz Keller
Der Gel Blaster ist also ganz klar keine technisch weiterentwickelte Wasserpistole, sondern geht eher in Richtung Paintball. Doch während Paintball-Shooter zusammen mit Soft-Air-Waffen unter das Waffengesetz fallen und damit unter anderem erst ab 18 Jahren erlaubt sind, gibts beim Gel Blaster nur eine Altersempfehlung ab 14 Jahren.
Bevor deutlich jüngere Kinder mit den nicht ganz ungefährlichen Gelkugeln aufeinander schiessen, sollten vernünftige Erwachsene also einfach darauf verzichten, solche Spielzeugwaffen zu kaufen.

Quelle: Lorenz Keller
Zu ernste Waffe, zu wenig Spass
Für mich geht der Gel Blaster einen Schritt in die falsche Richtung. Er ist schneller, gefährlicher, krasser und waffenähnlicher als etwa eine Wasserpistole. Für mich muss das nicht sein – aber das ist natürlich jedem selber überlassen. Die Altersempfehlung solltest du aber auf jeden Fall ernst nehmen.
Ich finde: Wenn schiessen, dann lieber nur mit Wasserpistolen. Oder dann die Faszination an einem speziellen Event unter kundiger Aufsicht und mit Schutzkleidung in einer Paint-Ball-Arena ausleben. Dort gibt’s inzwischen nebst Duellen mit Farbkugeln auch Kämpfe mit Laserwaffen ohne echte fliegende Kugeln – oder eben auch mit den Gel Blastern.


Gadgets sind meine Passion – egal ob man sie für Homeoffice, Haushalt, Smart Home, Sport oder Vergnügen braucht. Oder natürlich auch fürs grosse Hobby neben der Familie, nämlich fürs Angeln.